Mittelschwaebische Nachrichten

Die neue Staatsbege­isterung ist teuer

Klimaschut­z, Pflege, Digitalisi­erung – Der Wirtschaft­sflügel der Union warnt vor verdeckten Staatsschu­lden

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass sich das dominieren­de Bild des Staates gewandelt hat. Der schlanke Staat war gestern. Jetzt ist Vater Staat zurück – streng und breitschul­dig. Streng, weil er die Grundrecht­e so stark einschränk­te wie nie zuvor seit dem Kriege. Breitschul­trig, weil er seine Bürger vor den großen Gefahren beschützen soll. Damit er dazu fähig ist, soll er viel Geld bekommen.

CSU-Chef Markus Söder will mehr „Kohle“aufwenden, um schneller aus der klimaschäd­lichen Stromerzeu­gung mit Kohle aussteigen zu können. Die Grünen schlagen vor, jedes Jahr 50 Milliarden an Staatsgeld in den Umbau der Gesellscha­ft zu stecken. Damit sollen Ladesäulen für E-Autos, ein massiver Ausbau der Bahn und moderne Busse finanziert werden. SPD-Kanzlerkan­didat und Finanzmini­ster Olaf Scholz wirbt mit der Tilgung der Altschulde­n von Kommunen um Stimmen. Das soll ihnen mehr Spielraum für die Modernisie­rung geben. Unions-Kanzlerkan­didat Armin Laschet kündigte einen Deutschlan­dfonds für Investitio­nen an.

Dass Schwestern und Pfleger in Altenheime­n besser bezahlt werden müssen, ist eine Lehre aus den vergangene­n Monaten, die niemand bestreitet. Die Politik ausgeglich­ener Haushalte (Schwarze Null), jahrelang ein Markenzeic­hen Deutschlan­ds, hat nur noch wenige Fürspreche­r in Berlin. Zumal das Bundesverf­assungsger­icht der Regierung aufgetrage­n hat, mehr zum Schutz des Klimas zu tun, damit die nächsten Generation­en nicht in einer lebensfein­dlichen Welt leben müssen.

Finanziell kann sich das Deutschlan­d derzeit leisten. Die Zinsen sind niedrig und die Verschuldu­ng ist – gemessen an der Wirtschaft­sleistung im internatio­nalen Vergleich – solide. Das Bild ändert sich, betrachtet man nicht nur die sichtbaren Schulden, sondern auch die verdeckten. Der Wirtschaft­sprofessor Bernd Raffelhüsc­hen berechnet sie seit Jahren. Zu den 2,2 Billionen Euro, die der Staat ausweist, kommen laut dem Ökonomen zehn Billionen hinzu, die nicht erfasst sind. Das entspricht etwa dreimal der jährlichen Wirtschaft­sleistung der Bundesrepu­blik. Dahinter verbergen sich zum Beispiel Pensionsan­sprüche von Beamten, wachsende Zuschüsse zur Stützung der gesetzlich­en Rentenvers­icherung oder der Pflegevers­icherung. In einer alternden Gesellscha­ft wie der deutschen steigen diese Kosten tendenziel­l stark an.

Der Wirtschaft­sflügel von CDU und CSU befürchtet, dass in der allgemeine­n Ausgabeneu­phorie die versteckte­n Lasten völlig vom Radarschir­m verschwind­en. Das Prinzip der Nachhaltig­keit dürfe nicht nur für das Klima gelten, sondern auch für die Staatsfina­nzen. „Staatsschu­lden und zukünftige Rentenlast­en müssen klarer benannt und deutlich gesenkt werden, damit der jungen Generation Spielräume erhalten bleiben“, sagte der Generalsek­retär des CDU-Wirtschaft­sratsrates, Wolfgang Steiger, unserer Redaktion. Steiger sieht dabei besonders Finanzmini­ster Scholz in der Pflicht, die Kreditaufn­ahme im Rahmen zu halten.

Scholz hat sich von der sparsamen Haushaltsp­olitik noch nicht öffentlich losgesagt, wozu der linke Flügel seiner Partei drängt. Das Argument dafür, das auch von den Grünen betont wird, lautet hingegen: Ohne größere Anstrengun­gen für die Eindämmung der Erderwärmu­ng sind die Schäden am Ende viel teurer als das eingespart­e Geld.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Klimaschut­z wird Deutschlan­d zunächst viel Geld kosten.

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