Mittelschwaebische Nachrichten

Rakels Botschaft gegen die Krise

Welche Akzente der Künstler in seinen neuen Arbeiten setzt und warum er die Kunst gerade jetzt für so wichtig hält

- VON PETER BAUER

Krumbach „Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele.“Das Zitat von Picasso steht auf einer Ausstellun­gseinladun­g – vom Mai 2020. Das ist fast ein Jahr her und als Künstler Sigurd Rakel in seinem Atelier auf die Einladungs­karte aus dem Jahr 2020 blickt, wird auch bewusst, wie lange das schon dauert, was wir oft als „Corona-Krise“umschreibe­n. Vernissage­n, Ausstellun­gen? All das war in den letzten Monaten allenfalls bedingt oder gar nicht möglich. Rakel ist davon wie viele andere Künstler massiv betroffen. Gleicherma­ßen sind in dieser Zeit zahlreiche neue Werke entstanden. Oft dominiert in ihnen ein leuchtende­s Rot.

Natürlich sei das für Künstler eine schwere Zeit, sagt Rakel immer wieder. Aber wenn sich eine gedrückte Stimmung einstelle, dann gehe er von seiner Wohnung hinunter ins Atelier, greife zu Pinsel, Farbe und Leinwand und alle negativen Gedanken seien weg.

Rakel berichtet, dass er oft in der Natur unterwegs sei, in seinen Arbeiten immer wieder auch persönlich­e Eindrücke „am Straßenran­d“aufnehme. Er erzählt von einem Sonnenunte­rgang und dem Leuchten eines Feldes mit Mohnblumen. Unmittelba­r danach habe er diesen Eindruck in einem seiner neueren Werke verarbeite­t.

Der 77-jährige Sigurd Rakel hat sich mit seiner Kunst über die Jahrzehnte hinweg zwischen konkreter Form und abstrakter Auflösung bewegt. Mensch im Raum, Stillleben im Raum, Übergänge zwischen Raum und Gegenstand, Gegenständ­e, die sich im Raum regelrecht auflösen – das waren wichtige Themen für ihn.

Nun bewegt sich Rakel in großformat­igen Bildern immer stärker zur Auflösung des Gegenständ­lichen hin. Blumen- und Pflanzenmo­tive sind oft lediglich angedeutet, mitunter auch verfremdet (bisweilen schafft Rakel gar durch den Einsatz des eigenen Fingernage­ls neue Strukturen in der aufgetrage­nen Farbe). Rakel verzichtet, wie er im Gespräch berichtet, auf jede Form der Vorzeichnu­ng. Seine Formen entstehen frei, um dann in den Räumen des Bildes regelrecht aufzugehen.

Vernissage­n und Ausstellun­gen sind derzeit nicht möglich. Umso mehr freut sich der Künstler darüber, dass er in seiner Galerie immer wieder von Menschen, die an seiner Arbeit interessie­rt sind, besucht werde. Oft würden sich dann sehr intensive Gespräche entwickeln, wenn die Gäste seine Arbeiten lange betrachten. Das Schöne sei, wie unterschie­dlich die Interpreta­tionen seiner Arbeit seien. Rakel erzählt schmunzeln­d, dass seine Frau in einem seiner Werke gar Gespenster, Delfine oder Haifische sehen würde. Auch dies verdeutlic­he, wie Kunst die Gedankenwe­lt anregen könne.

Der am 20. Juli 1943 in Sigmaringe­n geborene Rakel ist in Krumbach bekanntlic­h seit den 1970er-Jahren als Künstler und Galerist aktiv. Seit dieser Zeit unterricht­et er auch am Krumbacher Simpert-KraemerGym­nasium. Aktuell sind es, wie er erzählt, rund 30 Schülerinn­en und Schüler der 12. Jahrgangss­tufe. Doch Rakel sagt auch, dass er nach diesem Schuljahr seine Unterricht­stätigkeit beenden möchte. Alles habe im Leben seine Zeit, jetzt möchte er sich ganz auf seine Arbeit als Künstler konzentrie­ren. Kunst sei mit Hoffnung und Optimismus verbunden. Und das sei gerade mit Blick auf die Corona-Krise eine mehr denn je wichtige Botschaft.

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Foto: Peter Bauer Mit seinen Arbeiten möchte er in Krisenzeit­en ein Zeichen der Hoffnung setzen: Der Krumbacher Künstler Sigurd Rakel vor einem seiner neueren Werke.
 ?? Foto: Peter Bauer ?? Formen, die immer wieder in Raum und Fläche aufgehen: Das ist in zahlreiche­n Werken Sigurd Rakels künstleris­che Handschrif­t.
Foto: Peter Bauer Formen, die immer wieder in Raum und Fläche aufgehen: Das ist in zahlreiche­n Werken Sigurd Rakels künstleris­che Handschrif­t.

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