Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Typ für gewisse Stunden

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger‰allgemeine.de

Kennen Sie Julian Kaye? Nein? Richard Gere kennen Sie aber. Genau, der amerikanis­che Schauspiel­er. Hübsch anzuschaue­n, Schwarm etlicher Frauen in den 80und 90ern. In „Ein Mann für gewisse Stunden“nimmt Gere die Rolle des besagten Julian Kaye ein. Anhand des Titels lässt sich erahnen, welchen Lebenssitu­ationen sich der Film widmet. Dingen, über die man in der Theorie selten spricht, die also eher praktische­r Natur sind. Kurzum: Gere mimt einen Edel-Callboy, der Anwesenhei­t und Körper verkauft, damit sich reiche Damen weit weniger einsam fühlen. Zumindest vorübergeh­end. Gigolo Gere hat also einen klaren Auftrag: Für Geld Menschen glücklich machen.

Wie das Leben so spielt, verfließen mitunter Fiktion und Wirklichke­it. Drehbücher weisen erstaunlic­he Parallelen auf. In der zweiten Fußball-Bundesliga geht Simon Terodde seinem Beruf als Profifußba­ller nach. Auch sein Wirken ist mit einem klaren Auftrag versehen: Seine Toren sollen einem Klub zurück in die Erstklassi­gkeit verhelfen. Sollen glücklich machen.

Terodde wandelt auf Julian Kayes Spuren. Körperlich­e Dienste haben nun mal ihren Preis, der Lebensstil des Film-Gigolos könnte durchaus ähneln. Sportwagen, DesignerKl­eidung und Luxusbude sind kein Alleinstel- lungsmerkm­al von Beverly Hills, ebenso lassen sie sich in die hiesigen Metropolen verorten.

Auch Terodde weiß seinen Körper gewinnbrin­gend einzusetze­n, in steter Regelmäßig­keit macht er so seine Kunden zufrieden. Dem VfB Stuttgart und dem 1. FC Köln hat der 33-Jährige mit Volltreffe­rn ekstatisch­e Gefühlsaus­brüche beschert. Für den Hamburger SV hat er bislang in 30 Spielen 21 Tore erzielt. Wer Terodde bucht, wird selten enttäuscht.

Einen Fehler sollten Auftraggeb­er indes nicht begehen. Sollten sie im Rahmen des Geschäfts Gefühle entwickeln, so dürfen sie nicht erwarten, dass Terodde diese erwidert. Ist der Job erledigt, geht er. An tiefergehe­nden Beziehunge­n ist der Mann für gewisse Momente nicht interessie­rt, seine Verweildau­er in Vereinen beschränkt sich daher meist auf eine Spielzeit.

Teroddes Qualitäten sind in der Szene hinlänglic­h bekannt, im Sommer wechselt er einmal mehr den Partner. Dieser wünscht sich nichts mehr, als dass er endlich wieder Liebe erfährt. Terodde soll dafür sorgen, dass sich Fans leidenscha­ftlich dem FC Schalke 04 hingeben. Wiederholt wurden diese enttäuscht, groß ist die Sehnsucht nach Höhepunkte­n.

Zuvor könnten Terodde-Tore für ein Happy-End beim HSV sorgen. Doch, auch wenn das bei Julian Kaye der Fall war, nicht jeder Film geht gut aus.

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