Mittelschwaebische Nachrichten
Was hat Michael Tojner mit Premium Aerotec vor?
Der Varta-Investor Michael Tojner hat Interesse an einem Einstieg beim Augsburger Luftfahrtzulieferer Premium Aerotec. Nachdem sein E-Mail-Verkehr mit dem früheren Finanzchef des Unternehmens öffentlich wurde, hat er Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt
Michael Tojner sitzt in seinem Büro über den Dächern von Wien. Am Vortag war der österreichische Industrielle und Varta-Investor noch beim Kitesurfen am Neusiedler See. Es sei stürmisch gewesen, sagt er. Mit Gegenwind muss der 55-Jährige derzeit auch bei seinen Plänen leben, den ihm mehrheitlich gehörenden Luftfahrtzulieferer Montana Aerospace durch Zukäufe nach vorne zu bringen. Sein Interesse am Augsburger Wettbewerber Premium Aerotec stößt bei der Gewerkschaft IG Metall auf Gegenwehr.
Herr Tojner, der Wechsel des Premium-Aerotec-Finanzchefs Kai Arndt zu Montana Aerospace hat für Wirbel gesorgt. Das Magazin Business Insider beruft sich auf Quellen, nach denen Herr Arndt Ihnen per E-Mail geheime Unterlagen über seinen Ex-Arbeitgeber Premium Aerotec hat zukommen lassen. Ja, Sie sollen Anfang Juni in einem intensiven Mail-Austausch mit ihm gestanden haben. Was ist da dran?
Michael Tojner: Ich werde diese Vorwürfe sicher nicht so stehen lassen – es geht um meine Reputation und die eines erfolgreichen Unternehmens mit fast 5000 Arbeitsplätzen. Wir gehen von kriminellen Machenschaften aus und haben Strafanzeige in Deutschland und Österreich erstattet. Für uns ist klar: Mein Computer wurde gehackt, um an Schriftverkehr heranzukommen, der jetzt aus dem Zusammenhang gerissen und an Medien gespielt wird.
Wer könnte ein Interesse daran haben, Sie zu hacken? Vielleicht ein Konkurrent, der auch Gelüste auf die Übernahme von Premium Aerotec verspürt?
Tojner: Ich weiß es nicht. Obwohl, ein Konkurrent? Ausschließen kann man das nicht. Ich bin jedoch felsenfest davon überzeugt, dass es nicht die Gewerkschaft IG Metall war.
Das wäre ein Krimi, wenn ein Konkurrent so weit ginge, Sie zu hacken.
Tojner: Wer könnte sonst an so etwas Interesse haben als ein Konkurrent? Auf alle Fälle liegt mir der Mensch und Luftfahrt-Experte Kai Arndt am Herzen, den ich sehr schätze. Jeder, der für ihn bei Airbus gearbeitet hat, weiß, dass er ein großartiger, geradliniger Mann ist. Dass Kai Arndt zu uns gefunden hat, ist auch dem Engagement des ehemaligen Airbus-Vorstands Tom Williams zu verdanken, mit dem ich mir den Aufsichtsratsvorsitz bei Montana Aerospace teile.
Wie ist der Wechsel von Herrn Arndt zu Ihnen konkret abgelaufen?
Tojner: Herr Arndt hat, nachdem sich der in Aussicht gestellte TopJob bei Airbus für ihn überraschend zerschlagen hatte, bei Tom Williams angerufen und gesagt, er würde jetzt noch einmal für ein Gespräch über eine Vorstandstätigkeit bei Montana Aerospace zur Verfügung stehen. Wenige Tage später war er bei uns in Wien. Nachdem wir uns grundsätzlich über einen Wechsel geeinigt haben, habe ich den Airbus-Vorstand darüber informiert, dass Kai Arndt zu uns kommen möchte. Danach wurde er bei Premium Aerotec sofort freigestellt, schließlich sind Montana Aerospace und Premium Aerotec Geschäftspartner. Wir fertigen Flugzeugteile im Auftrag des Augsburger Unternehmens.
