Mittelschwaebische Nachrichten
Maskenaffäre: Brisante Mail von Krautkrämer
Der in der Kritik stehende CSU-Schatzmeister verteidigt eine 470.000 Euro hohe Spende an die Bürgerstiftung. Das Geld soll unter Umständen sogar wieder zurückfließen. Wie viel er und Sauter bei der Gründung gestiftet haben
Die Bürgerstiftung Landkreis Günzburg hat eine hohe Spende erhalten. Wie die Beteiligten damit umgehen.
Landkreis Es geht um viel Geld in der Maskenaffäre der CSU, die den Landkreis Günzburg seit Ende Februar in den Mittelpunkt der deutschlandweiten Berichterstattung rückt. Zuerst fiel der Name des Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein, danach der des Kreisvorsitzenden Alfred Sauter, gefolgt von Manfred Krautkrämer. Der Schatzmeister der Kreis-CSU sorgt nun mit einer Mail, die unserer Redaktion vorliegt, für Aufsehen. Sie nimmt Bezug auf eine Spende aus dem fragwürdigen Maskengeschäft.
Krautkrämer ist Stiftungsratsvorsitzender der „Bürgerstiftung Landkreis Günzburg“und hat an jene Stiftung einen Betrag in Höhe von 470.000 Euro überwiesen. Diese vermeintlich edle Spende steht im Zentrum des Skandals um den CSULandtagsabgeordneten Sauter, denn das geheimnisvolle Geld stammt aus einem fragwürdigen Geschäft, das den früheren bayerischen Justizminister ins Zwielicht rückt. Er steht unter dem Verdacht der Bestechlichkeit. Krautkrämer nennt in seiner Mail vom Montagmittag zwar keine Namen, schreibt aber: „Die von mir vertretenen Mandanten hatten von Anfang an die Absicht, den Nettoerlös aus dem sogenannten Maskengeschäft zu spenden. Damit das Geld im Landkreis bleibt und hier sinnvoll eingesetzt werden kann, haben sie sich entschlossen, der Landkreis-Stiftung die Spende zukommen zu lassen und nicht einer anderen großen Organisation.“
Noch ganz genau an diese Spende erinnert sich der Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Heinrich Lindenmayr. Er habe von Krautkrämer am 7. März einen Anruf erhalten. Es sei von einer größeren Spende gesprochen worden – der genaue Betrag sei nicht genannt worden, lediglich, dass es sich um eine „ordentliche sechsstellige Summe“handeln würde. Das Geld komme von mehreren Spendern, die anonym bleiben möchten. „Das kam bei mir so an, dass die Personen namentlich nicht öffentlich erwähnt werden, aber wir vom Vorstand und vom Stiftungsrat, die Namen gesagt bekommen“, erzählt Lindenmayr. Doch dem war nicht so. „Wir wollen keine anonymen Spenden. Wir wollen wissen, woher das Geld kommt“, macht Lindenmayr gegenüber unserer Redaktion deutlich.
Eine Spende in dieser Größenordnung sei für die seit 2006 bestehende Stiftung noch nie eingegangen, sagt
Lindenmayr, der seit knapp zwei Jahren der Vorstandsvorsitzende ist. Die größte Spende im vergangenen Jahr habe 10.000 Euro betragen, alle anderen Spenden waren im dreiund vierstelligen Bereich. „Ich bin zunächst nicht davon ausgegangen, dass diese Sache ein Gschmäckle hat“, sagt der 66-jährige Lindenmayr, der 14 Jahre lang Leiter der Krumbacher Fachakademie für Sozialpädagogik war. Vielmehr dachte er an einen Großspender der CSU, der aufgrund der „Schieflage der Partei“lieber die Stiftung unterstützen wollte. Denn Krautkrämer, Schatzmeister der CSU und Stiftungsratsvorsitzender der Bürgerstiftung Landkreis Günzburg, habe „exquisite Beziehungen“.
Die 470.000-Euro-Spende ging am 8. März, also einen Tag nach dem Telefonat mit Krautkrämer, auf dem Konto der Stiftung ein. Der Verwendungszweck lautete: Gemäß gesonderten Schreiben. Welche Schreiben damit gemeint sein sollen, weiß Lindenmayr nicht. Als der 66-Jährige von der möglichen Herkunft des Geldes aus dem fragwürdigen Maskengeschäft erfuhr, habe er sofort Kontakt mit der Rechtsaufsicht des Landratsamts sowie der Stiftungsaufsicht bei der Regierung von Schwaben aufgenommen und gefragt, wie in diesem Fall weiter zu sei. Die Antwort ist inzwischen eingetroffen.
Das Geld soll nicht angetastet oder zurückgezahlt werden, sondern bis zur vollständigen Aufklärung unberührt auf dem Konto der Stiftung bleiben. Auf jenes Konto haben dem Vernehmen nach lediglich Lindenmayr und sein Stellvertreter Michael Lichtblau zugriff. Die Generalstaatsanwaltschaft will sich mit der Stiftung in Verbindung setzen, erzählt Lindenmayr. Doch das sei bisher nicht geschehen.
