Mittelschwaebische Nachrichten

Kinderporn­os: Mann zu Gefängnis verurteilt

Warum die Richterin keine Chance auf eine Bewährungs­strafe sieht, obwohl der 51-Jährige bislang straffrei lebte und als vermindert schuldfähi­g gilt

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg Als „unterste Schublade“bezeichnet­e die Richterin die Delikte des Angeklagte­n. Der 51-Jährige musste sich wegen Beschaffun­g und Weitergabe kinder pornografi­scher Fotos und Videos verantwort­en. Das brachte dem Mann eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ein, obwohl er als vermindert schuldfähi­g gilt.

Die Chance auf Bewährung hatte sich der Mann selbst genommen: Wenige Tage vor der Verhandlun­g beim Günzburger Amtsgerich­t war bei einer erneuten W oh nungs durchsuchu­ng wieder belastende­s Material entdeckt worden. Kurz vor der Urteilsver­kündung verbarg der Angeklagte­s ein Gesicht in den Händen, weinte still. Vermutlich hat er geahnt, was auf ihn zukommt.

Er muss für kriminelle Delikte büßen, wie sie im Zeitalter der Informatio­nstechnolo­gie zigtausend fach verübt werden.

Erst in der vergangene­n Woche haben Ermittler der Neu-Ulmer Kripo bei Durchsuchu­ngen unter anderem in Burg au kinder pornografi­sche Dateien auf Smart phon es, Tablets und Laptops entdeckt. Wie beim Angeklagte­n: Zwischen den Jahren 2017 und 2019 hatte der 51-Jährige mindestens 36 Fotos und fünf Videos übe reinen Internet Komm unikat ions dienst besorgt und an andere Chat-Teilnehmer.innen weiter geschickt.

Dateien mit Abbildunge­n teilweise oder völlig nackter minderjähr­iger Mädchen und Buben, die von der Staatsanwä­ltin in drastische­r Deutlichke­it beschriebe­n wurden. „Hinter jedem Bild steckt ein missbrauch­tes Kind“, machte Richterin Julia Lang dem Angeklagte­n unmissvers­tändlich klar, was sie davon hält.

„Ich habe eine Riesensche­iße gemacht, es tut mir furchtbar leid“, räumte der 51-Jährige aus einer Stadt im nördlichen Landkreis ein. Wie er an die Dateien kam, wisse er heute nicht mehr genau, „ich habe mir anfangs keine großen Gedanken gemacht“. Das nahm ihm die Richterin nicht ab, denn die Namen der Chatgruppe­n, sie erwähnte ein Beispiel, seien doch eindeutig genug.

Das Motiv des Angeklagte­n: Die Sexualität in seiner Ehe habe ihn nicht erfüllt, so habe er sich Befriedigu­ng auf diesem Wege beschafft. „Ich hoffe , sie wissen, was sie den Kindern angetan haben“, sagte die Richterin.

Offensicht­lich hat der 51-Jährige durch die bisherigen Ermittlung­en noch nicht die Finger von derartigen Abbildunge­n lassen können: Erneut wurden bei ihm bei einer weiteren Durchsuchu­ng zu Hause und am Arbeitspla­tz Datenträge­r sichergest­ellt, wie ein Beamter der Neu-Ulmer Kripo aussagte. Ein erster grober Überblick zeigte wohl pornografi­sches Material. Ob es strafbar sei, müsse erst eine forensisch­e Auswertung zeigen. Ein weiterer Fahnder sagte, dass der Mann sogar versucht habe, sich mit einer der minderjähr­igen Chatpartne­rinnen zu treffen, doch dazu kam es nicht. Er sei bereits in psychische­r Behandlung und werde weitere Schritte unternehme­n, um sein Leben in den Griff zu bekommen, sagte der Angeklagte. Eine Psychother­apeutin stellte in ihrem Gutachten eine vermindert­e Intelligen­z bei ihm fest. Der 51-Jährige hatte als Kind eine Hirnhauten­tzündung mit folgender Entwicklun­gsverzöger­ung und Verhaltens­auffälligk­eit. Nach einer zeitweisen Alkoholsuc­ht sei der Vater zweier erwachsene­r Söhne inzwischen jahrelang abstinent. Wegen seiner psychische­n Störung nimmt der Mann Antidepres­siva. Die Ärztin bescheinig­te dem Angeklagte­n eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit.

Trotz des Geständnis­ses und der Reue forderte die Staatsanwä­ltin wegen der „heftigen Bilder und Videos“und eines hohen Rückfallri­sikos eine Haftstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Nach Ansicht von Rechtsanwa­lt Walter Deistler (Günzburg) war das zu hoch. Sein Mandant habe bisher straffrei gelebt, sei voll geständig, kooperativ und einsichtig und befinde sich seit Jahren in ärztlicher Behandlung. Wegen der vermindert­en Schuldfähi­gkeit beantragte der Verteidige­r maximal ein Jahr und vier Monate, aber mit Bewährung wegen der günstigen Sozialprog­nose, denn der Mann habe seit 35 Jahren einen festen Arbeitspla­tz und sei familiär integriert. Davon war Richterin Lang jedoch nicht überzeugt. Sie verhängte eine Freiheitss­trafe von einem Jahr und sechs Monaten. Ohne die vermindert­e Schuldfähi­gkeit wäre das Urteil noch deutlich höher ausgefalle­n, wie sie nach der Verhandlun­g erwähnte. Die Richterin kreidete dem Angeklagte­n besonders an, dass ihm ein neues Verfahren mit gleichem Hintergrun­d drohe. Wegen dieses „Nachtatver­haltens“habe der Mann keine Chance auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

 ??  ?? Für die Beschaffun­g und Weitergabe kinderporn­ografische­r Fotos und Videos ist ein 51‰Jähriger aus dem nördlichen Landkreis Günzburg zu einer 18‰monatigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Mann gilt als vermindert schuldfähi­g. Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r
Für die Beschaffun­g und Weitergabe kinderporn­ografische­r Fotos und Videos ist ein 51‰Jähriger aus dem nördlichen Landkreis Günzburg zu einer 18‰monatigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Mann gilt als vermindert schuldfähi­g. Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r

Newspapers in German

Newspapers from Germany