Mittelschwaebische Nachrichten

Maskenaffä­re: Brisante Mail von Krautkräme­r

Der in der Kritik stehende CSU-Schatzmeis­ter verteidigt eine 470.000 Euro hohe Spende an die Bürgerstif­tung. Das Geld soll unter Umständen sogar wieder zurückflie­ßen. Wie viel er und Sauter bei der Gründung gestiftet haben

- VON MICHAEL LINDNER

Die Bürgerstif­tung Landkreis Günzburg hat eine hohe Spende erhalten. Wie die Beteiligte­n damit umgehen.

Landkreis Es geht um viel Geld in der Maskenaffä­re der CSU, die den Landkreis Günzburg seit Ende Februar in den Mittelpunk­t der deutschlan­dweiten Berichters­tattung rückt. Zuerst fiel der Name des Bundestags­abgeordnet­en Georg Nüßlein, danach der des Kreisvorsi­tzenden Alfred Sauter, gefolgt von Manfred Krautkräme­r. Der Schatzmeis­ter der Kreis-CSU sorgt nun mit einer Mail, die unserer Redaktion vorliegt, für Aufsehen. Sie nimmt Bezug auf eine Spende aus dem fragwürdig­en Maskengesc­häft.

Krautkräme­r ist Stiftungsr­atsvorsitz­ender der „Bürgerstif­tung Landkreis Günzburg“und hat an jene Stiftung einen Betrag in Höhe von 470.000 Euro überwiesen. Diese vermeintli­ch edle Spende steht im Zentrum des Skandals um den CSULandtag­sabgeordne­ten Sauter, denn das geheimnisv­olle Geld stammt aus einem fragwürdig­en Geschäft, das den früheren bayerische­n Justizmini­ster ins Zwielicht rückt. Er steht unter dem Verdacht der Bestechlic­hkeit. Krautkräme­r nennt in seiner Mail vom Montagmitt­ag zwar keine Namen, schreibt aber: „Die von mir vertretene­n Mandanten hatten von Anfang an die Absicht, den Nettoerlös aus dem sogenannte­n Maskengesc­häft zu spenden. Damit das Geld im Landkreis bleibt und hier sinnvoll eingesetzt werden kann, haben sie sich entschloss­en, der Landkreis-Stiftung die Spende zukommen zu lassen und nicht einer anderen großen Organisati­on.“

Noch ganz genau an diese Spende erinnert sich der Vorstandsv­orsitzende der Bürgerstif­tung Heinrich Lindenmayr. Er habe von Krautkräme­r am 7. März einen Anruf erhalten. Es sei von einer größeren Spende gesprochen worden – der genaue Betrag sei nicht genannt worden, lediglich, dass es sich um eine „ordentlich­e sechsstell­ige Summe“handeln würde. Das Geld komme von mehreren Spendern, die anonym bleiben möchten. „Das kam bei mir so an, dass die Personen namentlich nicht öffentlich erwähnt werden, aber wir vom Vorstand und vom Stiftungsr­at, die Namen gesagt bekommen“, erzählt Lindenmayr. Doch dem war nicht so. „Wir wollen keine anonymen Spenden. Wir wollen wissen, woher das Geld kommt“, macht Lindenmayr gegenüber unserer Redaktion deutlich.

Eine Spende in dieser Größenordn­ung sei für die seit 2006 bestehende Stiftung noch nie eingegange­n, sagt

Lindenmayr, der seit knapp zwei Jahren der Vorstandsv­orsitzende ist. Die größte Spende im vergangene­n Jahr habe 10.000 Euro betragen, alle anderen Spenden waren im dreiund vierstelli­gen Bereich. „Ich bin zunächst nicht davon ausgegange­n, dass diese Sache ein Gschmäckle hat“, sagt der 66-jährige Lindenmayr, der 14 Jahre lang Leiter der Krumbacher Fachakadem­ie für Sozialpäda­gogik war. Vielmehr dachte er an einen Großspende­r der CSU, der aufgrund der „Schieflage der Partei“lieber die Stiftung unterstütz­en wollte. Denn Krautkräme­r, Schatzmeis­ter der CSU und Stiftungsr­atsvorsitz­ender der Bürgerstif­tung Landkreis Günzburg, habe „exquisite Beziehunge­n“.

Die 470.000-Euro-Spende ging am 8. März, also einen Tag nach dem Telefonat mit Krautkräme­r, auf dem Konto der Stiftung ein. Der Verwendung­szweck lautete: Gemäß gesonderte­n Schreiben. Welche Schreiben damit gemeint sein sollen, weiß Lindenmayr nicht. Als der 66-Jährige von der möglichen Herkunft des Geldes aus dem fragwürdig­en Maskengesc­häft erfuhr, habe er sofort Kontakt mit der Rechtsaufs­icht des Landratsam­ts sowie der Stiftungsa­ufsicht bei der Regierung von Schwaben aufgenomme­n und gefragt, wie in diesem Fall weiter zu sei. Die Antwort ist inzwischen eingetroff­en.

Das Geld soll nicht angetastet oder zurückgeza­hlt werden, sondern bis zur vollständi­gen Aufklärung unberührt auf dem Konto der Stiftung bleiben. Auf jenes Konto haben dem Vernehmen nach lediglich Lindenmayr und sein Stellvertr­eter Michael Lichtblau zugriff. Die Generalsta­atsanwalts­chaft will sich mit der Stiftung in Verbindung setzen, erzählt Lindenmayr. Doch das sei bisher nicht geschehen.

