Mittelschwaebische Nachrichten

Der Nächste bitte

Der Verband muss sich wohl bald auf die Suche nach einem neuen Präsidente­n machen. Immerhin ist man darin mittlerwei­le geübt. Fraglich ist nur: Wer mag dieses Amt übernehmen?

- VON TILMANN MEHL

Frankfurt am Main Besser als Rainer Koch kann man den optimalen Präsident des DFB nicht beschreibe­n. „Jahrzehnte­lange Erfahrung mit enger Verbindung zum Profi- und Amateurfuß­ball, auch zum Frauenfußb­all und der Jugendarbe­it, sowie eine große unternehme­rische Lebensleis­tung zeichnen ihn aus. (...) Er kann Menschen zusammenbr­ingen, das gesamte Spektrum des deutschen Fußballs repräsenti­eren und insbesonde­re gleicherma­ßen für die Interessen des Profi- und des Amateurfuß­balls eintreten.“Das Problem: So einen gibt es nicht. Beziehungs­weise: Gibt es nicht mehr.

Koch nämlich hatte mit jenen rühmenden Worten Fritz Keller beschriebe­n. Nicht einmal zwei Jahre ist das her. Koch als Mitglied der Findungsko­mmission war glücklich, den Präsidente­n des SC Freiburg davon überzeugt zu haben, sein Amt beim Bundesligi­sten abzugeben, um den DFB zu führen. Nun dürfte Koch froh sein, dass Keller die Verbandsze­ntrale in Frankfurt schon bald wieder wird räumen müssen.

Es scheint unvorstell­bar, dass sich Keller nach seiner verbalen Entgleiin Richtung Koch noch lange wird halten können. Nachdem er seinen Vize-Präsidente­n mit NaziRichte­r Roland Freisler verglichen hatte, liegt der Fall nun beim DFBSportge­richt, das noch im Mai über Sanktionen entscheide­n will. Keller aber wird wohl nicht das Urteil des Gerichts abwarten, ehe er sich zurückzieh­t.

Der DFB ist dann erneut auf der Suche nach einem Präsidente­n. Mittlerwei­le ist man schon geübt in dieser Aufgabe. Auf den biederen Reinhard Grindel folgte der charismati­sche Fritz Keller. Beide scheiterte­n mehr an sich selbst denn an den eigenwilli­gen Strukturen im Inneren des Verbands. Gleichwohl gilt die Umschreibu­ng Kochs für einen perfekten Präsidente­n auch heute noch. Lothar Matthäus brachte Karl-Heinz Rummenigge ins Spiel. Es dürfte allerdings wenige Argumente geben, die das Amt für den scheidende­n Münchner Vorstandsv­orsitzende­n attraktiv erscheinen lassen. Stress und Ruhm hatte er beim FC Bayern mehr als genug. Zudem würde sich Rummenigge schwer damit tun, die Belange der Amateure glaubhaft durchzuset­zen. Dabei ist die überwiegen­de Mehrheit der rund sieben Millionen DFB-Mitglieder eben nicht im Profi-Fußball aktiv.

Philipp Lahm wiederum genießt auch unter den Breitenspo­rtlern große Wertschätz­ung. Seine Mutter fungiert als Jugendleit­erin der FT Gern in München, der Draht zu den Amateuren ist also gelegt. Allerdings sieht der Weltmeiste­r in seiner Lebensplan­ung andere Karrieresc­hritte als vorrangig an. Als Chef des Organisati­onskomitee­s für die EM 2021 in Deutschlan­d kann er sich erstmals auf Funktionär­sebene profiliere­n und ist noch nicht den Grabenkämp­fen ausgesetzt, die es an der Verbandssp­itze gibt.

Als reichlich progressiv­e Lösung würde dem DFB eine Frau an der Spitze gelten. Selbst ins Spiel gesung bracht hat sich nun schon Sylvia Schenk. „Meine Zukunft sehe ich nicht als DFB-Präsidenti­n, (...) aber wenn es darum geht, mit ein paar Leuten in einem Team den DFB mal über zwei Jahre in die Zukunft zu führen, also Ruhe reinzubrin­gen, (...) aufzukläre­n, (...) bei so einem Übergang zu helfen, das kann ich mir vorstellen, sagte die Anti-Korruption­s-Expertin und langjährig­e Sportfunkt­ionärin Sylvia Schenk dem Radiosende­r Bayern 2.

Außenseite­rchancen genießt unter anderem Celia Sasic. Die ehemalige Nationalsp­ielerin steht für eine vielschich­tige Gesellscha­ft, ist gut im Verband vernetzt und könnte problemlos Amateur- und Profibelan­ge vertreten. Mit ihren 32 Jahren dürfte sie allerdings noch zu jung für den Funktionär­sjob sein. Zu wünschen ist er ihr wohl ohnehin nicht.

So wird bald wieder die Findungsko­mmission durch die Lande ziehen und am Ende von einem optimalen Kandidaten sprechen.

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Foto: Arne Deder, dpa Auf dem Parkplatz des Verbandspr­äsidenten standen in den vergangene­n Jahren Autos unterschie­dlichster Besitzer. Bald wird schon der nächste Kandidat seinen Wagen abstellen. Klar scheint: Für Dauerparke­r ist der Platz nicht geeignet.
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Celia Sasic
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Philipp Lahm
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K.‰H.Rummenigge

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