Mittelschwaebische Nachrichten
Rakels Botschaft gegen die Krise
Welche Akzente der Künstler in seinen neuen Arbeiten setzt und warum er die Kunst gerade jetzt für so wichtig hält
Krumbach „Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele.“Das Zitat von Picasso steht auf einer Ausstellungseinladung – vom Mai 2020. Das ist fast ein Jahr her und als Künstler Sigurd Rakel in seinem Atelier auf die Einladungskarte aus dem Jahr 2020 blickt, wird auch bewusst, wie lange das schon dauert, was wir oft als „Corona-Krise“umschreiben. Vernissagen, Ausstellungen? All das war in den letzten Monaten allenfalls bedingt oder gar nicht möglich. Rakel ist davon wie viele andere Künstler massiv betroffen. Gleichermaßen sind in dieser Zeit zahlreiche neue Werke entstanden. Oft dominiert in ihnen ein leuchtendes Rot.
Natürlich sei das für Künstler eine schwere Zeit, sagt Rakel immer wieder. Aber wenn sich eine gedrückte Stimmung einstelle, dann gehe er von seiner Wohnung hinunter ins Atelier, greife zu Pinsel, Farbe und Leinwand und alle negativen Gedanken seien weg.
Rakel berichtet, dass er oft in der Natur unterwegs sei, in seinen Arbeiten immer wieder auch persönliche Eindrücke „am Straßenrand“aufnehme. Er erzählt von einem Sonnenuntergang und dem Leuchten eines Feldes mit Mohnblumen. Unmittelbar danach habe er diesen Eindruck in einem seiner neueren Werke verarbeitet.
Der 77-jährige Sigurd Rakel hat sich mit seiner Kunst über die Jahrzehnte hinweg zwischen konkreter Form und abstrakter Auflösung bewegt. Mensch im Raum, Stillleben im Raum, Übergänge zwischen Raum und Gegenstand, Gegenstände, die sich im Raum regelrecht auflösen – das waren wichtige Themen für ihn.
Nun bewegt sich Rakel in großformatigen Bildern immer stärker zur Auflösung des Gegenständlichen hin. Blumen- und Pflanzenmotive sind oft lediglich angedeutet, mitunter auch verfremdet (bisweilen schafft Rakel gar durch den Einsatz des eigenen Fingernagels neue Strukturen in der aufgetragenen Farbe). Rakel verzichtet, wie er im Gespräch berichtet, auf jede Form der Vorzeichnung. Seine Formen entstehen frei, um dann in den Räumen des Bildes regelrecht aufzugehen.
Vernissagen und Ausstellungen sind derzeit nicht möglich. Umso mehr freut sich der Künstler darüber, dass er in seiner Galerie immer wieder von Menschen, die an seiner Arbeit interessiert sind, besucht werde. Oft würden sich dann sehr intensive Gespräche entwickeln, wenn die Gäste seine Arbeiten lange betrachten. Das Schöne sei, wie unterschiedlich die Interpretationen seiner Arbeit seien. Rakel erzählt schmunzelnd, dass seine Frau in einem seiner Werke gar Gespenster, Delfine oder Haifische sehen würde. Auch dies verdeutliche, wie Kunst die Gedankenwelt anregen könne.
Der am 20. Juli 1943 in Sigmaringen geborene Rakel ist in Krumbach bekanntlich seit den 1970er-Jahren als Künstler und Galerist aktiv. Seit dieser Zeit unterrichtet er auch am Krumbacher Simpert-KraemerGymnasium. Aktuell sind es, wie er erzählt, rund 30 Schülerinnen und Schüler der 12. Jahrgangsstufe. Doch Rakel sagt auch, dass er nach diesem Schuljahr seine Unterrichtstätigkeit beenden möchte. Alles habe im Leben seine Zeit, jetzt möchte er sich ganz auf seine Arbeit als Künstler konzentrieren. Kunst sei mit Hoffnung und Optimismus verbunden. Und das sei gerade mit Blick auf die Corona-Krise eine mehr denn je wichtige Botschaft.