Mittelschwaebische Nachrichten
Begeisterung, die über Alpenpässe trägt
Die Alko-Radsportfreunde sind in den vergangenen 30 Jahren unter anderem über das Stilfser Joch und die Großglockner-Straße geradelt. Was den besonderen Geist der Gruppe ausmacht
Landkreis Günzburg
Großglocknerstraße, Stilfser Joch: Immer wieder fallen im Gespräch die Namen dieser geradezu legendären Alpenpässe. Sie stehen für die Begeisterung, die die Teilnehmer der Alko-Radsportfreunde seit mittlerweile 30 Jahren trägt.
Die Firma Alko, eines der bedeutendsten Unternehmen im Landkreis Günzburg, wurde im Jahr 1931 durch Alois Kober (1908 bis 1996) als kleine Schmiede in Großkötz gegründet. Im Bereich Fahrzeugtechnik (mittlerweile ein eigener Firmenbereich), aber beispielsweise auch Rasenmähern und in der Lufttechnik ist die Firma weltweit erfolgreich. Doch es ist sozusagen der „Geist der Schmiede“, der viele Mitarbeiter intensiv an „ihre Firma“bindet – und das oft jahrzehntelang.
Dafür stehen beispielsweise der 73-jährige Robert Köhler aus Waltenhausen und der 68-jährige Hans Ordosch aus Kötz, der bis zu seiner Pensionierung 49 Jahre für Alko tätig war, bei Köhler waren es 39 Jahre. Und dafür stehen auch die AlkoRadsportfreunde, deren Anfänge 30 Jahre zurückliegen.
Köhler (früher Leiter für den Bereich Test und Versuch) und Ordosch (lange koordinierte er die Alko-Öffentlichkeitsarbeit) erinnern sich an die Anfänge. Nach einem Fußballturnier sei die Idee gekommen, eine Radsportgruppe zu gründen. Damals, Anfang der 90er-Jahre, dachte wohl niemand, dass daraus im besten Sinn eine lange Geschichte werden würde. Die Idee war, bei Radtouren auch Firmenstandorte von Alko im benachbarten Ausland wie etwa in Österreich zu besuchen. So führte die erste Tour nach Zell am Ziller. Jetzt, rund 30 Jahre später wurde die Tour (rund 400 Kilometer in vier Tagen) wiederholt.
Köhler und Ordosch würdigen immer wieder die Unterstützung des langjährigen Firmenchefs Kurt Kober (1936 bis 2015). Bei der ersten Tour sei er mit dem Rad 170 Kilometer von Kötz bis Benediktbeuren mitgeradelt – und dies mit Cordbundhose und Flanellhemd, eine Art „Jägerbekleidung“. Was für die Jagd gut sei, sei auch für das Radfahren geeignet, sagte er. Doch die Strapazen hätten „unseren tapferen Chef bereits vor dem Abendessen in die Federn gezwungen“, denken Köhler und Ordosch zurück. Die körperliche Herausforderung suchen die Alko-Radler in den folgenden Jahren durchaus. Immer wieder sind sie über hohe und höchste Alpenpässe wie etwa das Stilfser Joch (2758 Meter) in Südtirol/Italien und die GroßglocknerHochalpenstraße (2504 Meter) in
unterwegs. Mitunter erreichen sie während ihrer mehrtägigen Touren die Passhöhen im Regen oder gar im Schneetreiben. Hans Ordosch erinnert sich an Alphornklänge am Schweizer Oberalppass (2044 Meter). „So etwas vergisst man nie.“
Es sind nicht zuletzt auch solche gemeinsam gemeisterten Herausforderungen, die über Jahrzehnte hinweg einen besonderen Gruppengeist begründen. In der Gruppe können die Teilnehmer mit Rennrad, Mountainbike oder Trekking-Rad in unterschiedlichen Geschwindigkeiten fahren. Nicht sportlicher Wettbewerb, sondern die GemeinÖsterreich samkeit steht im Vordergrund. Und natürlich das gesellige Beisammensein in den jeweiligen Zielorten. Die Touren führen die Teilnehmer nach Italien, in die Schweiz, nach Österreich oder auch durch Tschechien.
Planer der Touren ist Robert Köhler, der bereits seit Ende der 70er-Jahre (oft mit dem Rennrad) über die großen Pässe der Alpen fährt.
In Frankreich fuhr er die „Route des Grandes Alpes“zwischen dem Genfer See und Nizza über die hohen französischen Alpenpässe Iseran (2770 Meter), Galibier (2646 Meter) und Bonette (2715, die Cime de la Bonette führt gar auf 2802 Meter hinauf). Seine Radlererfahrung bringt Köhler, der auch schon als Marathonläufer (unter anderem in Berlin 1993) unterwegs war und den höchsten Berg Südamerikas (Aconcagua, 6961 Meter, 1989) bestiegen hat, Jahr für Jahr in die Tourenplanung für die Gruppe ein.
Hans Ordosch kümmert sich um die jeweiligen Quartiere, Wolfgang Dirr steuert den Begleitbus, Peter Wegscheider ist gewissermaßen der Kassenwart. Schon lange dabei ist auch Betriebsarzt Dr. Dr. Wolfgang Stolle. Köhler und Ordosch nennen als wichtige Stützen der Gruppe unter anderem auch Roland Kober, Erhard Kroha, Roland Unterstab, Alois Alt, Max Duschl und Michael Seitz. Häufig dabei war auch Köhlers Frau Zenta. Viele der Teilnehmer sind inzwischen pensioniert. Helmut Eisele, 79, der frühere Produktionsleiter, radelt noch mit dem E-Bike mit. Michael Seitz, der jüngste Teilnehmer, ist Jahrgang 1974. Hans Ordosch hat die Touren in einer akribischen Aufzeichnung festgehalten. Wenn Köhler und Ordosch über die Fahrten sprechen, dann ist auch rasch zu spüren, welches detaillierte geografische Wissen man sich durch Radtouren aneignen kann. Dazu gehört auch eine Stadtrundfahrt per Rad durch Salzburg. So mancher Teilnehmer sei während der Fahrten auch mal falsch abgebogen und es sei mitunter gar nicht einfach gewesen, den Betroffenen wieder aufzufinden – vor allem in einer Zeit, in der es noch kein Handy gab. Diverse Plattfüße und Speichenbrüche gab es natürlich auch. Aber routinierte Radler wissen sich in solchen Situationen in der Regel rasch und präzise zu helfen.
Der Schrofenpass (1688 Meter) im deutsch-österreichischen Grenzgebiet bei Einödsbach/Oberstdorf wurde von einer MountainbikeGruppe tragend und schiebend überwunden. 2005 war das.
„Ja, wir sind doch ein bisschen älter geworden“, sagen Ordosch und Köhler. Die Etappen sind mitunter kürzer als in früheren Jahren. Aber ihre Geschichte möchten die AlkoRadler noch lange fortsetzen.