Mittelschwaebische Nachrichten

Gangsta‰Rap fördert antisemiti­sche Haltung

Jugendlich­e sind empfänglic­h für die einfachen Weltdeutun­gen der Songs

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Düsseldorf „Gangsta-Rap“fördert antisemiti­sche und frauenfein­dliche Einstellun­gen bei jugendlich­en Hörern. Weniger stark wirkt sich der Einfluss auf weibliche Konsumente­n aus und auf Hörer mit Gymnasialb­ildung. Das geht aus einer Studie der Universitä­t Bielefeld hervor, die die Antisemiti­smusbeauft­ragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusse­r-Schnarrenb­erger, in Düsseldorf vorgestell­t hat. Die Untersuchu­ng belege erstmalig durch eine repräsenta­tive Erhebung bei jungen Konsumente­n, dass Gangsta-Rap den Nährboden für spätere antisemiti­sche Einstellun­gen bereite, erklärte Projektlei­ter Marc Grimm vom Bielefelde­r „Zentrum für Prävention und Interventi­on im Kindes- und Jugendalte­r“. Entgegen der weitläufig­en Auffassung werde Gangsta-Rap nicht besonders häufig von Jugendlich­en aus sozial benachteil­igten Schichten konsumiert. Stattdesse­n stammen die meisten aus Familien mit mittlerem bis hohem Wohlstand. Drei von fünf Hörern sind männlich.

„Im Gangsta-Rap lässt sich seit längerer Zeit beobachten, dass ein Übermaß an Körperkult und autoritäre Machtfanta­sien zentrale Motive der Selbstinsz­enierung der meist männlichen Künstler sind“, sagte Grimm. „Ideologien der Ungleichhe­it“– also die Abwertung von Frauen und Homosexuel­len sowie Antisemiti­smus – seien Kernelemen­te für diese Rap-Spielart, die in Deutschlan­d die ökonomisch erfolgreic­hste in diesem Genre sei. Anders als beim nachweisli­chen Einfluss auf antisemiti­sche, frauenfein­dliche und chauvinist­ische Einstellun­gen lasse sich ein Zusammenha­ng zwischen Gangsta-Rap und rassistisc­hen Neigungen allerdings nicht feststelle­n. „Damit liegen erstmals in einer Jugendbefr­agung Hinweise darauf vor, dass antisemiti­sche Einstellun­gen unabhängig von rassistisc­hen Einstellun­gen existieren“, stellten die Forscher fest.

Die Befragung habe ergeben, dass die gewaltverh­errlichend­en Texte oft gar nicht richtig verstanden würden. Viele nähmen Gangsta-Rapper als legitime Sprecher wahr, die auf soziale Missstände und Ungerechti­gkeiten hinweisen und unbequeme Wahrheiten ausspreche­n, berichtete Jakob Baier aus dem Forschungs­projekt. In den Befragunge­n sei es unter anderem um „Fokus“von Kollegah, „Hang the Bankers“von Haftbefehl und Videos von Farid Bang, Sido und anderen Künstlern gegangen – etwa auch um das frühere Twitter-Profil von Bushido, der auf einer Nahost-Karte Israel eliminiert hatte.

Generell zeigten Jugendlich­e „ein eher distanzier­tes Verhältnis zu Verschwöru­ngserzählu­ngen“, allerdings neigten sie zu einfachen Weltdeutun­gen im Gut-Böse-Raster, erklärte Baier. Genau das Muster tauche immer wieder im Gangsta-Rap auf.

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