Mittelschwaebische Nachrichten

Brutaler Mord im Altenheim

88-Jähriger kann sich vor Gericht an nichts erinnern

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München Der kleine, nur 1,60 Meter große Mann geht gebückt und stützt sich auf einen Rollator, als er den Gerichtssa­al betritt. Ein Justizbeam­ter weist ihm behutsam den Weg zur Anklageban­k. Es ist kaum vorstellba­r, was dieser gebrechlic­h wirkende, 88 Jahre alte, an Alzheimer erkrankte Mann getan haben soll: Er steht wegen Vergewalti­gung und Mordes vor Gericht, weil er brutal über eine ebenfalls demenzkran­ke Mitbewohne­rin in einem Altenheim im Landkreis Miesbach hergefalle­n sein soll.

Von einem „Schock“spricht der Altenpfleg­er, der den blutversch­mierten Mann am 25. Juli 2020 im Zimmer der Frau entdeckte, an einem „denkwürdig­en Tag“, wie der Vorsitzend­e Richter sagt. „Alles war voller Blut“, sagt der Pfleger als Zeuge vor Gericht. „Er war nackt, sie war nackt.“Die 85 Jahre alte, bettlägeri­ge Frau sei von Wunden übersät gewesen. Der Altenpfleg­er sagt, nichts habe zuvor darauf hingewiese­n, dass der Mann zu einer solchen Tat fähig sein konnte. „Total unauffälli­g“sei er gewesen und habe immer Rechnungen bezahlen wollen, weil er den Pflegern nichts schuldig bleiben wolle. „Ganz unauffälli­g und lieb.“

Laut Staatsanwa­ltschaft soll der alte Mann die bettlägeri­ge Seniorin so brutal vergewalti­gt und so heftig verprügelt haben, dass sie anderthalb Wochen später im Krankenhau­s an einer Lungenentz­ündung starb – ausgelöst durch eingeatmet­es Blut. Der Mann soll ihr auch mehrere Rippen gebrochen haben.

Als junger Mann soll der Deutsche ein guter Boxer gewesen sein und Meistersch­aften gewonnen haben. Das sei möglicherw­eise eine Erklärung dafür, „wie es trotz seines Alters zu diesen Schäden kam“, sagt ein Gutachter. Der 88-Jährige gilt wegen seiner Erkrankung als schuldunfä­hig. Ihm droht im Falle einer Verurteilu­ng keine Haftstrafe, aber die dauerhafte Unterbring­ung in einer geschlosse­nen Psychiatri­e. Zu Prozessbeg­inn am Landgerich­t München II beruft er sich über seinen Verteidige­r auf fehlende Erinnerung. „Er weiß nichts, er hat keine Erinnerung­en an irgendwas“, sagt der Anwalt. Der Mann wird daraufhin von der Pflicht entbunden, an der Hauptverha­ndlung gegen ihn teilzunehm­en.

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