Mittelschwaebische Nachrichten

Brutale Attacke auf vermeintli­chen Nebenbuhle­r

Zwei Brüder lauern einem 31-jährigen Mann auf dem Parkplatz des Günzburger Paketzentr­ums auf. Sie schlagen unter anderem mit einem Gummiknüpp­el auf ihn ein. Nun wurden die Angeklagte­n verurteilt

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg Der Mann war auf dem Weg zur Nachtschic­ht, es war der späte Abend des 12. März 2020. Der 31-jährige Rumäne hatte sein Ziel fast erreicht, doch dann bemerkte er auf dem Parkplatz des Paketzentr­ums Günzburgs ein Auto. Darin saßen zwei Männer, und die führten nichts Gutes im Schilde. Nun wurden sie vom Amtsgerich­t Günzburg verurteilt.

Der mit 39 Jahren jüngere der beiden Angeklagte­n soll mit dem Auto das Opfer direkt aufs Korn genommen und erst kurz vor ihm abgebremst haben, so die Staatsanwa­ltschaft. Der 53-jährige Bruder sprang aus dem Auto und schlug dem Opfer mit der Faust ins Gesicht. Es kam zum Gerangel, beide stürzten.

Der 39-Jährige hielt das Opfer fest, dann folgten laut Anklage Schläge mit einem Metallrohr. Als ein Wachmann aufmerksam wurde, der die Polizei alarmierte, ließen die Täter vom Opfer ab und flüchteten, konnten aber rasch ermittelt werden. Der Verprügelt­e erlitt eine Platzwunde im Gesicht, eine Brustkorbp­rellung und eine Knöchelver­stauchung.

Die beiden Angeklagte­n, verteidigt von Walter Deistler und Thomas Dick, wollten zum Schuldvorw­urf zunächst keine Angaben machen. Nach einem Rechtsgesp­räch mit Richterin Julia Lang und Staatsanwa­lt sagte Deistler, eine Verurteilu­ng wegen gefährlich­er Körperverl­etzung sei vorstellba­r, nicht aber wegen der Autoattack­e. Wegen der Hartz-IV-Einkünfte ihrer Mandanten sei ein vom Gericht in Aussicht Schmerzens­geld von 2000 bis 2500 Euro zu hoch. Die Staatsanwa­ltschaft stellte ihrerseits Freiheitss­trafen von sechs beziehungs­weise acht Monaten bis zu fünf Jahren in den Raum.

Die Aussage des 31-jährigen Opfers, als Nebenkläge­r vertreten von Anwalt Guntram Marx, brachte die Wende im Verfahren. Per Dolmetsche­rin gab der Rumäne an, dass die Angeklagte­n ihn erwartet hätten. Als er zum Eingang des Paketzentr­ums gehen wollte, seien die Täter mit etwa zehn bis 15 Stundenkil­ometer auf ihn zugefahren, hätten aber noch rechtzeiti­g neben ihm gestoppt. „Ich hatte Angst“, sagte der 31-Jährige, da er nicht wusste, was die beiden noch vorhatten. Wenige Tage vor dem Angriff hatte er eine Drohung per Messengerd­ienst bekommen, in der ihm ein Verhältnis zur ehemaligen Ehefrau des älteren Bruders vorgeworfe­n wurde.

Dieser Angeklagte habe ihn mit der Faust im Gesicht getroffen, der Jüngere mit einem Gummiknüpp­el auf die Rippen geschlagen. Eine Behandlung im Krankenhau­s und zwei Wochen Schmerzen waren die Folgen der Attacke. Eine Verurteilu­ng wegen gefährlich­en Eingriffs in den Straßenver­kehr halte er für nicht möglich, meinte Anwalt Deistler und beantragte für diesen Teil der Anklage Freispruch. Dieser Auffassung schlossen sich Richterin und Staatsanwa­ltschaft nach einem weiteren Rechtsgesp­räch an. Damit war auch ein Fahrverbot oder sogar der Führersche­inentzug für den jüngeren Bruder vom Tisch.

Dem älteren Täter billigte der Memminger Facharzt Dr. Andreas Küthmann als Sachverstä­ndiger aufgestell­tes grund niedriger Intelligen­z vermindert­e Steuerungs­fähigkeit zu. Beide derzeit arbeitslos­e Angeklagte aus dem nördlichen Landkreis waren bisher nur je einmal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen.

Die gefährlich­e Körperverl­etzung bezeichnet­e Richterin Lang als „mittlere Kriminalit­ät“und verurteilt­e den jüngeren Angeklagte­n zu zehn Monaten, den Bruder zu sieben Monaten Freiheitss­trafe auf Bewährung. Der Jüngere muss 100, der Ältere 80 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit leisten und beide müssen dem Opfer 1500 Euro Schmerzens­geld zahlen. Damit folgte die Richterin weitgehend den Anträgen der Staatsanwa­ltschaft. Die Verteidige­r hatten wegen der Geständnis­se ihrer Mandanten niedrigere Freiheitss­trafen sowie Arbeitsstu­nden beantragt.

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