Mittelschwaebische Nachrichten
Ministerium beschäftigt sich mit Kids & Company
Der Vize-Vorsitzende der Kinderkommission im Landtag, Johannes Becher, stellt Fragen. Wegen der Gewährung eines 390.000-Euro-Darlehens an den Trägerverein werden die Bezirkskliniken nun vom Innenministerium beraten
Günzburg Mit der Förderaffäre um die Günzburger Kita-Einrichtung Kids & Company hat sich nun auch das bayerische Sozialministerium beschäftigt, das für Kindertageseinrichtungen im Freistaat zuständig ist. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Johannes Becher wollte es genau wissen und stellte eine schriftliche Anfrage. Becher, der aus dem oberbayerischen Landkreis Freising kommt, ist Sprecher seiner Fraktion für kommunale Fragen und frühkindliche Bildung.
Nach Recherchen unserer Redaktion wurden wegen falscher Angaben des Trägervereins über Jahre hinweg insgesamt beinahe 390.000 Euro an Fördermitteln zu viel überwiesen, die Kids & Company vor einigen Wochen zurückzahlen musste. Detailliert hat das Landratsamt Günzburg in einem Bescheid aufgeschlüsselt, welche Kommune, welche Rückzahlung erwarten durfte.
Bedienen konnte der Verein die Städte und Gemeinden nur, weil die Bezirkskliniken Schwaben – einer der Nutzer der Kita – mit einem zinslosen Darlehen in dieser Größenordnung eingesprungen ist (wir berichteten).
Damit halfen die Bezirkskliniken in Person des Vorstandsvorsitzenden Stefan Brunhuber der Vereinschefin von Kids & Company, Stephanie Denzler, aus der Bredouille. Die CSU-Politikerin sitzt seit acht Jahren im schwäbischen Bezirkstag. Die Bezirkskliniken sind ein rechtlich eigenständiges Kommunalunternehmen des Bezirks. Mehrheitlich hat der neunköpfige Verwaltungsrat der Bezirkskliniken Brunhubers Vorgehen befürwortet. Denn mit dem gewährten Darlehen ist der Kauf des Kinderkrippen-Gebäudes verbunden. Das andere Haus (Kindergarten) gehört den Bezirkskliniken bereits. Die Frage ist, ob dieses Geschäft ausreichend abgesichert war. Der Verwaltungsrat wird sich nach Angaben der Bezirkskliniken am 20. Mai nochmals mit der Thematik beschäftigen.
Und was sagt das Sozialministerium als Vertreter der Staatsregierung auf Bechers Frage, wie man zur Gewährung eines zinslosen Darlehens ohne Sicherheiten durch die Bezirkskliniken Schwaben an den Trägerverein zur Rückzahlung der knapp 400.000 Euro steht? Nach Ansicht des Hauses von Ministerin Carolina Trautner (Augsburg) ist eine Darlehensauszahlung ohnehin nur zulässig, wenn sie im Zusammenhang mit der Erfüllung kommunaler Aufgaben steht. Einen „hinreichenden Bezug“sieht das Sozialministerium, da Mitarbeitende der Bezirkskliniken auf die Kinderbetreuungsmöglichkeiten angewiesen seien, um am Klinikstandort ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen zu können.
Die Mitarbeiter wiederum würden für die Erfüllung des Versorder Bezirkskliniken benötigt. Dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit dürfte „in Ansehung der konkreten Umstände“auch dann noch Rechnung getragen werden, wenn das Darlehen zinslos gewährt werde. Allerdings entspricht die Ausreichung eines Betrages von fast 390.000 Euro ohne angemessene Sicherheiten nicht mehr dem Gebot, finanzielle Risiken zu minimieren, zitiert das bayerische Sozialministerium die Bezirksordnung (Artikel 53, Absatz 3). Deshalb werde das Innenministerium als Rechtsaufsichtsbehörde die Bezirkskliniken beraten. Der Grünen-Abgeordnete Becher nennt es einen „dicken Hund, das Risiko eines Vermögensschadens eingegangen zu sein“.
Eine mögliche parteipolitische Verflechtung der Vereinsvorsitzenden Denzler und des Bezirkstagspräsidenten Martin Sailer, der in seinem Amt dem Verwaltungsrat der Bezirkskliniken vorsteht, „mögen andere beurteilen. Aber das alles passt in eine Reihe eklatanter Verfehlungen von CSU-Politikern im Landkreis Günzburg“, findet Becher. Der Vorstandschef der Bezirkskliniken, Brunhuber, sieht sich nach eigenen Worten in einem „positiven Dialog mit dem Innenministerium“. Ob er die Sicht des Sozialgungsauftrages ministeriums als Kritik wertet, wollte er nicht sagen und sich auch nicht zu Inhalten der Beratung äußern. Das hat dann das Innenministerium selbst auf Nachfrage unserer Redaktion am Freitagmittag getan. Danach hat es sich mit Schreiben vom 4. Mai an den Vorstandsvorsitzenden der Bezirkskliniken gewandt und zudem mehrere Telefonate mit ihm geführt. „Gegenstand der Beratungen ist die angemessene Absicherung des gewährten Darlehens durch geeignete Instrumente beispielsweise durch Grundpfandrechte oder Bürgschaften der anderen (nicht kommunalen) Mitglieder des Trägervereins der Kita.“
Der Trägerverein von Kids & Company hat in der Vergangenheit die fehlende Flexibilität des finanziellen Abrechnungssystems in der Tagespflege für Kinder kritisiert und als Fehlerquelle identifiziert. Ein Eindruck, den Becher, der stellvertretende Vorsitzende der Kinderkommission im Bayerischen Landtag nicht teilt. Bei diesen Abweichungen von gebuchten (und damit auch geförderten) und tatsächlich genutzten Zeiten „handelt es sich nicht um einen Fehler im System, sondern um einen Fehler vor Ort“, wie er sagt.
Ein „Fehler“, der strafrechtlich sanktioniert werden kann? „Sollten sich Anhaltspunkte für eine Straftat ergeben, wird das Landratsamt die notwendigen Schritte einleiten“, schreibt das Sozialministerium. Nach der jüngsten Auskunft der Kreisverwaltungsbehörde ist sie bislang nicht tätig geworden.