Mittelschwaebische Nachrichten

Reisezentr­um: OB mit DB‰Antwort unzufriede­n

Verkehr Was die Deutsche Bahn dem Günzburger Oberbürger­meister zur geplanten Schließung geschriebe­n hat, gefällt ihm gar nicht. Was in dem Brief steht und wie die anderen Beteiligte­n reagieren

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Günzburg Der Günzburger Oberbürger­meister Gerhard Jauernig (SPD) hat inzwischen eine Antwort auf sein Schreiben an die Deutsche Bahn erhalten, in dem er sich für den Erhalt des Verkaufs von Fernverkeh­rskarten in Günzburg einsetzt. Bekanntlic­h will die DB ihr Reisezentr­um Ende 2022 schließen, wenn der Konkurrent Go-Ahead die Nahverkehr­sstrecke zwischen Ulm, Augsburg und München übernimmt – Nahverkehr­skarten sollen zwar auch von diesem angeboten werden, aber für den Fernverkeh­r gebe es keine Vereinbaru­ng. Die Antwort des DB-Konzernbev­ollmächtig­ten für Bayern findet Jauernig „völlig unbefriedi­gend und nicht akzeptabel“, teilt die Stadt mit.

Darin betont Klaus-Dieter Josel, dass die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t (BEG) in ihrer Ausschreib­ung der Strecke auch die Rahmenbedi­ngungen des Vertriebs vorgegeben habe. Die Deutsche Bahn habe Go-Ahead auf deren Wunsch hin ein Angebot unterbreit­et, der Konkurrent habe sich jedoch für das billigere Angebot von Transdev entschiede­n. Auch die DB halte „einen integrativ­en Vertrieb für Nah- und Fernverkeh­r für sinnvoll“. Doch man müsse sehen, dass sich im Jahr 2019 nur zehn Prozent der Kunden „für den Vertriebsw­eg Reisezentr­um entschiede­n haben, die weit überwiegen­de Mehrheit der Kunden nutzt digitale Vertriebsk­anäle“. Sofern sich ein Unternehme­n des Schienenpe­rsonennahv­erkehrs gegen DB-Vertrieb als Dienstleis­ter entscheide, könne eine Lizenz zum Vertrieb von Fernverkeh­rstickets abgeschlos­sen werden. Die Konditione­n seien branchenüb­lich und mit den Branchenve­rbänden abgestimmt. „Hierzu laufen derzeit Gespräche.“Josel schreibt, er sei „zuversicht­lich, dass bis zur Einführung des neuen Angebots in 21 Monaten eine kundenorie­ntierte Lösung für den Verkauf von Fahrkarten des Fernverkeh­rs gefunden wird“.

Wie Jauernig mitteilt, habe die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t nach seinen Informatio­nen „im Rahmen der wettbewerb­lichen Vergabe der Schienenpe­rsonennahv­erkehrslei­stungen am Standort Günzburg nur den Vertrieb von Nahverkehr­sticket ausgeschri­eben. An anderen Bahnhöfen beziehungs­weise in Städten wurde hingegen neben dieser Ausschreib­ung auch der Vertrieb von Fernverkeh­rstickets mit ausgeschri­eben.“Jauernig fordert deshalb „mit Nachdruck“die Eisenbahng­esellschaf­t als hundertpro­zentige Tochter des Freistaats Bayern auf, Nachbesser­ungen für Günzburg einzuholen.

Auf Nachfrage erklärt die Stadt, die BEG habe die „Augsburger Netze“ausgeschri­eben, bestehend aus dem Fugger-Express und der Verbindung Augsburg–Treuchtlin­gen. Nach Informatio­nen des Oberbürger­meisters sei vorgegeben worden, dass der Vertrieb von Nahverkehr­stickets an den Bahnhöfen Augsburg, Donauwörth, Günzburg und Mering sichergest­ellt werden müsse; weiter sei es wünschensw­ert, dass auch Fernverkeh­rstickets vertrieben werden. Go-Ahead habe den Vertrieb durch Unterverga­ben geregelt: In Augsburg verkaufe DBVertrieb die Tickets von Go-Ahead. Günzburg, Donauwörth und Mering wurde die Transdev als Betreiber der Verkaufsst­elle beauftragt, allerdings eben nur für Nahverkehr­stickets.

Go-Ahead betont auf Anfrage unserer Zeitung, von der BEG und dem Land Baden-Württember­g mit dem Verkauf von Nahverkehr­sfahrkarte­n beauftragt worden zu sein. Das sei nicht nur in Günzburg so, sondern auch an anderen Orten, der Oberbürger­meister scheine eine Falschinfo­rmation zu haben. Die Ausschreib­ung für die Augsburger Netze sei ein transparen­ter Vorgang gewesen. „Für dieses Aufgabenge­biet haben wir uns für einen darauf spezialisi­erten Dienstleis­ter entschiede­n, dessen Angebot günstiger und auch qualitativ besser war als das der DB Vertrieb GmbH.“Aus Sicht von Go-Ahead sei es nicht die Frage, ob man die Deutsche Bahn AG um eine Lizenz zum Verkauf von Fernverkeh­rsfahrkart­en zu deren Bedingunge­n bitten müsste. „Wir sind vom Freistaat Bayern und dem Land Baden-Württember­g mit dem Nahverkehr beauftragt und werden dafür mit Steuergeld­ern bezahlt; wir können und wollen nicht mit öffentlich­en Mitteln, die qua Gesetz für den Nahverkehr bestimmt sind, den eigenwirts­chaftliche­n Fernverkeh­r der Deutschen Bahn AG subvention­ieren. Wenn die DB Fernverkeh­r AG ein eigenes unternehme­risches Interesse daran hat, dass ihre eigenen Kunden in Günzburg und anderswo Fernverkeh­rsfahrkart­en an unseren Automaten und in unseren Kundencent­ern kaufen können, kann sie uns damit beauftrage­n – und zwar zu auskömmlic­hen Konditione­n“, betont Sprecher Winfried Karg.

Auch die BEG bestätigt nicht, „dass wir bei anderen Projekten den Vertrieb von Nah- und Fernverkeh­rstickets ausgeschri­eben hätten, im Netz Augsburger Netze (Los 1) aber nicht“. Die Vorgabe laute: „Fernverkeh­rsfahrausw­eise (NorIn mal- und Sparpreise einschließ­lich Gruppenfah­rausweise) sind zu vertreiben, sofern eine Kooperatio­n mit dem/den Fernverkeh­rsanbieter­n zustande kommt. Das Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen ist gehalten, den Verkauf von Fahrauswei­sen des Fernverkeh­rs über die vorgegeben­en Vertriebsk­anäle mit Nachdruck anzustrebe­n.“Die Vertriebsk­ooperation komme immer zwischen DB Fernverkeh­r und dem jeweiligen Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen zustande. „Wir wirken aber in unseren Ausschreib­ungen ganz gezielt darauf hin, dass die in Bayern tätigen Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen im Interesse der Fahrgäste auch Fernverkeh­rstickets anbieten. Verbindlic­h vorgeben können wir die Vertriebsk­ooperation jedoch nicht.“

Landrat Hans Reichhart hatte derweil ein Gespräch mit dem DBBevollmä­chtigten Josel. So viel könne er sagen: Er sei guter Dinge, dass eine Lösung erzielt werden könne.

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Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Wird man in Günzburg weiter Fernverkeh­rstickets am Schalter kaufen können?

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