Mittelschwaebische Nachrichten
Autofahrer aufgepasst: Die Kröten wandern wieder
Welche Amphibien hier im Landkreis Günzburg zu Hause sind und wie sie geschützt werden können
Welche Amphibien im Landkreis Günzburg zu Hause sind und wie sie geschützt werden können, lesen Sie auf
Krumbach Die Natur erwacht frühlingsfrisch. Das ist nicht nur bei den Pflanzen so. Auch in der Tierwelt geht es richtig los. Wildunfälle künden von ansonsten vom Menschen unbemerkten Aktivitäten von Fuchs und Reh und auch die Amphibienwelt ist aktiv. Seit März schon wandern die Amphibien wieder. In unserer Region ist dies als Krötenwanderung bekannt, erklärt der Projektmanager Jakob Nagengast vom Landschafts-Pflegeverein Günzburg.
Hier in der Region beheimatet sind die Erdkröte, der Teichfrosch, der Braunmolch, der Teichmolch und die Gelbbauchunke. Generell lassen sich die Amphibien in drei Kategorien gliedern, die Schwanzlurche, die Froschlurche und die Schleichlurche. Alle gemeinsam haben, dass sie ihr erstes Lebensstadium im Wasser verbringen. Das Schlüpfen von Ei zu Larve findet ausschließlich im Wasser satt. Durch die Evolution bedingt, hat sich dann das Leben vom Wasser langsam an das Land verlagert. Der Lebensraum des adulten, also des Erwachsenen-Stadiums liegt außerhalb des Fortpflanzungsbereiches.
Nagengast erklärt dies am Beispiel des Waldfroschs, welcher unter anderem in unserem Landkreis beheimatet ist. Wie der Name bereits sagt, lebt der Waldfrosch im Wald. Das geschlechtsreife, erwachsene Tier wandert aber zum Laichen an sein ausgesuchtes Fortpflanzungsgewässer. Dort gibt es ein großes Balz- und Brutgeschehen. Aus dem abgelegten Laich wachsen Junge heran, welche sich nach einiger Zeit wieder zurück in den Wald begeben. Nach ihrem ersten Jahr sind die Jungen geschlechtsreif und suchen ihr Laichgewässer, in welchem sie geboren wurden, wieder auf. Die Geschlechtspartner variieren dabei von Jahr zu Jahr. Abhängig von Gruppe und Art ist es, zu welchem Zeitpunkt sie loswandern. Die Amphibienwanderung lässt sich von Mitte März bis August zeitlich eingrenzen. Die Erdkröten, der Laubfrosch und die Braunfrösche, die sich weiter gliedern lassen in den Mohrfrosch, den Grasfrosch und den Springfrosch, wandern als Erste
los. Der Grünfrosch lässt sich da noch etwas länger Zeit.
Die Initialzündung für das Loslaufen beziehungsweise Loshüpfen der Tiere sind länger anhaltend warme Temperaturen. Wenn die Temperaturen nachts einen längeren Zeitraum über plus fünf Grad Celsius messen, haben die Amphibien das Bedürfnis, ihr Laichgewässer aufzusuchen. Doch genau dies bereitet den Tieren große Probleme. In unserem Landkreis war zwei Wochen im Februar Bilderbuchwetter. Die Sonne schien und die Temperaturen knackten beinahe die ZwanzigGrad-Grenze. Die ersten Kröten brachen also auf. Danach sanken die Temperaturen wieder extrem. Nachts waren wieder Minusgrade angesagt. Das wird den Kröten zum Verhängnis. Denn wenn sie mit dem Laichen im Wasser bereits begonnen haben, erfrieren sowohl sie als
auch ihre Eier. All dies sei dem Klimawandel geschuldet, erklärt Nagengast.
Leider lauern auf die Kröten auch andere Gefahren. Die Amphibien sind wenig mobil, sie sind lokal gebunden. Sie sind deshalb auf Feuchtbiotope angewiesen, in denen sie sich vermehren können. Oft werden Gewässer zugeschüttet, um beispielsweise landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen. Dadurch wird der natürliche Lebensraum zerstört und sie haben keine Möglichkeit mehr, sich fortzupflanzen.
Speziell in unserem Landkreis sind Kröten besonders gefährdet. Etliche Habitate (Lebensräume) der Amphibien sind durch den Straßenbau durchschnitten. Doch es gibt eine Problemlösung, erzählt Nagengast. Im gesamten Landkreis Günzburg findet man flächendeckend einige Kilometer lange Krötenzäune.
Diese Zäune muss man sich wie eine senkrechte Mauer als Plastikstreifen vorstellen, welche entlang von Straßen, die über natürliche Amphibienwege gehen, verläuft, berichtet der Projektmanager. An ihrem Ende werden die Kröten in einem Sammeleimer aufgefangen und anschließend von einem Zweibeiner über die Straße getragen. Dabei darf aber nicht zu lange gewartet werden. Es sei auch schon vorgekommen, dass am Ende des Krötenzauns der Storch stand und sozusagen einen gedeckten Tisch vorfand. Er hatte natürlich leichtes Spiel und trotz Krötenzaun überlebten die meisten Amphibien leider nicht. Dies bleibe aber die Ausnahme. Generell bleiben dank solcher Zäune viele Kröten am Leben, die ansonsten dem Straßenverkehr zum Opfer fallen würden. Solche Lebensretterzäune sind unter anderem in Naichen, bei
Kemnat, bei Waldstetten und im Mindeltal entlang der Nord-Süd Achse zu finden, so Nagengast.
Zusammenfassend müsse man aber bedauernd feststellen, dass der Bestand der Amphibien abnehme. Der Klimawandel sei im Lokalen immer deutlicher zu spüren und der Lebensraumverlust durch die Trockenlegung von Feuchtgebieten für Siedlungsbau und Ackerfläche gefährde die Tiere weiter. Doch jeder könne den Rückgang aufhalten, so Nagengast. „Im privaten Gartengebrauch keine Gifte anwenden, das ist wichtig“, so seine eindringliche Mahnung. Zudem können sich die Menschen daheim einen Teich anlegen und so neuen Lebensraum für Kröten schaffen. „Ein netter Nebeneffekt ist das Quakkonzert, falls die Tiere sich den angelegten Teich aussuchen“, erklärt Jakob Nagengast schmunzelnd.