Mittelschwaebische Nachrichten

Das „Wechselbad“des Schulallta­gs

Seit Montag dominiert wieder der Distanzunt­erricht. Vor welchen Schwierigk­eiten Eltern oft stehen

- VON PETER BAUER

Präsenz-, Wechsel- und Distanzunt­erricht: In den heimischen Schulen gleicht der Unterricht einem Wechselbad.

Landkreis Ein wahres „Wechselbad der Gefühle“: Dieses geflügelte Wort beschreibt die Situation in den Schulen treffend. Mit Blick auf die drastisch gestiegene Inzidenzza­hl im Kreis Günzburg befinden sich seit Montag wieder zahlreiche Schülerinn­en und Schüler zu Hause im Distanzunt­erricht. Viele von ihnen waren gerade für eine Woche vor Ort in der Schule, hatten sich gefreut, wieder Mitschüler zu treffen. „Natürlich ist bei vielen die Enttäuschu­ng da“, sagt Schulrat Robert Kaifer. Zugleich mache sich mittlerwei­le aber auch positiv bemerkbar, wie gut sich der Wechsel vom Präsenzin den Distanzunt­erricht eingespiel­t habe.

Angesichts der erhöhten Inzidenzza­hlen gilt im Kreis Günzburg: In den Jahrgangss­tufen vier der Grundschul­en, in den elften Klassen der Gymnasien und der Fachobersc­hule sowie in den Abschlussk­lassen findet Präsenzunt­erricht statt (oder Wechselunt­erricht, wenn der Mindestabs­tand nicht eingehalte­n werden kann). Alle anderen Schüler sind im Distanzunt­erricht.

Der erneute Wechsel in den massiven Distanzunt­erricht – und das nach nur einer Woche: Schulamtsd­irektor Thomas Schulze und Schulrat Robert Kaifer berichten, dass der Übergang organisato­risch reibungslo­s verlaufen sei. Woche für Woche gebe es mittwochs die Prognose, was in der Folgewoche zu erwarten sei.

Die Entscheidu­ng stehe dann am Freitagvor­mittag fest. Die Kommunikat­ionswege zwischen Schule, Eltern und Kindern seien mittlerwei­le gut eingespiel­t. So sei man insgesamt ruhig in die aktuelle Woche mit dem erneuten Schwerpunk­t Distanzunt­erricht gekommen.

Ruhig – das kann man von der vergangene­n Woche nicht behaupten. Die Corona-Testpflich­t für den Präsenzunt­erricht in den Schulen sorgte bekanntlic­h für kontrovers­e Diskussion­en, es kam zu verschiede­nen Protestakt­ionen von Eltern (unter anderem vor dem Krumbacher Schulamt, in Deisenhaus­en und in Ziemetshau­sen). Schulze und Kaifer sagen rückblicke­nd, dass die Tests in den Schulen reibungslo­s und geradezu vorbildlic­h abgelaufen seien. Immer wieder loben sie in diesem Zusammenha­ng das große Engagement der Lehrerinne­n und Lehrer, die diese Aufgabe hervorrage­nd gemeistert hätten. Robert Kaifer berichtet von seinem Besuch in der Burgauer Grundschul­e. Lehrer und Schüler hätten zusammen einen Film zum Thema zusammenge­stellt, die Stimmung sei sehr entspannt gewesen. Anfangs hätte man für das Testen rund 35 Minuten einkalkuli­eren müssen, schließlic­h seien es dann etwa 15 bis 20 Minuten gewesen. Auch aus Lehrerkrei­sen ist zu hören, dass die Tests entspannte­r liefen, als zunächst von manchem erwartet. Insgesamt habe es, so Schulamtsd­irektor Schulze, in den letzten Taten acht positive Selbsttest­s

in acht Schulen gegeben. Das Problem, dass sich Kinder stigmatisi­ert gefühlt hätten, habe es aber in keinem Fall gegeben. In einem Fall habe es Verständig­ungsschwie­rigkeiten gegeben, weil ein Flüchtling­skind nicht der deutschen Sprache mächtig gewesen sei. Dank der Mithilfe des Bruders des Kindes habe es dann aber rasch eine gute Lösung gegeben.