Krautkrämer hatte eine andere Idee. Er schreibt in seiner Mail vom Montag an die Stiftung: „Wenn die Bürger-Stiftung aufgrund der Gesamtumstände die Annahme der Spende ablehnt, haben meine Mandanten auch kein Problem damit, wenn die Spende auf das Konto, von dem sie kam, zurück überwiesen wird. Man wird dann über eine andere Verwendung entscheiden.“Für Lindenmayr kommt das auf keinen Fall in Betracht. Ihm wäre es am liebsten, wenn es in die Staatskasse zurückfließt: „Das Geld kommt vom Steuerzahler und soll dort auch bleiben.“Ähnlich wie Sauter, der die Vorwürfe gegen ihn als „abenteuerlich und konstruiert“bezeichnet, äußert sich Krautkrämer. „Die gegen mich und andere erhobenen Vorwürfe werden sich nach einiger Zeit in Luft auflösen.“In diesem Maskengeschäft sind aber noch viele Fragen offen: Kann es Zufall sein, dass die Großspende an die Stiftung ausgerechnet eineinhalb Wochen nach dem Beginn der Ermittlungen gegen Sauters Günzburger Zögling Nüßlein bei der Bürgerstiftung eingegangen ist? Oder ahnte Sauter, dass er über kurz oder lang selbst ins Visier der Justiz geraten würde und entschloss sich deshalb, die Summe noch schnell zu spenden? Und warum sollte ein Mann, der in Günzburg die Öffentlichkeit genießt und omnipräsent ist, unbedingt anonym bleiben wollen, wenn bei der Spende alles mit rechten Dingen zugegangen ist?
Sauter ist einer von 38 Stiftungsgründern aus dem Jahr 2006. Nach Informationen unserer Redaktion hat er damals den Minimalbetrag gezahlt: 1000 Euro. Sauter ist zwar einer der Gründer, hat aber keinerlei Mitspracherecht oder ein Amt in der Stiftung inne. Anders verhält es sich mit Manfred Krautkrämer, der ebenfalls einer der 38 Gründer ist. Er stiftete nach Kenntnissen unserer Redaktion damals 5000 Euro. Er ist zudem Stiftungsratsvorsitzender – ein Amt, das alle fünf Jahre neu gewählt wird. Insgesamt 490.500 Euro betrug das Startkapital der Bürgerstiftung, die überall dort mit finanzieller Hilfe einspringt, wo staatliverfahren che oder sonstige Gelder nicht ausreichen. Projekte an Schulen und Kinderhorten wurden und werden ebenso finanziell unterstützt wie beispielsweise die Tafeln, der Kinderschutzbund oder der Malteser Hilfsdienst.
Es werden die unterschiedlichsten Projekte finanziell unterstützt, wobei die Finanzierung aus Erträgen des Stiftungsvermögens und den Spenden bezahlt werden. Jeder kann Hilfen aus der Stiftung beantragen, Privatpersonen allerdings in aller Regel nicht. Die Auswahl der Förderprojekte trifft der Stiftungsvorstand in Abstimmung mit dem Stiftungsrat. Bis zu 1000 Euro für einzelne Projekte kann der Stiftungsvorstand allein entscheiden – gedeckelt auf maximal 5000 Euro pro Jahr. Es werden nur die Zinsen und andere Erträge, die das Stiftungskapital abwirft, verwendet, um gemeinnützige Projekte und Arbeiten im Landkreis zu unterstützen. Das Stiftungskapital wuchs von knapp 500.000 Euro im Jahr 2006 auf inzwischen rund 1,9 Millionen Euro. Durch die vor Kurzem gespendeten 470.000 Euro hätten „wir einen schönen Schub nach oben bekommen. Wenn es eine ehrliche Sache gewesen wäre, hätte mich das natürlich sehr gefreut“, sagt Lindenmayr.
Die Stiftung laufe mittlerweile komplett selbstständig, der Landkreis beziehungsweise das Landratsamt habe organisatorisch nichts mehr damit zu tun, erklärt Lindenmayr. Der ehemalige Landrat Hubert Hafner habe zwar mitunter Vorschläge gemacht, wohin ein Teil des Geldes fließen könnte, aber: „Wir entscheiden als Stiftung komplett eigenständig, auch wenn wir über Tipps dankbar sind“, sagt Lindenmayr. Landrat Hans Reichhart habe sich seit seiner Wahl beispielsweise nie bei der Stiftung gemeldet.
Lindenmayr möchte die Vorgänge lückenlos aufklären und für absolute Transparenz sorgen, schließlich gehe es um den guten Ruf der Stiftung. „Wir arbeiten alle ehrenamtlich ohne Aufwandsentschädigungen und helfen den Menschen im Landkreis Günzburg finanziell“, sagt der 66-Jährige. Es muss eine „saubere Entscheidung“her. „Was passiert nach dieser Spende personell und was geschieht mit dem Geld? Das legen wir komplett öffentlich dar“, sagt Lindenmayr. Und mit dieser offenen Art habe er in den vergangenen Tagen von vielen Menschen – sogar aus der Schweiz – positive Rückmeldungen bekommen.