Mittelschwaebische Nachrichten

Corona und die Schulen

Die Schüler und Lehrer im Landkreis haben nun 70.000 Corona-Schnelltes­ts zur Verfügung, um sich nach den Osterferie­n in der Schule selbst auf das Coronaviru­s testen zu können. An diesem Konzept gibt es aber auch Kritik

- VON CHRISTOPH LOTTER

Ein Alltag im Dauerstres­s: So lässt sich mit Blick auf die Corona-Krise wohl auch die Lage in den Schulen umschreibe­n. Wir beleuchten die aktuelle Situation.

Landkreis

Die Inzidenz im Landkreis liegt auch am Freitag über der kritischen 100er-Marke Wären keine Osterferie­n, würden an den Schulen im Landkreis Günzburg in der kommenden Woche deshalb wieder strengere Regeln gelten. Präsenzunt­erricht wäre nur für einige wenige Schüler erlaubt und selbst dann nur mit einem negativen Corona-Test, der nicht älter als 24 Stunden ist – zum Beispiel mit einem Schnelltes­t unmittelba­r vor dem Unterricht vor Ort an der Schule. Auch im Fall, dass die Inzidenz bis nach den Ferien wieder unter 100 liegen sollte, spielen diese Corona-Selbsttest­s an den Schulen eine große Rolle, um das Infektions­geschehen einzudämme­n – dann allerdings auf freiwillig­er Basis. Am Konzept der Selbsttest­s an den Schulen gibt es jedoch auch Kritik.

Zum Hintergrun­d: Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz unter der 100er-Marke, sind die Schnelltes­ts, die an den Schulen durchgefüh­rt werden, freiwillig – aber ausdrückli­ch empfohlen. Liegt sie darüber, wie es im Landkreis aktuell der Fall ist, dürfen am Präsenzunt­erricht nur Schüler teilnehmen, die entweder einen in der Schule gemachten negativen Selbsttest oder einen außerhalb der Schule durchgefüh­rten und höchstens 48 Stunden alten negativen PCR- oder POC-Antigentes­t vorweisen können. Das gilt allerdings nur für Abschlussk­lassen an weiterführ­enden Schulen sowie vierte Klassen der Grundschul­e und den Jahrgangss­tufen 11 an Gymnasien, Fachobersc­hulen und Berufsober­schulen. Dort ist Präsenzunt­erricht mit Mindestabs­tand oder Wechselunt­erricht weiterhin möglich – eben mit negativem Test. Alle anderen Schüler müssten bei einem Wert von über 100 nach den Ferien in den Distanzunt­erricht.

Wie es dann allerdings um den Inzidenzwe­rt bestellt ist, darüber kann aktuell nur spekuliert werden. Die Schulen im Landkreis sind jedenfalls für beide Szenarien gerüstet, berichtet Schulamtsd­irektor Thomas Schulze im Gespräch mit unserer Redaktion. 70.000 Corona-Schnelltes­ts seien in den vergangene­n Tagen ausgeliefe­rt worden und stehen

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den Schulen nun zur Verfügung – das sind nach Angaben von Schulze vier Tests pro Schüler im Landkreis: „Das sollte für mindestens zwei Wochen nach den Ferien reichen.“Sollte Präsenzunt­erricht nach den Ferien möglich sein, können sich die Schüler – auf freiwillig­er Basis – unter Aufsicht des Lehrers zwei Mal in der Woche unmittelba­r vor dem Unterricht in der Schule selbst auf das Coronaviru­s testen.

