Mittelschwaebische Nachrichten
Der Klimawandel setzt die Fichten schwer unter Stress
Warum auch in unserer Region dem Mischwald die Zukunft gehört und welche Rolle dabei Eichen und Buchen spielen
Krumbach „Wir im Raum Mittelschwaben stehen im Vergleich zu anderen bayerischen Bereichen, was den Waldzustand betrifft, noch gut da.“Auf diesen Nenner bringt Axel Heiß, Chef des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Krumbach (AELF), die derzeitige Situation in den Wäldern der Landkreise Günzburg und Neu-Ulm. Und trotzdem: „Der Waldumbau und damit die Umwandlung der großen Fichtenbestände in belaubte Mischwälder ist zwingend erforderlich.“Denn der Klimawandel ist auch für den Wald in der Region zum große Stressfaktor geworden.
Die staatlichen Revierleiter und die beiden Forstbetriebsgemeinschaften Günzburg-Krumbach und Neu-Ulm sind gehalten, sich mit großem Einsatz dieser Aufgabe zu widmen. Notwendig sei dafür, so Heiß, aber auch die Bereitschaft der privaten Waldbesitzer. Das AELF hat für sie die Beratungstätigkeit erheblich ausgeweitet und bietet Unterstützung bei der Auswahl der Baumarten bis hin zur staatlichen
Aus der täglichen Praxis erläutert Revierförster Hubert Forstner in einem von ihm betreuten Waldbereich westlich von Ziemetshausen, die dafür notwendigen Maßnahmen. Danach ist der Waldumbau eine „Generationenaufgabe“, jedoch mit der aktuellen Forderung, sie müsse in ganz Deutschland bei jedem Waldbesitzer an erster Stelle stehen“. Der Grund: Die
Veränderung des Weltklimas mit Zunahme der Trockenperioden, Rückgang der Niederschlagsmenge, die steigende Zahl starker Stürme sowie die damit verbundene Verbreitung des Borkenkäfers.
Das AELF hat konkrete Zahlen parat: Sie errechnen sich aus den Ergebnissen einer Vielzahl von Wetterstationen, von denen auch eine im Wald westlich von Krumbach steht, die täglich ausgewertet werden. Wie der Amtsleiter weiß, verzeichnen die Messzahlen in Mittelschwaben zwischen 2011 und 2020 einen Temperaturanstieg von damals 7,7 Grad um 1,8 auf jetzt 9,5 Grad. Ein deutlicher Rückgang ist dagegen bei der Niederschlagsmenge festzustellen, die sich im gleichen Zeitraum von 950 Milliliter um knapp 100 auf 830 Milliliter absenkte.
Zu verkraften hatte der heimische Wald im letzten Jahrzehnt außerdem mehrere Sturmereignisse sowie die Ausbreitung des Borkenkäfers. Allein zwischen 2018 und 2020 „fällten“die Winde in Deutschland 176 Millionen Festmeter Stammholz, was die Wiederaufforstung von 285000 Hektar notwendig machte. Auffallend dabei: 80 Prozent der Windwürfe betrafen die Fichte.
Dies bestätigt nach Meinung der beiden Experten die Prognose des Weltklimarates, der im Jahre 2100 eine Temperaturerhöhung von zwei Grad errechnet hat. Geht der bisherige Klimawandel in diesem Ausmaß die nächsten Jahrzehnte weiter, so geben sie der Fichte in unserer Gegend nur eine geringe Zukunftschance, obwohl sie gegenwärtig noch zwei Drittel der Waldfläche einnimmt. Der Raum MittelschwaFörderung. ben sei bisher relativ gut weggekommen, dagegen waren Nord- und Ostbayern von Temperaturanstieg, Trockenperioden und Stürmen viel stärker betroffen. Das gleiche Bild zeige sich bei den bayerischen Nachbarstaaten Österreich und Tschechoslowakei. Eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Waldes spielt auch der aktuelle Holzpreis.
In den USA und China ist die deutsche Fichte wiederholt als billiges und klimafreundliches Material für den Wohnungsbau gefragt.
Der Revierleiter zeigt Verständnis, wenn Privatwaldbesitzer beim Blick auf die Maßnahmen in ihren Wäldern auch einen Blick auf den jeweiligen Holzpreis werfen. Doch die Tendenz gehe zur Verbesserung der Waldverjüngung durch heimische Laubbaumarten.
Am Beginn steht dabei für ihn die Auslichtung der Fichten-Altbestände, was mehr Licht für die Jungpflanzen bedeute. „Dann wächst in wenigen Jahren von selbst eine Mischung aus Weißtannen, Buchen und Eichen heran und es entsteht der gewünschte Mischwald mit heimischen und widerstandsfähigen
Eine sich selbst überlassene Naturverjüngung unter alten Bäumen, wie sie sich jeder Waldbesitzer wünscht.
Baumarten“, ist sich Forstner sicher. Notwendig kann in manchen Bereichen eine Nachpflanzung werden, was dann zumeist einen Zaun erfordere.
Praxisnahe Beispiele dafür zeigt er in Form von kleinen und kleinsten Weißtannen unter 60- bis 80-jährigen Fichten, deren Gipfel jedoch von Rehen abgebissen sind. Das aber wiederum ist für die Forstfachleute
ein anderes Kapitel, wobei beide die Meinung vertreten, der Rehbestand sei in den heimischen Wäldern „schlicht zu hoch“. Dieses Problem könne jedoch nur im Gespräch mit dem zuständigen Jagdberechtigten gelöst werden.
Axel Heiß verweist in diesem Zusammenhang noch einmal auf die gerade in jüngster Zeit verbesserten Förderungsprogramme des bayerischen Staates, die ausschließlich für den Bereich Waldumbau bestimmt sind. Was der Fachmann dazu sagt: „Bis zum wieder passenden Holzmarkt
den Waldbestand pflegen und durchforsten, nur hiebreifes und Käferholz ernten, rechtzeitig an die Verjüngung denken und die Möglichkeiten der Förderung prüfen.“Dazu ergänzt Hubert Forstner: „Für Fichtenpflanzen gibt es vom Staat kein Geld. Bezuschusst werden Eiche, Buche, Weißtanne, Lärche, Douglasie und Bergahorn, gemischt mit Kirsche, Kastanie und amerikanischer Roteiche.“Derzeit liegt die Förderung eines solchen Mischwalds für jedes dreijährige Jungbäumchen bei drei Euro, das im Handel ungefähr 1,5 Euro kostet. Die zweite Hälfte ist für die Pflanzung, eventuell Zaun und Pflegearbeiten, bestimmt.“
Wichtig ist für die Fachleute außerdem, dass der Wald weiterhin alle Waldfunktionen erfüllt. Amtsleiter Heiß dazu konkret: „Er muss die wertvollen Ressourcen Luft, Boden und Wasser schützen, den unverzichtbaren Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen sichern und ein gefragter Erholungsraum für den Menschen bleiben. Letztlich ist er außerdem Lieferant für den klimafreundlichen Rohstoff Holz.“
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