Doch Sie hatten schon im Februar zu ihm Kontakt.
Tojner: Das ist richtig. Ich habe ihm als Geschäftsführer von Premium Aerotec im Februar Montana Aerospace vorgestellt, weil ich vorher nie Kontakt hatte. Beiläufig habe ich gesagt, dass wir bei Montana Aerospace einen Chief Operating Officer suchen. Er hat damals abgelehnt, weil er die Stelle bei Airbus Deutschland in Aussicht hatte. Danach gab es bis Ende Mai keinen Kontakt mehr zwischen ihm und mir.
Doch es gibt Kritik daran, dass Herr Arndt Ihnen wohl kurz nach seiner Kündigung mehrere Dossiers über Premium Aerotec zukommen ließ und unter anderem ein halbes Dutzend Führungskräfte bewertet hat. Auch soll er geschrieben haben, das Verhältnis von Arbeitern und Schlipsträgern sei katastrophal bei Premium Aerotec.
Tojner: Ich möchte festhalten, dass wir keine Interna ausgetauscht haben, sondern Erfahrungen und Einschätzungen. Das ist nicht unanständig und passierte alles, nachdem Kai Arndt schon gekündigt hatte und freigestellt war. Kai Arndt hat etwa darauf hingewiesen, dass bei Premium Aerotec zwischen Gewerkschaftern und dem Management zum Teil eine ruppige Stimmung herrsche. Es ist schlimm, dass dies jetzt aus dem Zusammenhang gerissen und an die Öffentlichkeit gezerrt wurde.
Dennoch kommen die Bemerkungen von Herrn Arndt bei der Gewerkschaft nicht gut an. So kritisierte IG-MetallVorstand Jürgen Kerner: „Man muss den Kopf schütteln, schließlich wechselt hier ein Schlüssel-Mitarbeiter, der alle Zahlen im Kopf hat, zur Konkurrenz, ja, zum möglichen Käufer der Einzelteilefertigung.“
Tojner: Kai Arndt ist wirklich ein Vorzeige-Manager und in der ganzen Branche geschätzt. Er ist ehrlich und vollkommen loyal. Er hat sich hochgearbeitet – vom Lehrling bis zum Vorstand. Er hat überhaupt keine Firmengeheimnisse an mich weitergegeben. Anderslautende Behauptungen sind eine bewusste Lüge. Ich schließe aus, dass bei den internen Ermittlungen gegen ihn irgendetwas Nachteiliges herauskommt.
Hand aufs Herz: Haben Sie schon Verhandlungen mit der Airbus-Führung über einen Verkauf von Premium Aerotec an Sie geführt?
Tojner: Es gab nie formelle Verhandlungen über einen Verkauf von Premium Aerotec an Montana Aerospace. Es gab maximal Gespräche über Konzepte. Wir wurden also von Airbus gefragt, ob wir unter Umständen daran interessiert sein könnten, wenn der Konzern die Produktion von Teilen outsourcen würde. Darauf haben wir als einer der größten Zulieferer von Premium Aerotec Konzepte entwickelt.
Es gab also Vorgespräche.
Tojner: Wir sind als wichtiger Zulieferer immer in einem regen Austausch. Vor der Corona-Krise, als das Geschäft boomte, kam Premium Aerotec mit dem Produzieren der Teile nicht mehr nach. Diese Überkapazitäten haben wir abgedeckt. Wir wurden früher auch gefragt, ob wir, wenn Premium Aerotec noch mehr Teile outsourct, diese Produktion übernehmen können. Wir waren dazu bereit.
Wenn Airbus Sie morgen fragen würde, ob Sie Premium Aerotec kaufen wollen, wie würden Sie antworten?
Tojner: Wir sind immer bereit. Wir wären ein guter Partner für Premium Aerotec.
Sie sind an einem Einstieg interessiert?