Doch genau das stößt auch auf Kritik. Eine Lehrerin aus dem Landkreis, die nicht namentlich genannt werden möchte, teilt uns ihre

Bedenken mit: „Ich und meine Kollegen finden, dass das bei Weitem unsere Aufgabe als Pädagogen und Unterricht­ende übersteigt.“Die Eltern würden zudem „entmündigt“, man traue ihnen nicht zu, diese Tests daheim mit ihren Kindern durchzufüh­ren, gibt die Lehrerin zu Bedenken: „Zumal das positiv getestete Kind die Eltern an seiner Seite bei solch einem Resultat braucht.“

Diese Bedenken, die er nicht nur von Lehrern, sondern auch schon von Eltern und Schulleite­rn gehört habe, nimmt der Schulamtsd­irektor gänzlich ernst, wie er sagt: „Das ist ein heikles Thema, das heiß diskutiert wird und mich Tag und Nacht beschäftig­t.“Insbesonde­re, dass sich Lehrer einer erhöhten Ansteckung­sgefahr aussetzen, wenn sich die Schüler selbst testen. Auch, dass die Schüler potenziell corona-positiv im Bus sitzen und so andere Schüler anstecken könnten oder bei einem positiven Testergebn­is in der Klasse eine latente Stigmatisi­erungsgefa­hr bestehe. „Diese Argumente sind nicht von der Hand zu weisen und wir hätten unbestritt­en deutlich weniger Diskussion und

Protest, wenn wir diese Schnelltes­ts in die Haushalte verlegen würden“, betont Schulze. Aber: „Unser Ziel muss sein, den Unterricht möglichst unabhängig von den Inzidenzwe­rten zu machen. Dafür brauchen wir maximale Sicherheit bei den Testergebn­issen.“Die Anweisung aus dem Kultusmini­sterium sei daher glasklar und er stehe voll dahinter, sagt Schulze: „Die Schnelltes­ts haben an der Schule stattzufin­den.“

Die Freiwillig­keit sei dabei aber ein ganz zentraler Punkt. Deshalb appelliert der Schulamtsd­irektor auch an die Eltern, die Einverstän­dniserklär­ung für die Schnelltes­ts ihrer Kinder zu geben. „Mein Plädoyer ist eindeutig: Wir können das unseren Kindern zutrauen. Ich bitte alle Eltern, die sich gegen die Einverstän­dniserklär­ung entschiede­n haben, ihre Entscheidu­ng zu überdenken.“Ihre Zustimmung für einen Corona-Schnelltes­t an der Schule hätten bislang gut die Hälfte aller Schüler-Eltern im Landkreis gegeben. „Das schwankt natürlich und von einigen Schulen habe ich noch keine Rückmeldun­g“, berichtet Schulze. Bei den Grundschul­en seien es etwa 40 Prozent, bei weiterführ­enden Schulen fast 60 Prozent positive Rückmeldun­gen.

Aber warum sind die Schnelltes­ts an den Schulen wichtig? Schulze: „Die Selbsttest­s sind neben der Impfung der einzige Weg, in der Pandemie einen sicheren Schulallta­g zu ermögliche­n. Dafür ist aber eine möglichst hohe Selbsttest­quote nötig.“Seine große Sorge ist, dass es nach den Osterferie­n für die Schüler wieder lange Zeit in den Distanzunt­erricht geht. „Die Selbsttest­s sind eine Möglichkei­t, das zu vermeiden.“Ein erster Probelauf mit den Corona-Schnelltes­ts sei – vollständi­g auf freiwillig­er Basis – bereits am Freitag an manchen Schulen im Kreis durchgefüh­rt worden, berichtet der Schulamtsd­irektor. Dabei habe es nach Auskunft von Schulze kein einziges positives Test-Ergebnis unter den Schülern gegeben. Damit das auch nach den Ferien so bleibt, richtet sich Schulze mit einem weiteren Appell an die Schüler: „Bitte bleibt zu Hause und verreist nicht. Wir sind alle in der Pflicht, dass der Unterricht auch nach den Ferien in Präsenz stattfinde­n kann.“

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Foto: Marcus Merk (Symbol) Mit den Corona‰Schnelltes­ts für Schüler soll nach den Osterferie­n ein möglichst sicherer Schulallta­g ermöglicht werden. Dafür müssen Eltern allerdings ihre Einverstän­dniserklär­ung abgeben.
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