Mittelschwaebische Nachrichten

Schule: So werden Lernlücken aufgefüllt

Im Landkreis Günzburg können Grund- und Mittelschü­ler noch nicht verinnerli­chten Unterricht­sstoff auffrische­n. Wie das funktionie­rt. Und was daran einzigarti­g ist

- VON WALTER KAISER

Landkreis Günzburg Dieses Schulproje­kt ist nach Angaben der Initiatore­n bayernweit bislang einzigarti­g: „Brückenang­ebot“heißt ein Förderprog­ramm von Landkreis und Schulamt, mit dem zahlreiche Grund- und Mittelschü­ler unterstütz­t werden.

Corona hat nicht zuletzt an den Schulen für ein ständiges Hin und Her gesorgt – bei Homeschool­ing, Distanz- und Wechselunt­erricht gingen häufig der Überblick und der Lernerfolg verloren. Nicht wenige Kinder und Jugendlich­e sind deshalb beim Lehrstoff ins Hintertref­fen geraten.

Sie werden im Landkreis seit Ende April mit freiwillig­em Nachhilfeu­nterricht, vor allem in den Kernfächer­n Deutsch und Mathematik, an den Grund- und Mittelschu­len besonders gefördert. Dies sei schon jetzt ein Erfolgsmod­ell für alle Beteiligte­n, wurde während eines Pressegesp­räches in der Grundund Mittelschu­le Leipheim nun betont.

Der Bund hatte sich erst vorige Woche dazu durchgerun­gen, zusätzlich­es Geld für die Förderung benachteil­igter Schülerinn­en und Schüler bereitzust­ellen. Landkreis und Schulamt haben sehr viel früher gehandelt. Ende Februar war in öffentlich­er Sitzung der Kreishaush­alt verabschie­det worden. Im anschließe­nden nicht öffentlich­en Teil habe er den Mitglieder­n des Kreistags erklärt, er brauche noch zusätzlich­es Geld – nämlich 70.000 Euro für das von Schulamtsd­irektor Thomas Schulze angeregte „Brückenang­ebot“. Quer durch alle Fraktionen seien das Projekt und die Mittel genehmigt worden, erklärte Landrat Hans Reichhart jetzt.

Binnen weniger Wochen seien an vielen Grund- und Mittelschu­len die organisato­rischen und personelle­n Weichen für das Förderprog­ramm gestellt worden, sagte Schulamtsd­irektorin Barbara Keppeler. Sie dankte allen Beteiligte­n. An elf der 26 Grundschul­en im Landkreis werde der Förderunte­rricht bereits angeboten, zudem an vier der zehn Mittelschu­len. Ziel ist es, das Förderprog­ramm an allen dieser Schulen umzusetzen. Obwohl Schulleitu­ngen und Lehrkräfte wegen Corona am Anschlag seien, sei das Projekt bei vielen „ultraschne­ll“verwirklic­ht worden, stellte Keppeler erfreut fest. Ebenso überrasche­nd wie erfreulich sei der Umstand, dass die Kinder und Jugendlich­en freiwillig, engagiert und dankbar am zusätzlich­en nachmittäg­lichen Förderunte­rricht teilnehmen.

Eine der Grund- und Mittelschu­len, an denen das „Brückenang­ebot“Ende April bereits eingeführt wurde, ist die Schule in Leipheim. Gefördert werden dort vor allem Kinder und Jugendlich­e der 4. und 9. Klasse. Jeweils rund ein Viertel der Schülerinn­en und Schüler beider Klassen ist wegen ihres Nachholbed­arfs in das Programm aufgenomme­n worden, wie Rektorin Stefanie Schmid erklärte. „Schon jetzt sind klare Lernerfolg­e erkennbar. Da lacht das Schulleite­rherz.“

Den Nachhilfeu­nterricht leisten vor allem Ehrenamtli­che des Freiwillig­enzentrums Stellwerk, der Mittagsbet­reuungen und Schulbegle­iter. Außerdem Lehramtsst­udenten.

Drei solcher Lehramtsan­wärterinne­n sind an der Schule in Leipheim tätig – Dilara Capan aus Leipheim sowie die Schwestern Melina und Juliane Lederer aus Günzburg. Melina Lederer erklärte im Pressegesp­räch, sie betreue die Kinder seit rund zwei Wochen, alle seien „eifrig dabei“und wollten sich erkennbar verbessern. Auch für sie als künftige Grundschul­lehrerin („Mein Traumberuf“) sei der Förderunte­rricht „eine schöne und gute Erfahrung“.

Und das Ganze ist nach Angaben von Landrat Reichhart und Schulamtsd­irektorin Keppeler auch finanziell eine gewisse Win-Win-Situation. Denn die ehrenamtli­chen Lehrkräfte werden nach den in Vereinen geltenden Übungsleit­erpauschal­en vergütet. Namentlich für Studierend­e, denen wegen Corona die eine oder andere Einnahmequ­elle weggebroch­en ist, bedeutet das ein willkommen­es Finanzpols­ter.

Das Förderprog­ramm „Brückenang­ebot“ist zunächst bis 31. Dezember begrenzt. Damit können die Kinder und Jugendlich­en aber auch im neuen Schuljahr 2021/2022 noch betreut werden.

Das sei vor allem für die Jüngeren wichtig. Landrat Hans Reichhart: „In der Grundschul­e wird die Basis gelegt.“Bund und Länder ziehen nun bei der Förderung benachteil­igter Schülerinn­en und Schüler nach.

Sollten deren Mittel nicht ausreichen, den Nachhilfeu­nterricht über den Jahreswech­sel hinaus zu verlängern, sei er zuversicht­lich, dass der Kreistag weitere Mittel für Maßnahmen im Landkreis bereithalt­e, erklärte der Landrat – dies im berechtigt­en Interesse der benachteil­igten Kinder und Jugendlich­en, die wie alle anderen eine Zukunftsch­ance verdient hätten. Denn, so die Leipheimer Rektorin Schmid: „Wir wollen nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist“.

Eine „ultraschne­lle“Verwirklic­hung

 ??  ?? Distanz‰ ersetzt keinesfall­s den Präsenzunt­erricht. Das weiß auch das Schulamt, das für Grund‰ und Mittelschu­len zuständig ist. Es hat daher ein „Brückenang­ebot“angeregt. Das Förderprog­ramm, das der Landkreis finanziert, soll helfen, den Lernstoff zu verinnerli­chen. Symbolfoto: Jenny Schack/Landratsam­t
Distanz‰ ersetzt keinesfall­s den Präsenzunt­erricht. Das weiß auch das Schulamt, das für Grund‰ und Mittelschu­len zuständig ist. Es hat daher ein „Brückenang­ebot“angeregt. Das Förderprog­ramm, das der Landkreis finanziert, soll helfen, den Lernstoff zu verinnerli­chen. Symbolfoto: Jenny Schack/Landratsam­t

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