Mittelschwaebische Nachrichten
Schule: So werden Lernlücken aufgefüllt
Im Landkreis Günzburg können Grund- und Mittelschüler noch nicht verinnerlichten Unterrichtsstoff auffrischen. Wie das funktioniert. Und was daran einzigartig ist
Landkreis Günzburg Dieses Schulprojekt ist nach Angaben der Initiatoren bayernweit bislang einzigartig: „Brückenangebot“heißt ein Förderprogramm von Landkreis und Schulamt, mit dem zahlreiche Grund- und Mittelschüler unterstützt werden.
Corona hat nicht zuletzt an den Schulen für ein ständiges Hin und Her gesorgt – bei Homeschooling, Distanz- und Wechselunterricht gingen häufig der Überblick und der Lernerfolg verloren. Nicht wenige Kinder und Jugendliche sind deshalb beim Lehrstoff ins Hintertreffen geraten.
Sie werden im Landkreis seit Ende April mit freiwilligem Nachhilfeunterricht, vor allem in den Kernfächern Deutsch und Mathematik, an den Grund- und Mittelschulen besonders gefördert. Dies sei schon jetzt ein Erfolgsmodell für alle Beteiligten, wurde während eines Pressegespräches in der Grundund Mittelschule Leipheim nun betont.
Der Bund hatte sich erst vorige Woche dazu durchgerungen, zusätzliches Geld für die Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler bereitzustellen. Landkreis und Schulamt haben sehr viel früher gehandelt. Ende Februar war in öffentlicher Sitzung der Kreishaushalt verabschiedet worden. Im anschließenden nicht öffentlichen Teil habe er den Mitgliedern des Kreistags erklärt, er brauche noch zusätzliches Geld – nämlich 70.000 Euro für das von Schulamtsdirektor Thomas Schulze angeregte „Brückenangebot“. Quer durch alle Fraktionen seien das Projekt und die Mittel genehmigt worden, erklärte Landrat Hans Reichhart jetzt.
Binnen weniger Wochen seien an vielen Grund- und Mittelschulen die organisatorischen und personellen Weichen für das Förderprogramm gestellt worden, sagte Schulamtsdirektorin Barbara Keppeler. Sie dankte allen Beteiligten. An elf der 26 Grundschulen im Landkreis werde der Förderunterricht bereits angeboten, zudem an vier der zehn Mittelschulen. Ziel ist es, das Förderprogramm an allen dieser Schulen umzusetzen. Obwohl Schulleitungen und Lehrkräfte wegen Corona am Anschlag seien, sei das Projekt bei vielen „ultraschnell“verwirklicht worden, stellte Keppeler erfreut fest. Ebenso überraschend wie erfreulich sei der Umstand, dass die Kinder und Jugendlichen freiwillig, engagiert und dankbar am zusätzlichen nachmittäglichen Förderunterricht teilnehmen.
Eine der Grund- und Mittelschulen, an denen das „Brückenangebot“Ende April bereits eingeführt wurde, ist die Schule in Leipheim. Gefördert werden dort vor allem Kinder und Jugendliche der 4. und 9. Klasse. Jeweils rund ein Viertel der Schülerinnen und Schüler beider Klassen ist wegen ihres Nachholbedarfs in das Programm aufgenommen worden, wie Rektorin Stefanie Schmid erklärte. „Schon jetzt sind klare Lernerfolge erkennbar. Da lacht das Schulleiterherz.“
Den Nachhilfeunterricht leisten vor allem Ehrenamtliche des Freiwilligenzentrums Stellwerk, der Mittagsbetreuungen und Schulbegleiter. Außerdem Lehramtsstudenten.
Drei solcher Lehramtsanwärterinnen sind an der Schule in Leipheim tätig – Dilara Capan aus Leipheim sowie die Schwestern Melina und Juliane Lederer aus Günzburg. Melina Lederer erklärte im Pressegespräch, sie betreue die Kinder seit rund zwei Wochen, alle seien „eifrig dabei“und wollten sich erkennbar verbessern. Auch für sie als künftige Grundschullehrerin („Mein Traumberuf“) sei der Förderunterricht „eine schöne und gute Erfahrung“.
Und das Ganze ist nach Angaben von Landrat Reichhart und Schulamtsdirektorin Keppeler auch finanziell eine gewisse Win-Win-Situation. Denn die ehrenamtlichen Lehrkräfte werden nach den in Vereinen geltenden Übungsleiterpauschalen vergütet. Namentlich für Studierende, denen wegen Corona die eine oder andere Einnahmequelle weggebrochen ist, bedeutet das ein willkommenes Finanzpolster.
Das Förderprogramm „Brückenangebot“ist zunächst bis 31. Dezember begrenzt. Damit können die Kinder und Jugendlichen aber auch im neuen Schuljahr 2021/2022 noch betreut werden.
Das sei vor allem für die Jüngeren wichtig. Landrat Hans Reichhart: „In der Grundschule wird die Basis gelegt.“Bund und Länder ziehen nun bei der Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler nach.
Sollten deren Mittel nicht ausreichen, den Nachhilfeunterricht über den Jahreswechsel hinaus zu verlängern, sei er zuversichtlich, dass der Kreistag weitere Mittel für Maßnahmen im Landkreis bereithalte, erklärte der Landrat – dies im berechtigten Interesse der benachteiligten Kinder und Jugendlichen, die wie alle anderen eine Zukunftschance verdient hätten. Denn, so die Leipheimer Rektorin Schmid: „Wir wollen nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist“.
Eine „ultraschnelle“Verwirklichung