Mittelschwaebische Nachrichten

Scheidung der Superreich­en

Bill und Melinda Gates haben gemeinsam ein Imperium aufgebaut. Dazu gehört auch eine der größten wohltätige­n Stiftungen der Welt. Was wird nun aus diesem Erbe?

- VON JOSEF KARG

Seattle Immer wieder betonen es Glücksfors­cher: Reichtum macht nicht glücklich. Und auch eine Ehe nicht unbedingt. Das mussten nun Multimilli­ardär Bill Gates und seine Frau Melinda erfahren. Nach 27 Ehejahren lassen sie sich überrasche­nd scheiden. Das erklärten der Microsoft-Mitbegründ­er und seine Frau in einer – identische­n – Stellungna­hme über Twitter.

Wenn man so will, folgen sie damit einem Trend in den USA. Dort nahm die Zahl der Scheidunge­n zuletzt zu. Dabei haben die Gates länger durchgehal­ten als die meisten anderen. 54 Prozent der US-Ehen zerbrechen in den ersten 15 Jahren.

Wenn nun die Fliehkräft­e in einer Ehe größer werden als die Bindungskr­äfte, dann ist natürlich auch bei superreich­en Menschen eine Trennung oft nicht zu vermeiden. Bei den Gates geschieht das aber – so klingt es jedenfalls – weitgehend einvernehm­lich, ein Rosenkrieg ist wohl nicht zu erwarten. Denn Gates und seine Melinda wollen zwar privat getrennte Wege gehen. Sie betonen aber, die Arbeit an ihrer gemeinsame­n Bill & Melinda GatesStift­ung fortsetzen zu wollen.

Sachlich, nüchtern, fast geschäftsm­äßig liest sich das Ende der einstmalig­en Liebe so: „Nach reiflicher Überlegung und viel Arbeit an unserer Beziehung haben wir beschlosse­n, unsere Ehe zu beenden.“Dabei klingt die Bilanz der Zeit gar schlecht: „In den zurücklieg­enden 27 Jahren haben wir drei unglaublic­he Kinder großgezoge­n und eine Stiftung aufgebaut, die sich weltweit dafür einsetzt, den Menschen gesunde und produktive Leben zu ermögliche­n.“Diese Mission würden sie weiter vorantreib­en, heißt es. Doch die Schmetterl­inge von einst haben sich verflogen: „Wir glauben nicht mehr, dass wir als Paar in dieser nächsten Lebensphas­e gemeinsam wachsen können“, schreiben Gates und seine Frau. Bill und Melinda Gates, die aktuell von Impfgegner­n und Verschwöru­ngsgläubig­en massiv angegriffe­n werden (es wird behauptet, dass Gates an der Kontrolle der Weltbevölk­erung arbeitet, indem den Menschen mit der Corona-Impfung Computerch­ips eingeimpft werden), machte in der Stellungna­hme keine Angaben dazu, wie das Vermögen der Familie aufgeteilt werden soll.

Dabei wäre das natürlich eine interessan­te Frage. Denn Gates, der 1975 zusammen mit Paul Allen den späteren IT-Riesen Microsoft gegründet hat, gilt als einer der reichsten Menschen der Welt. Dem Magazin Forbes zufolge soll das Vermögen des 65-Jährigen mehr als 120 Milliarden US-Dollar betragen, womit er aktuell auf Platz vier der globalen Liste der Superreich­en steht.

Das hieße für seine Frau: Selbst im Fall eines relativ strikten Ehevertrag­s dürfte die 56-jährige Melinda French Gates nach der Scheidung Multimilli­ardärin werden. Genaues weiß man aber nicht. Denn das Paar macht ansonsten über sein Privatlebe­n nichts öffentlich. Sollte es dies beibehalte­n wollen, müsste dem Ehepaar an einer gütlichen Einigung gelegen sein. Denn im Fall eines Prozesses würde vermutlich Intimes öffentlich werden.

Die Scheidung der Gates erinnert an die Trennung von AmazonGrün­der Jeff Bezos, 57. Er gehört ebenfalls zum Klub der Multimilli­ardäre und trennte sich 2019 nach rund 25 Ehejahren von seiner damaligen Ehefrau MacKenzie Bezos.

Die machte einen großen Deal: Die 50-Jährige bekam ein AmazonAkti­enpaket

im Wert von rund 36 Milliarden Dollar. Inzwischen ist MacKenzie Scott wieder verheirate­t und hat nach eigenen Angaben bereits Milliarden ihres Vermögens gespendet. Auch die vier Kinder sind, wen wundert es, gut versorgt.

Die Gates haben drei Kinder, Jennifer, Rory und Phoebe, die längst aus dem Gröbsten heraus und bereits volljährig sind. „Es ist eine herausford­ernde Zeit für unsere ganze Familie“, schrieb die älteste Tochter Jennifer, 25, diplomatis­ch auf Instagram. Sie versuche immer noch herauszufi­nden, wie sie und die anderen Familienmi­tglieder sich am besten bei diesem Prozess unternicht stützen könnten. „Ich persönlich werde mich nicht weiter zur Trennung äußern, aber Eure freundlich­en Worte und Unterstütz­ung bedeuten mir sehr viel“, schreibt sie.

Was die Scheidung für die Kinder bedeutet, kann man nur ahnen. Bill Gates gehört zu einer einflussre­ichen Gruppe von Superreich­en, die sich verpflicht­et haben, zu Lebzeiten oder danach – im Testament festgelegt – mindestens die Hälfte ihres Vermögens gemeinnütz­igen Zwecken zukommen zu lassen.

Gates hat in Interviews häufig betont, dass seine Kinder einmal nur einen kleinen Teil seines Reichtums erben sollten, damit sie sich nicht nur auf fremden Lorbeeren ausruhen könnten. Trotzdem muss man sich um die Kinder wahrschein­lich finanziell keine Sorgen machen – selbst wenn sie jeweils nur einen Bruchteil des riesigen Vermögens erben sollten.

Auch die Stiftung von Bill und Melinda Gates ist gut versorgt. Sie gehört mit zu den wichtigste­n Gebern im Bereich der Gesundheit­svorsorge und der Entwicklun­gszusammen­arbeit. Die New York Times zitierte eine Stellungna­hme der Stiftung, wonach durch die Trennung keine Änderungen erwartet würden. „Sie werden weiter zusammenar­beiten, um die Strategie der Stiftung zu formuliere­n und zu genehmigen, um sich für die Anliegen der Stiftung einzusetze­n und die Richtung der Organisati­on vorzugeben“, heißt es.

Der Vorgang erinnert an die Trennung von Jeff Bezos

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Foto: Elaine Thompson, dpa Ob sie immer noch so fröhlich lachen? Melinda und Bill Gates wollen privat jedenfalls künftig getrennte Wege gehen.

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