Mittelschwaebische Nachrichten
Hier hat jedes Tier einen Namen
Hobby Es begann mit einem Lamm, das er als Kind mit der Flasche großzog: Emanuel Weinhart und seine Frau Silvia aus Babenhausen züchten Schafe. Was ihre Leidenschaft ausmacht
Babenhausen Einen Namenstagskalender haben Silvia und Emanuel Weinhart aus Babenhausen immer griffbereit. Vor allem zwischen Weihnachten und Ostern. In diesen Wochen liegt nämlich die Lammzeit ihrer Schafherde. „Jedes neu- geborene Lämmlein erhält den Namen des Heiligen, dessen liturgischer Gedenktag gerade gefeiert wird“, sagt das Ehepaar. So braucht es nicht lange überlegen, wie das neugeborene Tier künftig gerufen wird. Statt einer Nummer wird auf der Ohrmarke der jeweilige Name vermerkt. Ob Heinerle, Marie, Filippa, Anna, Evi, Alice oder Michel – jedes der zwischen drei Wochen und zehn Jahre alten Schafe hat seine individuelle Anrede.
Seit er als Kind ein mutterloses Lämmlein geschenkt bekommen und mit der Flasche aufgezogen hat, liebt Emanuel Weinhart die flauschigen Tiere. Deshalb baute er bereits als 18-Jähriger im Obstgarten seines Elternhauses eine Hütte und hielt dort zwei Merinoschafe. Da auch seine spätere Frau Silvia Tiere liebt, stand der eigenen Zucht nichts mehr im Weg. Heute halten die beiden in ihrem Stall mit weitläufiger
Weidefläche auch die Rassen Coburger Fuchsschaf, Suffolk oder Charollais.
Mindestens zweimal täglich schauen die Weinharts nach ihren
Schafen. In der Winterzeit füttern sie die Tiere im Stall mit Heu oder Heucobs. Sobald das Wetter es zulässt, darf die Herde im Freien grasen. Im Herbst beweiden die Tiere vorwiegend Wiesen, die von den Landwirten vor der kalten Jahreszeit nicht mehr gemäht werden. „Nicht nur der Kot der Tiere, sondern auch die Abdrücke ihrer Klauen sind gut für das Grasland“, sagt Weinhart. Beim regelmäßigen Versetzen der Zäune und Treiben der Herde ist Familienhund Hexe mit Begeisterung dabei.
Wenn die Mutterschafe nach rund fünfmonatiger Tragzeit ihren Nachwuchs zur Welt bringen, ist Silvia Weinhart manchmal gefordert. „In der Regel schaffen die Tiere die Geburt allein“, erklärt sie. Wenn sich allerdings Komplikationen abzeichnen, etwa weil ein Lämmlein nicht mit den Vorderfüßen und dem Kopf voraus zur Welt kommen will, müsse man besonders achtsam sein und manchmal auch nachhelfen. Mittlerweile verfügt die Babenhauserin über eine reiche Erfahrung als „Schafhebamme“und weiß, wann sie in Notfällen Hand anlegen muss.
„Bei einer schweren Geburt von Drillingen konnte ich vor einigen
Jahren gerade noch eines der Lämmlein retten“, erinnert sie sich. Sie habe es dann mit der Flasche großgezogen und jeden Tag gestaunt, wie zutraulich das Tier wurde. „Es hat mir gehorcht und mich bei Spaziergängen folgsam begleitet.“Später wurde es an einen anderen Züchter verkauft und Mitglied einer großen Herde. Doch die einstige Geburtshelferin und Herrin habe das Schaf noch lange Zeit danach an der Stimme erkannt.
„Da Schafwolle und Felle auf dem Markt nicht mehr gefragt sind, legen wir das Augenmerk unserer Zucht auf das Fleisch der Tiere“, erklärt Emanuel Weinhart. Gefragt seien vor allem vier Monate alte Lämmer, die nicht schwerer als 40 Kilogramm sein sollten. Natürlich lasse er jährlich auch einige Schafe schlachten, um das Fleisch selbst für Kochrezepte zu verwenden oder Wurst daraus zu machen.
Am meisten Freude haben die beiden Babenhauser aber, wenn sie täglich nach ihrer Herde schauen und mit einem Blöken begrüßt werden. Wenn die Schafe friedlich im Freien grasen und die Lämmer mit ihren noch zarten Stimmchen meckern, klingt das wie Musik in den Ohren der Weinharts.