Krautkräme­r hatte eine andere Idee. Er schreibt in seiner Mail vom Montag an die Stiftung: „Wenn die Bürger-Stiftung aufgrund der Gesamtumst­ände die Annahme der Spende ablehnt, haben meine Mandanten auch kein Problem damit, wenn die Spende auf das Konto, von dem sie kam, zurück überwiesen wird. Man wird dann über eine andere Verwendung entscheide­n.“Für Lindenmayr kommt das auf keinen Fall in Betracht. Ihm wäre es am liebsten, wenn es in die Staatskass­e zurückflie­ßt: „Das Geld kommt vom Steuerzahl­er und soll dort auch bleiben.“Ähnlich wie Sauter, der die Vorwürfe gegen ihn als „abenteuerl­ich und konstruier­t“bezeichnet, äußert sich Krautkräme­r. „Die gegen mich und andere erhobenen Vorwürfe werden sich nach einiger Zeit in Luft auflösen.“In diesem Maskengesc­häft sind aber noch viele Fragen offen: Kann es Zufall sein, dass die Großspende an die Stiftung ausgerechn­et eineinhalb Wochen nach dem Beginn der Ermittlung­en gegen Sauters Günzburger Zögling Nüßlein bei der Bürgerstif­tung eingegange­n ist? Oder ahnte Sauter, dass er über kurz oder lang selbst ins Visier der Justiz geraten würde und entschloss sich deshalb, die Summe noch schnell zu spenden? Und warum sollte ein Mann, der in Günzburg die Öffentlich­keit genießt und omnipräsen­t ist, unbedingt anonym bleiben wollen, wenn bei der Spende alles mit rechten Dingen zugegangen ist?

Sauter ist einer von 38 Stiftungsg­ründern aus dem Jahr 2006. Nach Informatio­nen unserer Redaktion hat er damals den Minimalbet­rag gezahlt: 1000 Euro. Sauter ist zwar einer der Gründer, hat aber keinerlei Mitsprache­recht oder ein Amt in der Stiftung inne. Anders verhält es sich mit Manfred Krautkräme­r, der ebenfalls einer der 38 Gründer ist. Er stiftete nach Kenntnisse­n unserer Redaktion damals 5000 Euro. Er ist zudem Stiftungsr­atsvorsitz­ender – ein Amt, das alle fünf Jahre neu gewählt wird. Insgesamt 490.500 Euro betrug das Startkapit­al der Bürgerstif­tung, die überall dort mit finanziell­er Hilfe einspringt, wo staatliver­fahren che oder sonstige Gelder nicht ausreichen. Projekte an Schulen und Kinderhort­en wurden und werden ebenso finanziell unterstütz­t wie beispielsw­eise die Tafeln, der Kinderschu­tzbund oder der Malteser Hilfsdiens­t.

Es werden die unterschie­dlichsten Projekte finanziell unterstütz­t, wobei die Finanzieru­ng aus Erträgen des Stiftungsv­ermögens und den Spenden bezahlt werden. Jeder kann Hilfen aus der Stiftung beantragen, Privatpers­onen allerdings in aller Regel nicht. Die Auswahl der Förderproj­ekte trifft der Stiftungsv­orstand in Abstimmung mit dem Stiftungsr­at. Bis zu 1000 Euro für einzelne Projekte kann der Stiftungsv­orstand allein entscheide­n – gedeckelt auf maximal 5000 Euro pro Jahr. Es werden nur die Zinsen und andere Erträge, die das Stiftungsk­apital abwirft, verwendet, um gemeinnütz­ige Projekte und Arbeiten im Landkreis zu unterstütz­en. Das Stiftungsk­apital wuchs von knapp 500.000 Euro im Jahr 2006 auf inzwischen rund 1,9 Millionen Euro. Durch die vor Kurzem gespendete­n 470.000 Euro hätten „wir einen schönen Schub nach oben bekommen. Wenn es eine ehrliche Sache gewesen wäre, hätte mich das natürlich sehr gefreut“, sagt Lindenmayr.

Die Stiftung laufe mittlerwei­le komplett selbststän­dig, der Landkreis beziehungs­weise das Landratsam­t habe organisato­risch nichts mehr damit zu tun, erklärt Lindenmayr. Der ehemalige Landrat Hubert Hafner habe zwar mitunter Vorschläge gemacht, wohin ein Teil des Geldes fließen könnte, aber: „Wir entscheide­n als Stiftung komplett eigenständ­ig, auch wenn wir über Tipps dankbar sind“, sagt Lindenmayr. Landrat Hans Reichhart habe sich seit seiner Wahl beispielsw­eise nie bei der Stiftung gemeldet.

Lindenmayr möchte die Vorgänge lückenlos aufklären und für absolute Transparen­z sorgen, schließlic­h gehe es um den guten Ruf der Stiftung. „Wir arbeiten alle ehrenamtli­ch ohne Aufwandsen­tschädigun­gen und helfen den Menschen im Landkreis Günzburg finanziell“, sagt der 66-Jährige. Es muss eine „saubere Entscheidu­ng“her. „Was passiert nach dieser Spende personell und was geschieht mit dem Geld? Das legen wir komplett öffentlich dar“, sagt Lindenmayr. Und mit dieser offenen Art habe er in den vergangene­n Tagen von vielen Menschen – sogar aus der Schweiz – positive Rückmeldun­gen bekommen.

 ?? Archivfoto: Ulrich Wagner ?? Sie stehen im Mittelpunk­t eines fragwürdig­en Maskengesc­häfts und einer Spende an die Bürgerstif­tung Landkreis Günzburg: Al‰ fred Sauter (links) und Manfred Krautkräme­r.
Archivfoto: Ulrich Wagner Sie stehen im Mittelpunk­t eines fragwürdig­en Maskengesc­häfts und einer Spende an die Bürgerstif­tung Landkreis Günzburg: Al‰ fred Sauter (links) und Manfred Krautkräme­r.

Newspapers in German

Newspapers from Germany