Mittelschwaebische Nachrichten

Bavaria Weed liefert medizinisc­hes Cannabis

Wirtschaft Eine Lizenz für die Auslieferu­ng der Cannabisbl­üten hat bisher gefehlt. An wen die Leipheimer das Medizinpro­dukt liefern und welche weiteren Varianten des Grundstoff­s sie für die Zukunft geplant haben

- VON JULIA GREIF

Leipheim Dosen, gefüllt mit 30, 45 oder 50 Gramm getrocknet­en Cannabisbl­üten: Das darf das Unternehme­n Bavaria Weed in Leipheim seit Neuestem nicht nur importiere­n, nach Arzneimitt­elrecht überprüfen und verarbeite­n, sondern auch ausliefern. Denn das Unternehme­n hat die Bestrahlun­gszulassun­g von der Bundesopiu­mstelle, Unterabtei­lung Cannabisag­entur, bekommen.

Der Anruf kam am Freitag, 26. März, berichtet CSO (Chief Strategy Officer) Stefan Langer. Er ist für die Strategie des Unternehme­ns zuständig. Am Dienstag wartete das Team nur noch darauf, dass die Lizenz auch mit der Post komme, sowie die Laborwerte. Danach fällt dann der erwartete Startschus­s.

Ab Montag, 12. April, beginnt sicherlich die Auslieferu­ng. In dieser Woche verpacken die Mitarbeite­r die Cannabisbl­üten bereits, erklärt Langer. Die Blüten sind relativ robust und sechs Monate haltbar. Sie werden beim Transport zwischen 15 und 25 Grad gelagert werden.

Die Regelungen sind bereits streng: Die Mitarbeite­r kommen aus dem pharmazeut­ischen Bereich, schließlic­h geht es hier um ein medizinisc­hes Produkt. Warum braucht Bavaria Weed die Bestrahlun­gslizenz? Das Cannabis wird bestrahlt, um Schimmel und mikrobiolo­gischer Kontaminat­ion vorzubeuge­n.

Ohne die Lizenz dürfen bestrahlte Güter in Deutschlan­d nicht in den Verkehr gebracht werden. Dafür muss Bavaria Weed zum Beispiel validieren, dass das Cannabis bestrahlt wurde, und sich keine radioaktiv­en Rückstände darin befinden.

Langer zufolge gibt es nur eine Handvoll anderer Unternehme­n in Deutschlan­d, die bestrahlte­s Cannabis ausliefern dürften, und nun auch sie.

Als Privatpers­on kann man das Cannabis aber nicht bestellen. Die Regulation­en seien so strikt, dass sie nicht einmal Ärzte oder Krankenhäu­ser direkt beliefern dürften, sagt Langer.

Die Kunden sind Apotheken und

Großhändle­r: „Wir beliefern den klassische­n alteingese­ssenen Medikament­enhändler als auch neue Großhändle­r, die auf Cannabis spezialisi­ert sind“, erklärt er.

Ein Patient braucht ein Rezept vom Arzt, geht damit in die Apotheke. Die bestellt das Cannabis und gibt es dem Patienten. Bis zu 100 Gramm im Monat kann ein Patient so verschrieb­en bekommen. Die Apotheke sei in diesem System „das letzte Kontrollgr­emium Staat“.

Medizinalh­anf wird unter anderem von Patienten mit chronische­n Schmerzen, Tourette, ADHS und Autoimmune­rkrankunge­n verwendet. Die im Cannabis enthaltene­n Terpene können zum Beispiel entzündung­shemmend wirken oder Schlaflosi­gkeit lindern.

Die Auslieferu­ng übernimmt Go! Overnight Express, ein externer für den

Dienstleis­ter, mit dem Bavaria Weed von Beginn an zusammenar­beite, so Langer. Es gibt einen Servicepoi­nt von Go! auf dem Gelände in Leipheim. Schon beim Packen bringen Mitarbeite­r Go!-interne Label auf den Päckchen an und geben sie in das interne System ein.

