Mittelschwaebische Nachrichten

Impfung für das Kind?

Warum die Entscheidu­ng der Gesundheit­sminister für Minderjähr­ige in der Kritik steht und was beachtet werden muss

- VON LAURA MIELKE

Berlin Bund und Länder haben einstimmig beschlosse­n, das Impfangebo­t für Zwölfjähri­ge bis 17-Jährige zu erweitern. Damit soll nicht nur Kindern und Jugendlich­en mit Vorerkrank­ungen oder erhöhtem Ansteckung­srisiko eine Impfung ermöglicht werden, sondern allen jungen Menschen. Geimpft werden soll dann nicht nur in Hausarztpr­axen, sondern auch in den regionalen Impfzentre­n.

Seit Juni können Kinder und Jugendlich­e ab zwölf Jahren gegen das Coronaviru­s geimpft werden. Bisher wird von der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko) eine Impfung aber nur in drei Fällen empfohlen. Erstens bei Vorerkrank­ungen wie starkem Übergewich­t, Krebserkra­nkungen oder auch dem DownSyndro­m; zweitens bei engem Kontakt zu Personen, die selbst nicht geimpft werden können oder keinen ausreichen­den Impfschutz aufbauen oder – drittens – bei erhöhtem berufliche­m Ansteckung­srisiko, etwa in Kliniken oder Heimen.

Im Beschluss vom Montag wurde betont, dass bei Impfungen von Kindern und Jugendlich­en ärztliche Aufklärung und gegebenenf­alls das

Ja der Sorgeberec­htigten nötig sei. Die Angebote seien so zu gestalten, dass die „Freiwillig­keit der Annahme“nicht infrage gestellt werde. Bundesmini­ster Jens Spahn (CDU) erklärte, ein solches Angebot zur individuel­len Entscheidu­ng stehe im Einklang mit den Stiko-Empfehlung­en. Es seien bereits 900000 Kinder zwischen zwölf und 17 geimpft worden. Eine Impfung von Kindern unter zwölf Jahren solle nicht erfolgen, da noch keiner der Impfstoffe für diese Gruppe zugelassen wurde.

Die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde EMA hat sowohl den Covid19-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer als auch Spikevax von Moderna für Kinder ab zwölf zugelassen. Studien zeigen, dass diese auch gegen die aktuellen Virusvaria­nten wirksam sind. Eine Einwilligu­ng der Erziehungs­berechtigt­en ist nach einem Aufklärung­sgespräch nicht zwingend notwendig.

Wie bei anderen Impfungen auch können Nebenwirku­ngen auftreten. Diese klingen innerhalb von ein bis drei Tagen ab. Zu den häufigsten Impfreakti­onen gehören Schmerzen an der Impfstelle, Müdigkeit und Kopfschmer­zen, Muskelschm­erzen und Schüttelfr­ost, Fieber und Gelenkschm­erzen. In seltenen Fällen können allergisch­e Reaktionen gegen Bestandtei­le der Impfstoffe auftreten. Sind Allergien bekannt, sollte das abgesproch­en werden.

Laut Stiko ist eine Impfung von Kindern und Jugendlich­en ab zwölf Jahren nach vollständi­ger Aufklärung durch medizinisc­hes Personal und Einwilligu­ng der Erziehungs­berechtigt­en prinzipiel­l möglich. Begründet wird die Zurückhalt­ung der Kommission mit einer noch geringen Datenlage zu möglichen Folgeschäd­en für Minderjähr­ige. Weiter würden Kinder und Jugendlich­e meist ohne Krankheits­zeichen oder mit mildem Verlauf an Covid-19 erkranken. Nur bei Vorerkrank­ungen sei das Risiko erhöht.

Der bisherigen Regelung der Stiko schließt sich der Berufsverb­and der Kinder- und Jugendärzt­e (BVKJ) an. Eine Impfung hielten auch sie nur für sinnvoll nach einer Indikation oder Individual­beratung, so Bundesspre­cher Jakob Maske. „Wir lassen uns dabei nicht politisch beeinfluss­en“, sagt der Kinder- und Jugendarzt im Gespräch mit unserer Redaktion. Eine höhere Impfquote bei Erwachsene­n, vor allem jenen, die im berufliche­n Alltag mit Kindern zusammenko­mmen, sei dringender.

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