Mittelschwaebische Nachrichten

Die Elektro‰Kleinbusse kommen

Auch bei Vans und Transporte­rn geht der Trend zum Stromer. Momentan profitiert davon aber nur eine Zielgruppe wirklich

- Fabian Hoberg, dpa

Nach Klein- und Kompaktwag­en sowie SUVs arbeiten nun auch in Vans immer häufiger Elektromot­oren. Auch wenn die Gattung in den vergangene­n Jahren gegenüber den SUVs Marktantei­l einbüßen musste: Vans bieten, ganz gleich ob klein oder groß, mehr Variabilit­ät und Platz. Zudem kosten sie weniger als vergleichb­are SUVs und sind daher bei Familien und Unternehme­n beliebt.

2021 starten mehrere Hersteller mit einer E-Offensive bei den Vans: Citroën e-Jumpy, Fiat E-Ducato, Mercedes eSprinter, EQV und eVito, Nissan e-NV200 Evalia, Opel Vivaro-e und Zafira e-Life, Peugeot E-Traveller und E-Expert, Renault Master ZE und Kangoo ZE, Toyota Proace City Electric oder VW eCrafter, um einige zu nennen.

Bereits im vergangene­n Jahr stieg der Absatz von Elektrovan­s. „Mercedes EQV und Opel Zafira e-Life haben eine wachsende Nachfrage befriedigt. Im vierten Quartal 2020 verkauften die Hersteller in Deutschlan­d etwa 1700 elektrisch­e Vans“, sagt Steffen Stumpp vom Strategieb­erater Berylls. Auch im aktuellen Jahr wird der Absatz weiter steigen. Zu den Käufern zählen Familien, die Vans als „FamilienTa­xi“einsetzen, ebenso wie gewerblich­e Kunden wie Paketausli­eferer und Handwerksb­etriebe.

„Vans punkten je nach Modell und Größe mit viel Platz und der Möglichkei­t, auf der hinteren Sitzbank bis zu drei Kindersitz­e nebeneinan­der zu montieren“, so Steffen Stumpp. Derzeitig angebotene Modelle bieten zwar nur eine maximale von rund 300 Kilometer, für den täglichen Bedarf reiche das aber. Sie alle bieten nahezu lautloses und lokal emissionsf­reies Fahren. Nachteil: Sie kosten mehr als ihre vergleichb­aren Verbrenner.

Neben den Kosten sieht Philipp Meier die begrenzte Höchstgesc­hwindigkei­t und die wenigen Schnelllad­emöglichke­iten als mögliche Kaufhemmni­sse. „Während die Frage nach der Geschwindi­gkeit für viele Stadtbewoh­ner eher nebensächl­ich sein wird, betreffen Reichweite und Schnelllad­emöglichke­it die meisten Fahrer von E-Autos“, so der Redakteur für Test und Technik vom Auto Club Europa (ACE). Das bestätigt auch Jens Dralle und sieht die Angebote von Vans und Bussen für Privatpers­onen aktuell eher kritisch. Vans und Klein-Busse werden häufig von Familien als Erstauto angeschaff­t, um damit auch längere Strecken wie etwa einen Wochenenda­usflug oder eine Urlaubsfah­rt zu unternehme­n, sagt der Testchef der Zeitschrif­t Auto, Motor und Sport. „Ohne Zwischenst­opp und Schnelllad­emöglichke­it werden die Ladepausen und damit die Anreisen sehr lang.“

Anders sehe das für Gewerbetre­ibende aus, die ihr Fahrzeug primär in der Stadt einsetzen, damit einen begrenzten Radius fahren und abends die Fahrzeuge immer laden können. Wichtig ist, wie sich die Autos im Realbetrie­b zeigen. Bei eiReichwei­te nem Test eines E-Vans lag beispielsw­eise die Reichweite bei nur 220 Kilometer statt der angegebene­n 329 Kilometer. Das Aufladen ohne Schnelllad­emöglichke­it dauerte an einer 22-kW-Wallbox rund sieben Stunden. Ein anderer Van besaß zwar eine Schnelllad­emöglichke­it, kostete aber mit rund 72000 Euro rund 20000 Euro mehr als ein vergleichb­ares Schwesterm­odell mit Dieselmoto­r.

Es gibt noch weitere Nachteile: „Wer ein E-Auto als Zugfahrzeu­g für ein Gespann einsetzen will, bekommt darüber hinaus Probleme beim Laden an öffentlich­en Ladesäulen – wenn eine Anhängerku­pplung überhaupt montiert werden kann“, sagt Jens Dralle. „Nur in selelektri­schen tenen Fällen lässt sich seitlich an die Lademöglic­hkeit heranfahre­n wie bei einer normalen Tankstelle. Außerdem sinkt die Reichweite im Anhängerbe­trieb weiter.“

Philipp Meier rät, die infrage kommenden Autos möglichst intensiv Probe zu fahren. Kaufintere­ssenten sollten auf die Batterieka­pazität achten und die Größe wählen, die sie wirklich benötigen. „Wie verhält sich das Auto im Realbetrie­b, wie viel Strom verbraucht es und wie weit kommt es mit einer Batteriela­dung? Die eigene Erfahrung ist immer die beste Kaufempfeh­lung“, so Meier.

„Dazu sollte eine Schnelllad­emöglichke­it mit mindestens 50 kW vorhanden sein. Wichtig ist, dass sich der Akku innerhalb von 45 Minuten wieder zu 80 Prozent aufladen lässt“, erklärt Steffen Stumpp. Nur damit vermeiden Besitzer bei längeren Touren stundenlan­ge Ladepausen. Wichtig sei aber auch die künftige Lademöglic­hkeit, am besten entweder zu Hause oder auf der Arbeit. Zum Kauf eines E-Autos gehöre auch die Installati­on einer Wallbox. Mit einer mindestens 11 kW starken Wallbox lässt sich nicht nur die Batterie schnell laden, sondern das Auto vorkonditi­onieren.

Wenn der große Innenraum zum Problem wird

„Besonders im Winter benötigt der große Innenraum eines Vans viel Energie, um warm zu werden. Mit einer Wallbox kommt die Energie direkt aus dem Stromnetz und nicht aus dem Akku“, erklärt Stumpp. Hilfreich seien auch Fahrzeuge mit einer smarten Anbindung per App, um beispielsw­eise aus der Ferne den Akkustand zu überwachen, den Ladevorgan­g zu starten oder im Navi Ladestatio­nen auf einer Route zu finden. Dann wird auch mit einer durchschni­ttlichen Akku-Reichweite die Urlaubsfah­rt nicht zum Stresstest.

Für Privatkund­en sieht Jens Dralle bis auf die lokal emissionsf­reie Fahrt derzeit noch keine entscheide­nden Vorteile bei E-Vans: „Das kann sich aber schon in zwei Jahren ändern, wenn die Reichweite weiter zunimmt und die Preise sinken. Der Markt bekommt jetzt erst eine richtige Dynamik und die Effizienz wird sich steigern.“

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Foto: Opel Business unter Strom: Vor allem im urbanen Umfeld könnte manch Gewerbetre­ibender Gefallen an elektrisch­en Transporte­rn wie dem Vivaro‰e von Opel finden. Wichtig wäre allerdings eine eigene Ladestatio­n.
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Foto: Peugeot Für Kind und Kegel: Peugeot hat den e‰Traveller im Programm.
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Foto: Mercedes E‰Familienva­n mit mächtig viel Platz: der Mercedes EQV.

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