Tojner: Wir haben Interesse an einer langfristigen Partnerschaft mit Premium Aerotec. In welcher Form muss man sich gemeinsam anschauen. Wir sind auch zufrieden, wenn Premium Aerotec im AirbusVerbund verbleibt.
Nix ist also fix, wie man in Wien sagt.
Tojner: Genau. Wenn Airbus Teile von Premium Aerotec oder die ganze Firma verkaufen will, wird es wohl Gespräche mit mehreren Interessenten geben. Wir werden dann einer dieser Interessenten sein. Unser vorrangiges Ziel ist es, dass wir die IG Metall davon überzeugen, dass uns mit Premium Aerotec in Augsburg in Süddeutschland eine zweite Varta-Erfolgsstory gelingen kann. Varta mit Standorten in Ellwangen und Nördlingen wurde ja eigentlich von den Verkäufern aufgegeben. Bei der Varta haben wir die Zahl der Mitarbeiter von rund 1500 auf jetzt etwa 4000 gesteigert. Ich strecke also auch, was Premium Aerotec betrifft, die Hand Richtung Gewerkschaft aus. Es geht im Leben immer nur mit einem Miteinander. Bei Varta waren die IG-Metall-Vertreter damals auch nervös. Sie fragten sich, wer dieser Herr Tojner sei.
Und heute?
Tojner: (lacht) Jetzt wissen sie, wer ich bin. Man braucht es ja nur in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nachzulesen, welcher Mittelständler in Deutschland am meisten Mitarbeiter einstellt. Das ist Varta – mit langfristigen, sicheren Arbeitsplätzen für qualifizierte Facharbeiterinnen und Facharbeiter.
Warum werden Sie dann, was ein Engagement bei Premium Aerotec betrifft, von vielen Seiten attackiert?
Tojner: Das ist eine konzertierte Attacke. Natürlich bin ich kein Deutscher, sondern Österreicher. Aber vor allem Europäer. Und ich bin natürlich auch als sehr dynamischer Unternehmer ein beliebtes Angriffsziel. Doch eines ist klar und durch Varta belegt: Montana Aerospace wäre ein sehr guter Partner für Premium Aerotec. Und wir würden auch anbieten, den Hauptsitz eines möglichen künftigen großen Luftfahrtzulieferers in Deutschland anzusiedeln. Wir würden also die heutige Zentrale von Montana Aerospace in der Schweiz aufgeben.
Ziehen Sie dann mit der Firma nach Augsburg um?
Tojner: Das hängt sehr vom Konzept von Airbus ab, aber warum nicht.
Würden Sie nach einem Einstieg Jobs in Augsburg streichen?
Tojner: Nicht notwendigerweise. Eines steht fest: Mit dem Stanzen von Stahlteilen werden wir in Hochlohnländern wie Österreich, Deutschland und der Schweiz auf Dauer nicht bestehen können. In Deutschland müssten unter dem Strich aber nicht zwingend Mitarbeiter wegfallen, wenn wir intensiv auf neue Technologien und Projekte setzen. Wir würden im Fall eines Einstiegs bei Premium Aerotec mit der Gewerkschaft eine Vereinbarung schließen und uns verpflichten, etwa in Augsburg zu investieren und Zukunftsthemen anzupacken. Deswegen müsste auch die Wartung von Passagier- und Frachtflugzeugen in Augsburg überlegt werden. Das ist ein interessantes Geschäft. Flugzeuge könnten dann – je nach Größe – in Lagerlechfeld bei Augsburg oder am Flughafen Augsburg landen. In Lagerlechfeld ist Premium Aerotec schon heute mit einem Werk vertreten.
Michael Tojner, 55, ist Mehrheits eigentümer und Aufsichtsratsvor sitzender des Batterieherstellers Var ta AG. Der doppelt promovierte Österreicher baut mit Montana Aero space einen führenden europäi schen Luftfahrtzulieferer auf. (sts)