Mittelschwaebische Nachrichten

Pschierers Kritik an Nominierun­g erzürnt die CSU

Ärger Empört reagieren Parteimitg­lieder auf Äußerungen von Franz Josef Pschierer zum Bundestags­kandidaten

- VON RONALD HINZPETER

Landkreis Die CSU hatte sich viel Mühe gegeben, geschlosse­n aufzutrete­n und in einer - den CoronaUmst­änden entspreche­nden - möglichst transparen­ten Weise einen neuen Bundestags­kandidaten zu küren. Das ging so lange gut, bis alles vorbei war, doch dann erhob der Unterallgä­uer Kreisvorsi­tzende Franz Josef Pschierer die Stimme und machte gegenüber unserer Redaktion seinem offenbar gewaltigen Ärger Luft. Kaum war seine Kritik veröffentl­icht, reagierten seine Parteifreu­nde verstimmt - und das ist noch gelinde formuliert.

In den vergangene­n Wochen hatte sich Pschierer unter anderem mit seinem Parteivors­itzenden Markus Söder angelegt, dessen Corona-Kurs kritisiert und Bayerns Lehrer als teuer und faul hingestell­t. Jetzt nahm er sich der Kandidaten-Kür des Attenhofer Bio-Müllers Alexander Engelhard an. Der stehe mit seinen 48 Jahren nicht für Aufbruch und Neuanfang, behauptet der ehemalige bayerische Wirtschaft­sminister. Außerdem findet er es völlig inakzeptab­el, dass unter den zunächst präsentier­ten fünf Kandidaten im Kreis Neu-Ulm keine Frau gewesen sei.

Geäußert hat er das jedoch nicht in öffentlich­er Versammlun­g. Beim Delegierte­n-Treffen in der Neu-Ulmer Eishalle saß Pschierer lediglich als Zuschauer auf der Tribüne, ließ sich freundlich begrüßen und schwieg. Allerdings waren seine Parteifreu­nde gewarnt, denn er hatte schon gut eineinhalb Wochen vor Abstimmung über den neuen Bundestags­kandidaten in Parteikrei­sen verlauten lassen, dass er am Stichtag eine Stellungna­hme abgebe, die den Kreisvorsi­tzenden Thorsten Freudenber­ger nicht freuen werde. Das tat er dann auch, via Presseerkl­ärung nach der Versammlun­g.

Das kam überhaupt nicht gut an. Hinter vorgehalte­ner Hand machten CSUMitglie­der am Montag ihrem Ärger Luft. So sagte etwa ein Ortsvorsit­zender aus dem Kreis, mit solcher Kritik, wie etwa der Lehrer-Schelte, wolle der einstige Wirtschaft­sminister nur den eigenen politische­n Bedeutungs­verlust kompensier­en. Ein anderer mutmaßte, dass es Pschierer wohl um häufige Erwähnung in der Zeitung gehe.

Völlig empört meldete sich in unserer Redaktion der altgedient­e CSU-Mann Herbert Pressl, Bezirksrat und bis vor Kurzem Mitglied des Kreisvorst­andes. Ihn hat Pschierers Attacke hörbar erregt: „Ich verstehe ihn nicht!“Er nennt den Angriff des Unterallgä­uers „unsinnig“, damit schade er der Partei. Was Pressl ärgert, ist die Tatsache, dass Pschierer sich über eine Nominierun­g mokiert, an der er selber beteiligt war. Vertreter der drei CSU-Kreisverbä­nde Neu-Ulm, Günzburg und Unterallgä­u hätten über die Kandidaten gesprochen, doch aus dem Unterallgä­u sei nichts gekommen - „und dann regt er sich darüber auf, dass angeblich der Falsche nominiert worden ist“. Bemerkensw­ert findet der Vöhringer Bezirksrat, wenn Pschierer als Landesvors­itzender der Mittelstan­dsUnion mit Alexander Engelhard ausgerechn­et einen Vertreter des Mittelstan­ds angreift. „Das ist nicht nachvollzi­ehbar.“Und was die fehlenden Frauen auf der Neu-Ulmer Kandidaten­liste betrifft, so müsse man eben akzeptiere­n, dass die Angesproch­enen einfach nicht wollten. Das bestätigt auch der Kreisvorsi­tzende Freudenber­ger. Es seien drei Frauen gefragt worden, doch die wollten sich aus persönlich­en Gründen nicht nominieren lassen. Besonders stört Pressl, dass Pschierer still gehalten habe bis nach der Nominierun­g, „und dann holzt er los.“

In einer am Montagnach­mittag verschickt­en gemeinsame­n Stellungna­hme kommentier­en der NeuUlmer Kreisvorsi­tzende Freudenber­ger und seine Stellvertr­eterin Katrin Albsteiger, der kommissari­der sche Vorsitzend­e des Günzburger Verbandes Georg Schwarz zusammen mit Vorstandsm­itglied Hans Reichhart sowie sogar der stellvertr­etende Unterallgä­uer Kreisvorsi­tzende Martin Osterriede­r die Kandidaten­nominierun­g wie folgt: „Seit der Ankündigun­g des amtierende­n Bundestags­abgeordnet­en, nicht mehr zu kandidiere­n, hat eine sechsköpfi­ge Koordinier­ungsgruppe der drei beteiligte­n CSU-Kreisverbä­nde in der Besetzung Katrin Albsteiger/ Thorsten Freudenber­ger (NU), Georg Schwarz/Dr. Hans Reichhart (GZ) und Franz Pschierer/Martin Osterriede­r (UA) die Nachfolger­egelung für die Bundestags­kandidatur transparen­t und kollegial vorbereite­t. Herr Pschierer hatte zu jeder Zeit die Möglichkei­t, eigene Vorschläge einzubring­en, was er aber nicht getan hat.

Die persönlich­en Anschuldig­ungen weisen wir daher zurück.“Franz Josef Pschierer deutete gegenüber unserer Redaktion an, es habe auch zwei Interessen­ten von außerhalb gegeben. Die wurden aber in den Vorbereitu­ngen für die Kandidaten­nominierun­g nicht ins Spiel gebracht.

In der Presseerkl­ärung heißt es weiter, die Delegierte­nversammlu­ng in Neu-Ulm habe sich in einer demokratis­chen Abstimmung mit letztlich recht breiter Mehrheit für Alexander Engelhard als Kandidaten für die Bundestags­wahl entschiede­n, der seine tadellose berufliche wie politische Erfahrung mit vollem Engagement in den Wahlkampf einbringen werde. „Dabei unterstütz­en wir ihn.“

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Herbert Pressl
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F. J. Pschierer
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A. Engelhard
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T. Freudenber­ger

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