Mittelschwaebische Nachrichten
Geht der Gastronomie das Personal aus?
Endlich sind die Gaststätten nach dem Lockdown wieder geöffnet im Landkreis Günzburg. Doch gibt es auch genügend Menschen, die das Essen zubereiten und den Gästen servieren? Ein Stimmungsbild aus der Branche
Landkreis Günzburg
„Gott sei Dank“ist der meistgehörte Ausspruch von Gastwirten im Landkreis Günzburg, wenn man sie derzeit nach ihrer Ausstattung mit Personal fragt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit nämlich beschäftigte das Hotel- und Gaststättengewerbe zum Jahreswechsel nur noch 1,39 Millionen Menschen. Genau ein Jahr zuvor – vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie – waren es noch 1,66 Millionen gewesen. Damit haben innerhalb von zwölf Monaten 16,5 Prozent der Beschäftigten die Branche verlassen.
Die Redaktion hörte sich in der Gastronomie im Landkreis Günzburg um, ob die Betriebe hier in der Region ebenfalls mit Abwanderungen ihrer Arbeitskräfte zu kämpfen haben und die Kellnerin zum Beispiel an die Supermarktkasse gewechselt ist, weil ihr Job dort trotz Corona-Lockdown sicher wäre.
„Abwanderungen haben wir Gott sei Dank nicht“, sagt Gerhard Ringler, Inhaber des Gasthofs mit Hotel „Traubenbräu“in Krumbach. Inklusive Minijobber arbeiten bei ihm rund 20 Personen.
„Wir haben eine gute Mannschaft, die Spaß hat bei der Arbeit“, sagt Ringler. In der Lockdown-Zeit gab es auch bei ihm Kurzarbeit, doch habe man den Lohn der Beschäftigten auf fast das Netto von vor der Corona-Krise aufgestockt. Allerdings sei es ein allgemeines Problem in der Gastro-Branche, dass Fachkräfte fehlten, „und es ist schlimmer denn je“. Das sehe man schon an den wenigen, die man für eine Ausbildung gewinnen könne. Einen Azubi hat Ringler im Berufsfeld Hotelfachmann/-frau, im Beruf Koch/Köchin finde man keinen. Da suche er derzeit noch. Die Basis des Problems sei, dass man zu wenig Fachkräfte ausbilde in der Branche. Es sei auch schon vor Corona schwierig gewesen, Fachkräfte zu finden. Auch einen Koch sucht Ringler noch.
Er hat momentan zwei und steht auch selber in der Restaurantküche. Ein dritter sei nicht unbedingt notwendig, aber gute Leute dürfe man sich nicht entgehen lassen, denn wenn doch mal einer gehe, dann stehe man da mit plötzlichem Personalmangel.
Auch Enrico Banno, mit Giuseppe Tumbarello Mitinhaber der Brauereigaststätte „Zum Rad“in Günzburg, freut sich, dass „wir unser altes Personal noch haben in Service und Küche“. Es sind sechs Angestellte dort. Und Heinrich Welscher von der Inhaberfamilie des Gasthofs Adler in Ichenhausen sagt auch: „Abwanderungen gibt es bei mir Gott sei Dank nicht.“
Er habe in der Lockdown-Phase Essen zum Mitnehmen anbieten und dann immer mal durchgewechselt, wer von den Beschäftigten zum Arbeiten kommen durfte. Er hat zehn bis zwölf Arbeitskräfte. Teilweise hätten sich diese Nebenjobs gesucht, seien aber als 450-Euro-Kräfte doch noch bei ihm geblieben.
Krumbad-Geschäftsführer Peter Heinrich sagt: „Gott sei Dank ist alkönnen les Personal noch an Bord.“Er hat sogar zwei befristete Arbeitsverhältnisse in unbefristete verwandelt. Jeweils ungefähr zehn Beschäftigte arbeiteten im Krumbad in Service und
Küche. Seit Januar habe man wieder Reha-Gäste beherbergen dürfen, da gab es dann auch ein Gastro-Angebot für diesen internen Kreis. Die Bedingungen waren etwas erschwert, denn man biete für Frühstück und Abendbrot eigentlich ein Buffet an. Das wurde zunächst auf ein bedientes Buffet hinter Plexiglasscheiben umgewandelt, aber jetzt serviere man seit der dritten Corona-Welle vorbereitete Einzelteller mit der Option eines Nachschlags. Für die Beschäftigten habe es auch einmal einen Corona-Bonus gegeben im vergangenen Sommer, als man auch Kurzarbeit hatte. Im Moment seien alle wieder voll beschäftigt.
Beschäftigt sind in der SerwaysRaststätte Burgauer See derzeit nur die fest angestellten Kräfte. 13 sind das an der Zahl. Man habe auch Kurzarbeit gehabt in LockdownZeiten. Zehn 450-Euro-Kräfte habe man einst gehabt, die meisten hätten sich aber in der Zwischenzeit andere Jobs gesucht, sagt die Storemanagerin, die teils noch Kontakt mit den Leuten habe, sagt sie der Redaktion. Es sei weniger los als früher, sowohl was Lkw-Fahrer als Besucher angehe wie auch sonstige Durchreisende. Sie könne sich das geänderte Besucherverhalten auch nicht erklären.
Ein geändertes „Weggehverhalten“bei den Menschen hat eine in der Günzburger Gastronomie arbeitende Frau außerdem bei den Gästen festgestellt. Die Leute hätten es sich in der Corona-Zeit daheim schöner gemacht und Zusammenkünfte mit Freunden ins Private verlegt.
Sie hat an den Öffnungszeiten ein bisschen gedreht und macht an manchen Tagen nun früher zu. Personalmangel ist einer der Gründe. Vor allem Mini-Jobber seien in der Corona-Zeit weggegangen. Die Gründe dafür liegen aber nicht unbedingt im Abwandern in andere Jobs. Teils bekommen Servicekräfte Kinder und kümmern sich um die eigene Familie, teils brauchen die einst Beschäftigten das Geld nicht mehr unbedingt, teils stocken sie in ihrem Hauptberuf Arbeitszeit auf. Einmal wurde auch von einer Frau berichtet, die eine Ausbildung im Krankenhaus macht, um aus der Gastrobranche heraus zu kommen. An neue Mini-Jobber, die wirklich qualifiziert seien, sei schwer zu kommen, klagen verschiedene Wirte. Meist würden sich nur Schüler oder Studenten zur Aushilfe bewerben. Die könnten noch nicht selbstständig arbeiten, wie eine Servicekraft, die bereits Erfahrung in der Gastronomie habe. „Gott sei Dank“sind aber die Festangestellten dageblieben, freuen sich einige der Gastronomen.
Und da ist er wieder, der Stoßseufzer aus vollem Herzen: „Gott sei Dank“.