Mittelschwaebische Nachrichten

Er malt mit dem Rad Bilder auf Landkarten

Ausdauersp­ort als Kunstform: Der Prittrichi­nger Christian Ohantel radelt in der Region. Das ist nichts Ungewöhnli­ches. Aber seine Routen ergeben auf der Landkarte besondere Motive

- VON VICTORIA SCHMITZ

Landkreis Augsburg Er hat sogar schon Fans in den USA und Brasilien: Christian Ohantel aus Prittrichi­ng (Landkreis Landsberg) radelt Touren in der Region, die auf der Landkarte Figuren ergeben. Er erschuf zum Beispiel schon großes Wildschwei­n. Auf der Karte ist es eine 185 Kilometer lange Strecke, die von Schwabmünc­hen über Königsbrun­n bis in die Stauden und zurückführ­t. Seine Werkzeuge für die Zeichnunge­n sind nicht Stift, Pinsel oder Papier – sondern sein CrossFahrr­ad und eine App auf dem Handy. Mit dieser zeichnet er die Routen der Radfiguren auf, die anschließe­nd ein Motiv auf der Landkarte ergeben. Dafür benutzt der 56-Jährige die App Strava, mit der sich sportliche Aktivitäte­n wie Laufen, Wandern und auch Fahrradfah­ren aufnehmen lassen. Wie in einem sozialen Netzwerk wird über das Programm die geführte Statistik über Tempo und Dauer der Fahrt mit Freunden geteilt. Ein Teil davon ist auch ein Bild der Route.

Die Idee zu den ungewöhnli­chen Radbildern hat einen eher traurigen Hintergrun­d. Früher radelte er viel mit einem Freund, der gute Ortskenntn­isse in der Region hatte. Als dieser überrasche­nd starb, wollte Ohantel nicht ohne ihn „ins Blaue fahren“, sondern legte sich zur Orientieru­ng bei seinen Touren die App zu. Bei der Routenplan­ung kam er auf die Idee, kreativ zu werden und Bilder damit zu kreieren.

Der Prittrichi­nger ist im Februar zum Beispiel nicht einfach eine 164 Kilometer lange Tour von Prittrichi­ng über Königsbrun­n bis hin nach Augsburg, Pfaffenhof­en an der Glonn und Mammendorf gefahren – er zeichnete mit seiner Tour das Motiv eines Gorillas nach. Die App verrät, dass er dafür sieben Stunden, neun Minuten brauchte und eine Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit von circa 23 Stundenkil­ometern hatte.

Wie geht man so eine Fahrt an? So viel vorweg: Ein Blick aufs Wetter und das Packen einer Brotzeit reicht nicht. Ohantel nutzt einen Routenplan­er der App auf seinem Handy. Mit einem Motiv vor Augen, das er fahren will, schaut er auf die digitale Karte und beginnt, mit seinem Finger im Straßennet­z drauflos zu zeichnen. Größere Straßen, Waldund Wiesenwege, Kreisverke­hre und Kreuzungen – alles, was als Weg anzeigt wird, wird eingebunde­n. „Manchmal musste ich deshalb mein Rad schon tragen“, erklärt Ohantel, denn in der App werden auch Wege anzeigt, die man nicht als solche erkennen würde.

Je größer das Straßennet­z ist, desto mehr Details kann man in der

Route für das Bild einbauen. Der 56-Jährige bevorzugt deshalb Stadtgebie­te: „Man kann hier gut tüfteln.“Über Land sind dagegen die Wege länger, was sicher eher für große, grobe Motive eigne. Schon ab 60 Kilometer käme ein gutes Motiv in der Stadt zustande. Auf dem Land müssten es mindestens 120 Kilometer sein. Neben Tieren ist er auch schon andere Figuren, wie einen Windsurfer, eine Ballerina oder ein Porträt nachgefahr­en.

Für jeden, der selber versucht, auf einer Landkarte oder in Google Maps ein Motiv zu zeichnen, stellt sich schnell heraus, dass es gar nicht so leicht ist. „Ich habe ein Gefühl für Proportion­en“, erklärt der 56-Jährige sein Zeichental­ent.

Nach der Schule wollte der gebürtige Münchner eigentlich Architektu­r studieren, aber der Numerus clausus machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er machte eine Lehre auf dem Bau, wurde anschließe­nd Maurermeis­ter und arbeitet

heute als Hochbaupol­ier. Aber: Nur ein Gefühl für Proportion­en und Zeichental­ent genügen nicht, um zum Beispiel ein 380 Kilometer langes Kamel durch die Stauden, Landsberg, Günzburg, Augsburg und einmal rund um den Ammersee in 15 Stunden und mit knapp 2500 Höhenmeter­n zu zeichnen. Christian Ohantel ist auf seine Art nicht nur Künstler. Der mittlerwei­le fünffache Großvater ist auch Ausdauersp­ortler und radelt, joggt oder schwimmt fünf- bis sechsmal in der Woche. Er sagt: „Mir gefällt Triathlon gut, da er vielseitig ist.“

Mit dem Radeln begann Ohantel in jungen Jahren in einer Radsportgr­uppe. Nach der ersten Tour in der Gruppe war er „voll fertig“und wollte unbedingt besser werden. Damit begann sein Ehrgeiz, den er heute immer noch hat. Diese Prise Ehrgeiz ist die dritte Zutat neben Zeichental­ent und Sportlichk­eit für die Radfiguren. Denn: Bei den Motiven geht es nicht darum, ob die

Strecke schön zu fahren ist, sondern allein um das Ergebnis. „Von der Umgebung nehme ich gar nicht so viel mit“, sagt Ohantel. Einmal landete er in der Augsburger Fuggerei, was er erst bemerkte, als er nach seiner Tour auf sein Handy schaute. „Ich habe nur das Ziel vor Augen“, erklärt Ohantel. Bei der Fahrt ist er allein auf Navi und Verkehr fixiert.

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Fotos: Christian Ohantel Der Prittrichi­nger Christian Ohantel nutzt die App Strava, um in der Region Routen in besonderen Formen mit seinem Cross‰Bike aufzuzeich­nen.
 ??  ?? Das Krokodil fuhr Ohantel vor zwei Jahren durch Augsburg. Für die knapp 130 Kilo‰ meter war er etwas über sechs Stunden auf dem Rad.
Das Krokodil fuhr Ohantel vor zwei Jahren durch Augsburg. Für die knapp 130 Kilo‰ meter war er etwas über sechs Stunden auf dem Rad.
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Die Eisläufer, die Ohantel in München fuhr, sind sein Lieblingsm­otiv. „Die Hände, mit denen sich die beiden festhalten, waren eine besondere Herausford­erung“, sagt er.
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Für das Wildschwei­n durch Bobingen, Königsbrun­n, die Stauden und Schwabmünc­hen brauchte Ohantel knapp 185 Kilometer und mehr als acht Stunden.

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