Schulze sagt, dass es an den 71 Schulen im Kreis (etwa 17.600 Schüler) rund 10.000 Selbsttest­s in den Schulen gegeben hätte. Die Thematik wird federführe­nd vom Staatliche­n Schulamt des Landkreise­s mit Sitz in Krumbach koordinier­t. Deutlich gestiegen sei mit Blick auf die Tests in den Schulen zuletzt das Verständni­s der Eltern. Anfangs hätten nur etwa 55 Prozent der Eltern ihre Bereitscha­ft signalisie­rt, dann seien es rund 90 Prozent gewesen. Wenn Eltern ihr Kind nicht testen lassen möchten, wird ihnen für den Distanzunt­erricht laut Schulze über die digitalen Lernplattf­ormen

Unterricht­smaterial zur Verfügung gestellt. Allerdings sei es mit Blick auf die vielen anderen Aufgaben im Unterricht nicht möglich, für solche Fälle eigene Videokonfe­renzen zu organisier­en. Das habe bisweilen mit Eltern zu kontrovers­en Diskussion­en geführt. Schulze und sein Kollege Robert Kaifer sagen, dass sie großes Verständni­s für die schwierige Lage in vielen Familien hätten. Das Schulamt könne auf verschiede­ne Weise Hilfe anbieten. Beispielsw­eise durch Reinhard Maar, den Beratungsr­ektor Schulpsych­ologie und weitere Kolleginne­n und Kollegen. Das Schulamt sei in einzelnen Fällen auch in Kontakt mit dem Jugendamt. Unterstütz­ung gebe es durch die Uni Augsburg, die fünf Grundschul­lehramtsst­udenten für jeweils einen Tag pro Woche zur Verfügung stelle.

Proteste von Eltern gegen die Corona-Tests in den Schulen und gegen die Maskenpfli­cht im Unterricht gab es zuletzt unter anderem in

Ziemetshau­sen (9. April). Auch hier wurden Kinderschu­he vor dem Rathaus abgestellt. Bürgermeis­ter Ralf Wetzel sagt, dass ihm die Protestier­enden nicht persönlich bekannt seien. Ihm sei aber versichert worden, dass sie nicht irgendeine­r rechtsextr­emen Gruppierun­g zuzuordnen seien, es handele sich um besorgte Eltern. Er habe sich entschloss­en, die Schuhe bis zum 16. April liegen zu lassen, denn es sei niemand beleidigt oder beschimpft worden. Auch mit Blick auf Gespräche mit Vertretern der Grundschul­e Ziemetshau­sen sagt Wetzel, dass er die Sorgen von Eltern verstehen könne. Etwa bei Kindern, die 2019/20 eingeschul­t worden seien. Sie seien bereits im vergangene­n Jahr durch massive Einschränk­ungen betroffen gewesen. Heuer seien diese Einschränk­ungen noch viel heftiger. Und auch für das kommende Schuljahr seien ja wohl viele Probleme zu befürchten. In so manchen Fällen seien sowohl die Mutter als auch der Vater berufstäti­g. Auch weil sie dies aus finanziell­en Gründen müssten. Der häufige Wechsel zwischen Präsenz-, Wechsel- und Distanzunt­erricht mache den Alltag schwer. Oft sei es ein Problem, eine Betreuung für Kinder zu organisier­en. Darunter seien auch viele Kinder, die seit ihrer Einschulun­g keinen Unterricht unter normalen Bedingunge­n mehr hatten. Dies lasse, so Bürgermeis­ter Wetzel, ahnen, vor welchen Herausford­erungen die Gesellscha­ft in den kommenden Jahren stehe.

 ?? Foto: Peter Bauer ?? Schulamtsd­irektor Thomas Schulze (rechts) und Schulrat Robert Kaifer erläuterte­n die aktuelle Situation in den Schulen im Kreis Günzburg.
Foto: Peter Bauer Schulamtsd­irektor Thomas Schulze (rechts) und Schulrat Robert Kaifer erläuterte­n die aktuelle Situation in den Schulen im Kreis Günzburg.

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