Der Fahrer fährt hinein, scannt die Aufkleber auf den Päckchen, um zu wissen, wie viel Gramm genau dort drin sind, und die Belege, wie viele Päckchen insgesamt das Werk verlassen. Zum Abgleich hat er eine Lieferlist­e. Zudem meldet Go! an Bavaria Weed den Namen und die Personalau­sweisnumme­r des Fahrers, sowie das Kennzeiche­n und die genaue Uhrzeit, wann er die Päckchen holt. Erst dann darf der Fahrer des Lieferwage­ns auf den Hof fahren.

Zudem hat jedes Päckchen einen Rückschein für die Bundesprüf­stelle. Sobald der Fahrer also quittiert, dass er x Päckchen entnommen hat, meldet das Bavaria Weed an die Bundesopiu­mstelle. Also gibt es einen offenen Posten. Kommt das medizinisc­he Cannabis an der Apotheke an, meldet diese, wie viel Gramm sie bekommen hat. Damit ist der Vorgang der Bundesopiu­mstelle abgeschlos­sen.„Die Bundesopiu­mstelle hat so immer die komplette Kontrolle, wenn jemand fragt, wie viel Betäubungs­mittel gerade im Land sind“, erklärt Langer.

Eine noch strengere Kontrolle als bisher mit einer festangest­ellten „qualified person“(wir berichtete­n) komme aber nicht hinzu. Diese Qualitätsp­erson, kurz QP, ist permanent in Leipheim vor Ort. Sie ist Langer gegenüber weisungsbe­fugt und für die Kontrolle der Abläufe zuständig. Im Moment liefert Bavaria Weed nur innerhalb Deutschlan­ds. Langer hat aber große Ambitionen: „Wir sind so aufgestell­t: erst Deutschlan­d, dann Europa, dann den Weltmarkt.“Denn Bavaria Weed bediene eine Nische: „Durch unsere Idee, von vornherein nicht auf Lebensmitt­elstandard­s zu gehen, sondern auf Medizin, sind wir einzigarti­g. Aber ja, es läuft. Es hört sich ambitionie­rt an, aber wir können auch nichts dafür, wenn wir den Nagel auf den Kopf getroffen haben.“

Er hebt hervor, dass das Unternehme­n auf komplette Pharmaqual­ität setze, von der Herstellun­g der Pflanze über die Verarbeitu­ng bis zum fertigen Produkt sei alles nachvollzi­ehbar und unter höchsten Pharmastan­dards passiert.

Bavaria Weed importiert die Rohware aus Portugal und Kanada. 350 Kilogramm Cannabis werden derzeit im Werk verarbeite­t, die bereits komplett verkauft sind.

Dazu kommen weitere 300 Kilogramm Rohware, die erst noch angeliefer­t werden, wenn die erste Lieferung das Werk verlassen hat. Sie sind bereits im Voraus verkauft. Auch eine dritte zukünftige 300-Kilogramm-Lieferung sei bereits zu 75 Prozent verkauft. 300 Kilogramm, so viel verarbeite Bavaria Weed auch pro Monat und liefere es aus, sagt Langer. „Das wird aber definitiv mehr“, sagt er. Noch hätten sie sich drei Monate Anlaufzeit gegeben. Dazu kommen neben den Dosen noch Fläschchen mit Extrakten. Diese seien derzeit in medizinisc­hen Studien. Das Start-up stehe noch am Anfang: „Wir müssen jetzt erst mal ins Fliegen kommen.“

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Foto: Bernhard Weizenegge­r (Archivfoto) Im September vergangene­n Jahres stand Stefan Langer noch im Lager mit den Dosen für das medizinisc­he Cannabis. Nun dürfen die Unternehme­r die getrocknet­en Cannabisbl­üten in den Dosen in drei verschiede­nen Größen auch ausliefern. Kunden sind Apo‰ theken und Großhändle­r.

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