Mittelschwaebische Nachrichten
Wirbel um WüstenWiesn
Nach der Absage des Oktoberfests gibt es den nächsten Aufreger: Zwei Geschäftsleute planen, das weltgrößte Volksfest in das Arabische Emirat zu verlegen. München sagt: Das geht nicht
München Sollen sie doch Oktoberfeste feiern, wo sie wollen! Auch wenn die Wiesn in diesem Jahr erneut abgesagt wurde – das Original ist und bleibt in München. Seit vielen Jahrzehnten steht die bayerische Landeshauptstadt, die das schönste, vielleicht sogar das größte, auf jeden Fall aber das internationalste Bierfest der Welt veranstaltet, auf diesem Standpunkt. Tausende Nachahmer gibt es auf der ganzen Welt: vom traditionellen Oktoberfest im brasilianischen Blumenau, das dereinst von deutschen Auswanderern ins Leben gerufen wurde, über Bierfeste im japanischen Tokio, im afrikanischen Namibia und nordamerikanischen Kanada bis hin zur australischen Baywatch-Variante, die von biertrinkenden Muskelmännern und spärlich mit Mini-Lederhose und knappem Top bekleideten Strandschönheiten beworben wird. So richtiges Wiesn-Feeling kommt da allerdings nirgendwo auf.
Mal fehlt es an der bayerischen Hausmannskost. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zum Beispiel erinnert sich mit einigem Grausen an ein Hendl mit Nudeln und Soße in New York. Mal wird ein geschmackloses Getränk als Festbier serviert, das in Bayern nicht einmal als alkoholfreies Radler durchgehen würde. Ein Münchner Wiesn-Chef kann da nur müde lächeln.
Jetzt allerdings ist den Hütern des Juwels der bayerischen Volksfestkultur das Lachen vergangen. Zwei findige Geschäftsleute wollten im arabischen Dubai, das bisher nicht als Dorado der alkoholgetriebenen Volkeslust bekannt wurde, nicht einfach ein weiteres gewinnbringendes Plagiat veranstalten. Mit dem Slogan „Oktoberfest goes Dubai“vermittelten sie den Eindruck, die Wiesn würde komplett von der Münchner Theresienwiese in die Wüste verlegt. Wirte-Urgestein Toni Roiderer erteilte dem dreisten Ansinnen gleich die größtmögliche Abfuhr: „Ich bin Wiesn-Wirt, kein Wüsten-Wirt.“Und Peter Inselkammer, Sprecher der Wiesn-Wirte, nannte das Vorhaben „eine Vergnügungspark-Fantasy-Veranstaltung, das kann überhaupt kein Ersatz sein“. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) stellte nüchtern fest, dass er einige Mühe habe, sich ein Volksfest vorzustellen, „bei dem das Volk selber nicht zugelassen oder nur am Rande beteiligt ist“. Münchens Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) aber sieht sich als WiesnChef herausgefordert.
Bereits kurz nach Bekanntwerden der Pläne teilte das Wirtschaftsreferat mit, dass die Veranstalter das Event in Dubai weder im Auftrag noch mit Zustimmung der Landeshauptstadt verfolgen. Die Stadt München behält sich laut Baumgärtner zudem juristische Schritte gegen das „Oktoberfest Dubai“vor. „Wir beobachten aus rechtlicher Perspektive genau, ob und was da passiert.“Baumgärtner selbst könne sich kaum vorstellen, wie auf einem arabischen Oktoberfest Alkohol ausgeschenkt und Schweinefleisch serviert werden sollte. „Ich will prüfen lassen, ob diese Veranstaltung zulässig ist oder nicht. Doch zu Einzelheiten des laufenden Verfahrens kann ich mich nicht äußern.“Ihm gehe es vor allem darum, die 200 Jahre alte Tradition seiner Heimatstadt zu schützen. „Ich würde mich als echtes Münchner Kindl titulieren“, sagt er stolz. „Ich werde alles dafür tun, um unser Brauchtum zu schützen, mit dem andere versuchen, Kasse zu machen.“
Für einige zusätzliche Verwirrung rund um die Diskussion über ein Dubaier Oktoberfest sorgte am Montag auch eine Meldung aus Spanien. Die dort ansässige EU-Behörde für geistiges Eigentum hatte nach fünf Jahren den Münchner Antrag auf Schutz der Marke „Oktoberfest“veröffentlicht. Geschützt werden soll der Begriff für 22 „Produktklassen“. Das heiße aber nicht, dass die Stadt München eine Lizenz oder Ähnliches an andere Veranstalter vergeben könne – wie einige Medien zuvor berichtet hatten –, stellte Wirtschaftsreferent Baumgärtner jetzt klar. „Genaueres darf ich aber nicht sagen. Das ist eine juristisch hochkomplexe Geschichte.“
„Ich bin WiesnWirt, kein WüstenWirt“