Mittelschwaebische Nachrichten
Kuddelmuddel
Freie Liebe im katholischen Münster – das kann nicht gut gehen
vielen Seiten, nicht nur von der falschen. Als sezierender und dozierender Dünkel-Doktor ist Liefers perfekt.
Diesmal fallen die üblichen flachen Witzelei-Duelle, die er und sein Widerpart Thiel (Axel Prahl) sich gemeinhin liefern, weitgehend unter den Seziertisch. Gut so. Die in Ulm geborene Regisseurin Brigitte Maria Bertele hat mit „Rhythm and Love“eine Folge von einigermaßen haarsträubendem Inhalt inszeniert. Aufzudröseln haben Thiel und Boerne ein erotisches Kuddelmuddel. Da wird eine nackte Leiche im Unterholz von einem Zeugen gemeldet, der sich im späteren Verlauf der Ermittlungen als Mann des Kreuzes herausstellt, der allerdings nicht unbedingt kreuzbrav erscheint. Die Spur führt in eine Landkommune, die offenbar per
Zeitmaschine aus den 80ern in die Jetztzeit gebeamt wurde. Da lernen gefiederte Aussteiger nicht nur, taktsicher auf straff gespannte Tierfelle zu hauen („Rhythm“), sondern auch den Partnerwechsel ohne Reue („Love“). Obwohl: Mit der
Reuefreiheit in der freien Liebe, die heute „Polyamorie“heißen muss, ist es so eine Sache. Mitunter geht das Wechselspiel – Pardon – in die Hose, und dann liegt da eben eine Leiche. Wenn eine zweite dazukommt, wird aus dem erotischen Reigen ein Totentänzchen.
„Rhythm and Love“enthält alles, was ein Münster-Tatort braucht: Ironie, skurrile Gestalten, eine leicht abseitige Handlung, die im katholischen Münster gerne was mit Kirche zu tun hat, und vogelwilde Szenen wie das Besäufnis auf dem Seziertisch. Diesmal darf Assistentin Silke „Alberich“Haller (Christine Urspruch) etwas mehr aus dem Schatten ihres Meisters heraustreten und der knuddelbärige Kriminalassistent Mirko Schrader (Björn Meyer) sorgt am Ende gar für den nötigen Kick. Irritierte Boerne-Fans können Liefers nach dieser soliden Folge wieder ins Herz schließen. Ronald Hinzpeter