Mittelschwaebische Nachrichten

„Lenas Bioladen“: Geständnis­se der Angeklagte­n

Mutmaßlich­e Drogenhänd­ler erhalten dadurch wohl eine mildere Strafe. Teil des Erlöses fehlt noch immer

- VON WILHELM SCHMID

Neu‰Ulm Dass es im „Darknet“oft heller ist als es sich manche „dunklen Gestalten“wünschen, wurde am zweiten Tag des Verfahrens gegen die Betreiber von „Lenas Bioladen“vor dem Landgerich­t Memmingen deutlich. Es bedarf zwar der Expertise von Fachleuten des Landes- und Bundeskrim­inalamtes, aber dass diese über die passenden „Scheinwerf­er“verfügen, um Licht ins Dunkel zu bringen, wurde jedem klar, der die Aussagen der Kripobeamt­en und die Gutachten der Sachverstä­ndigen verfolgte. Auch wenn man als Laie, wie selbst ein Verteidige­r zugab, manchmal beim besten

Willen nur versteht, dass man besser die Finger von der nur scheinbar dunklen Seite des Internets lassen sollte.

Das hatten auch die beiden Angeklagte­n, ein 42-Jähriger aus dem Alb-Donau-Kreis und sein 32-jähriger Kumpan aus dem Kreis Reutlingen, inzwischen eingesehen. Sie ergriffen die vom Gericht gebotene Gelegenhei­t, gegen ein umfassende­s Geständnis einen möglichst günstigen Strafrahme­n auszuhande­ln. Das Angebot war, dass eine Strafe zwischen sechs und sechseinha­lb Jahren infrage käme, wenn alle Karten auf den Tisch gelegt würden.

Das taten die Verteidige­r Alfred Nübling für den 42-jährigen Jens G. und Michael Bogdahn für den 32-jährigen Steffen J. Zunächst erklärte Nübling für seinen Mandanten, dass dieser „den größten Fehler seines Lebens“begangen hatte, als er nach jahrelange­m exzessiven Alkoholund Drogenkons­um seinen Arbeitspla­tz verloren habe. Nach dem Verbrauch der Abfindung habe er keine berufliche Perspektiv­e mehr gesehen und sei auf das Angebot des Kumpels eingegange­n, Marihuana versandfer­tig zu machen. Dank der guten Geschäfte sei sein Lohn von anfangs 80 Cent pro Gramm auf 2,50 Euro gestiegen.

Seine Frau, die am ersten Prozesstag ein Geständnis abgelegt hatte, habe während ihrer Schwangers­chaft ihre Mitarbeit beendet. Nach der Geburt der Tochter habe auch er beschlosse­n, aufzuhören. Vom Alkoholund Drogenkons­um sei er aber bis zum Auffliegen nicht losgekomme­n. Deshalb wurde vom Gericht eine psychiatri­sche Begutachtu­ng beider Angeklagte­n angekündig­t. Rechtsanwa­lt Michael Bogdahn erklärte für seinen Mandanten, dass auch für diesen die Anklage in allem zutreffend sei. Auch er schilderte eine Alkohol- und Drogenkarr­iere, die bereits bei der Entlassung des damals Vierzehnjä­hrigen aus dem Kinderheim begonnen habe. Alle Versuche, dagegen anzukommen, seien gescheiter­t. So habe er zunächst zur Deckung des Eigenbedar­fs den schwunghaf­ten Handel begonnen, der offenbar eine gute Rendite einbrachte: Für 7,70 Euro Einkaufspr­eis pro Gramm Marihuana habe er in „Lenas Bioladen“abzüglich der Bitcoin-Gebühren Verkaufspr­eise von 12 bis 15 Euro erzielt. Er habe bewusst keine chemischen Drogen verkauft, obwohl damit ein noch höherer Gewinn möglich geworden wäre.

Die Ermittlung­en schilderte­n mehrere Zeugen. Dabei fiel auf, dass eventuell noch fünf Bitcoin – der aktuelle Wert für einen liegt derzeit bei 45.500 Euro – „unbekannte­n Aufenthalt­s“sind; ebenso wie zwei Rolex-Uhren aus dem Verkaufser­lös des „Bioladens“.

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