Mittelschwaebische Nachrichten
Eine der Besten am Eufonium
Lena Wieser hat es zum Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“geschafft. Wie dieser bei Corona abläuft und wie die Burgauerin so weit gekommen ist
Burgau Normalerweise wäre Lena Wieser nach Bremen beziehungsweise Bremerhaven gefahren. Dort würde Ende Mai der 58. Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“– er steht unter der Trägerschaft des Deutschen Musikrats – ausgetragen und die 15-jährige Burgauerin würde live und vor einer Jury mit ihrem Eufonium auftreten. Die gestiegenen Inzidenzwerte hatten Anfang April aber zu der Entscheidung geführt, dass dieser nur als Videowettbewerb stattfinden kann.
„Anfangs war da noch ein bisschen Hoffnung, letztendlich aber hat man es sich denken können, dass der Wettbewerb nicht in Präsenz stattfinden kann“, erzählt Lena, die die zehnte Klasse des St.-ThomasGymnasiums Wettenhausen besucht. Enttäuscht sei sie schon, nachdem bereits der Landeswettbewerb im März habe digital stattfinden müssen. Bei diesem hatte Lena einen ersten Platz erreicht und sich damit die Fahrkarte zum Bundeswettbewerb erspielt. Markus Putzke, Musiklehrer am Gymnasium, hatte sie am Flügel begleitet. Das hätte er gerne auch in Bremen oder in Bremerhaven getan, war ihm aber vom Termin her nicht möglich. „Zum damaligen Zeitpunkt stand ja noch nicht fest, wie der Bundeswettbewerb stattfindet, und ich brauchte einen Pianisten für beide Optionen: entweder im hohen Norden vor der Jury oder irgendwo bei uns im Schwäbischen und digital“, erzählt Lena. Über eine glückliche Verbindung fand sich diese mit Viktor Soos. Hergestellt hatte sie Rainer Hauf, der Lena am Gymnasium seit der fünften Klasse Einzelunterricht erteilt. Viktor Soos studiert in Lübeck Klavier, hatte schon mehrmals bei „Jugend musiziert“teilgenommen und einmal den ersten Platz erreicht. Konzertreisen haben ihn inzwischen bis nach Tokio, Moskau und Los Angeles geführt. Der 24-Jährige erklärte sich sofort bereit, Lena zu begleiten, nachdem er sich damals zufällig in Augsburg aufhielt. Hätte der Wettbewerb in Präsenz stattgefunden, wäre er eben von Lübeck nach Bremen oder Bremerhaven gefahren.
Inzwischen sind die Stücke für den Bundeswettbewerb auf Video aufgezeichnet – im Thomassaal des Gymnasiums und noch rechtzeitig, bevor die Corona-Regelungen strenger wurden. „Dann wäre es schwierig gewesen“, erzählt Lena und fährt fort: „Ich bin total zufrieden mit mir.“Beim Barockstück „Sonata No. 1 in F major“(Benedetto Marcello) habe gleich die erste Aufnahme gepasst. Die „Brillante Phantasie“(Jean-Baptiste Arban) sei mit ihren vielen Variationen wahnsinnig schwierig gewesen. Dafür habe sie „Brokien Rhapsody“(Cédric Vergère) noch nie so gut gespielt wie zuvor, sie habe die Läufe richtig auf den Punkt gebracht. „Victor Soos hat mich ganz klasse begleitet und es hat Spaß gemacht. Aber jetzt bin ich erleichtert.“
„Lena ist richtig cool an die Sache herangegangen und hat wunderbar gespielt“, fügt Soos hinzu. Der Bundeswettbewerb, sozusagen die letzte Stufe, sei eine tolle Sache, vor allem mit einem Instrument wie dem Eufonium, das ja nicht so häufig gespielt werde wie Geige oder Klavier. Rainer Hauf bestätigt: „Es ist einwandfrei gelaufen, Lena ist bei 98, vielleicht sogar bei 99 Prozent ihres Top-Levels gelandet.“
Ende Mai wird die Jury über die besten Musiker entschieden haben. Aber wie schafft man es bis zum Bundeswettbewerb, wo sich nur die Besten präsentieren? Für Lena war es ein langer Prozess, dem vor allem die intensive Unterstützung ihres Instrumentallehrers Rainer Hauf zugrunde liegt – auch außerhalb des regulären Unterrichts. Zunächst waren es die Vorspiele an der Schule, bei denen Lena ihr musikalisches Talent bewies. 2017 führte Rainer Hauf sie zum Solo-Duo-Landeswettwettbewerb des Bayerischen Blasmusikverbands (BBMV) nach Würzburg. Begleitet wurde sie von der Pianistin Maria Fey aus Dillingen. Lena erreichte zwar nur den zweiten Platz, aber allein die Erfahrungen, die sie dabei sammeln konnte, gaben ihr Sicherheit. Vor einem Jahr begannen die Vorbereitungen für „Jugend musiziert“, erneut in akribischer Zusammenarbeit mit Rainer Hauf und erschwert durch Corona. Dazu zählte vor allem die gemeinsame Auswahl der Musikstücke aus verschiedenen Epochen und anhand entsprechender Literatur vom Anhören bis zur selbstständigen Ausarbeitung und Interpretation. „Die Werke müssen zum Wettbewerb passen“, erklärt Hauf, der Lena unterstützte und Tipps gab.
Warum eigentlich Eufonium? Das Instrument ähnelt dem Bariton oder Tenorhorn, ist aber größer und hat einen deutlich volleren und dunkleren Klang. „Mir hat das Eufonium von allen Instrumenten am besten gefallen, aus dem habe ich am leichtesten einen Ton herausgebracht“, sagt Lena und lacht. Damals war sie sechs und nahm anschließend Unterricht. Mit neun spielte sie im Jugendblasorchester Burgau, seit 2017 in der Jugendkapelle des Musikzentrums Mindeltal, inzwischen auch beim Blasmusikverein Jettingen. Am Gymnasium gehört sie seit der fünften Klasse dem Orchester an und trat in den verschiedensten Ensembles bei zahlreichen Anlässen auf. Eines jedoch trübt ihre fröhliche Art ein wenig: „Es finden keine Proben statt und es gibt keine Auftritte. Das tut schon sehr weh“, sagt Lena. Auf die Frage, wie ihre musikalische Zukunft aussehen könnte, antwortet sie: „Ich will auf jeden Fall etwas mit Musik machen, vielleicht auf Lehramt oder etwas Ähnliches. In einem großen Orchester zu spielen, das wäre natürlich ein Traum und schon das Absolute.“
Lena Wieser ist aus dem nördlichen Landkreis Günzburg die einzige Musikerin, die am Bundeswettbewerb teilnimmt. Im südlichen Landkreis gibt es einen weiteren Teilnehmer – ebenfalls am Eufonium.