Mittelschwaebische Nachrichten
So hat sich die CSU im Kreis neu aufgestellt
In mindestens vier Ortsverbänden ist das Führungspersonal ausgetauscht worden. Dass dies eher im Verborgenen passiert ist, hat mit Kritik und Parteikalkül zu tun
Günzburg/Krumbach Bereits zu Beginn des Februars, noch vor der Maskenaffäre um die heimischen Politiker Georg Nüßlein und Alfred Sauter (damals beide noch CSU, Nüßlein ist inzwischen aus der Partei ausgetreten), haben die Christsozialen im Landkreis den Ärger manchen Bürgers auf sich gezogen. Denn im Februar wurden flächendeckend sogenannte Ortshauptversammlungen abgehalten, um Delegierte für die Nominierung des Bundestags-Direktkandidaten zu bestimmen. Und gleichzeitig sollten während dieser Präsenztreffen Ortsvorstände neu bestimmt werden.
Rechtlich verstoßen diese Treffen nicht gegen geltende Bestimmungen. Und dennoch sind sie in der Corona-Pandemie teils heftig kritisiert worden, schließlich lautet bis heute die oberste Maxime: Kontakte möglichst vermeiden.
Unvermeidlich aus Termingründen war die Wahl der Delegierten. Die Spitze des Ortsverbandes neu zu besetzen oder auch zu bestätigen – das musste zum damaligen Zeitpunkt nicht unbedingt sein. Die CSU in Jettingen-Scheppach verzichtete beispielsweise auf Neuwahlen des Vorstandes, die ursprünglich vorgesehen waren, nachdem die umfangreiche Tagesordnung bekannt geworden war (wir berichteten) und es Kritik gehagelt hatte.
Andernorts war der Fokus der Öffentlichkeit nicht so sehr auf diese Versammlungen gerichtet. Und dort fanden Vorstandswahlen statt.
So ist inzwischen nach Informationen unserer Zeitung in 21 von 27 Ortsverbänden gewählt worden und in mindestens vier davon sind neue Vorstände am Werk: Über den Wechsel in Günzburg (Philipp Rauner hat von Ruth Niemetz übernommen, die ihr Amt seit vergangenen Sommer ruhen ließ, weil sie sich auf die Aufgabe als Zweite Bürgermeisterin konzentrieren wollte) haben wir bereits berichtet. Dazu kommen (teilweise) Wechsel in Ichenhausen, Krumbach und Leipheim.
Normalerweise ist die CSU nicht zurückhaltend, sich Erfolge ihrer parteipolitischen Arbeit gut sichtbar ans Revers zu heften und auch personelle Veränderungen öffentlichkeitswirksam nach dem Motto „hier geht etwas voran“zu verkünden.
Doch diesmal ist alles anders. So war es kein Zufall und keine Nachlässigkeit, wie unsere Redaktion inzwischen weiß, dass in Günzburg die Neubesetzung nicht kommuniziert worden ist. In anderen Ortsverbänden ist ähnlich defensiv verfahren worden. Was aber steckt dahinter? Es ist eine Empfehlung des Kreisverbandes, nicht noch einmal Kritik auszulösen und den Ball möglichst flach zu halten. Aus diesem Grund sind die Wechsel ohne Aufhebens erfolgt.
„Ich habe es für richtig gehalten, dass wir das so machen“, erklärt der kommissarische CSU-Kreisvorsitzende Georg Schwarz auf Nachfrage. „Wir haben ja nichts Unrechtes getan und waren wegen der Wahl der Delegierten unter strengen Corona-Auflagen eh beisammen gesessen. Die Versammlungen haben, wo Ortsvorstände neu gewählt worden sind, vielleicht zehn, 15 Minuten länger gedauert.“
Gleichwohl könne er auch nachvollziehen, wenn in der Bevölkerung zum Teil die Ansicht vertreten worden sei, dass die CSU mit ihrem Verhalten kein Gespür für die Zeit der Pandemie an den Tag lege. „Den Hinweis, dass es die anderen Parteien genauso gemacht haben, spare ich mir“, sagt Schwarz.
Denn er weiß, dass die CSU mit rund 1200 Mitgliedern im Landkreis Günzburg mit Abstand die stärkste politische Kraft und ihre Wahrnehmbarkeit entsprechend groß ist. Also wurde nach der Devise gehandelt, nichts an die große Glocke zu hängen, „weil wir sonst ständig aus einer Defensivhaltung hätten agieren müssen“.
Bis heute sind auf der Homepage des CSU-Kreisverbandes Günzburg, wenn es um die Übersicht der Ortsverbände geht, die Namen der neuen Ortsvorsitzenden noch nicht genannt – und die alten nach wie vor in Amt und Würden. In den Onlineund Facebook-Auftritten der CSU vor Ort selbst sieht es dann schon wieder anders aus. Aber nicht überall. So hat unsere Redaktion im März darauf aufmerksam gemacht, dass Philipp Rauner der neue Günzburger CSU-Chef ist. Publik gemacht wurde das auf der Internetseite der Partei nach wie vor nicht, obwohl seit der Wahl zweieinhalb Monate vergangen sind. Die Landesleitung habe noch nicht die Zugangsdaten übermittelt, um etwas an den veralteten Angaben verändern zu können, begründet Rauner am Telefon. Und so begrüßt nach wie vor Ruth Niemetz als Günzburger CSU-Ortsvorsitzende die virtuellen Besucher und wirbt für ihre Partei – „damit nichts liegen bleibt“. Kontakt könne man aufnehmen an jedem ersten Samstagvormittag im Monat im Café Prado in Günzburg. Es steht zu vermuten, dass sich die Betreiber gefreut hätten, tatsächlich ihre Gäste im Café bewirten zu können.