Mittelschwaebische Nachrichten
Der Mehrkampf fasziniert
Endlich! Ab morgen finden die Mehrkämpfe statt. Als ehemalige Leichtathletin und große Schwester eines Stabhochspringers bin ich natürlich Fan der Leichtathletik. Und der Mehrkampf fasziniert mich besonders. Ab morgen heißt es wieder mitfiebern mit den „Allroundern“der Leichtathletik. Die Zehnkämpfer werden ja gerne als „Könige der Athleten“bezeichnet – warum bezeichnet man die Siebenkämpferinnen eigentlich nicht als Königinnen? Ich fände es fair und angemessen.
Bekommen Sie alle Disziplinen zusammen? Da wären am ersten Tag beim Zehnkampf der Männer die 100 Meter, der Weitsprung, das Kugelstoßen, der Hochsprung und die 400 Meter. Am zweiten Tag: die 110-Meter-Hürden, der Diskuswurf, der Stabhochsprung, der Speerwurf und das 1500-MeterRennen. Brutal!
Beim Siebenkampf der Frauen stehen an Tag eins die 100 Meter, der Hochsprung, das Kugelstoßen und die 200 Meter an. Am zweiten Tag folgt der Weitsprung, der Speerwurf und die 800 Meter.
Was den Mehrkampf so besonders macht? Zumeist sind Leichtathletinnen und Leichtathleten Spezialisten in einer Disziplin und damit Werfer, Springer, Sprinter oder Mittelstreckler. Eine Vielfalt technischer Disziplinen abzudecken erfordert nicht nur besondere koordinative Fähigkeiten, sondern macht auch ein umfangreiches und abwechslungsreiches Training nötig. Der Wettkampf schließlich zieht sich über zwei Tage, in denen man sich nicht nur immer wieder auf eine neue Disziplin einstellen, sondern auch Erfolge und Misserfolge zügig verarbeiten muss. Man muss sich ständig neue Ziele setzen und ist nebenbei auch noch taktisch gefragt, um Kräfte zu schonen und auch die Konkurrenz im Auge zu behalten. Was für ein anspruchsvolles mentales Anforderungsprofil!
Da ist es wichtig, den sportpsychologischen Werkzeugkoffer gut zu bestücken: Bewegungsvorstellungen für jede Disziplin, dazu die passenden, technisch relevanten Selbstinstruktionen und Wettkampf-Routinen. Selbstinstruktionen helfen auch, Emotionen zu regulieren. Eine Forschungsarbeit zeigt zum Beispiel, dass Wut und Ärger über weniger gut Gelungenes eine sehr häufig geschilderte Emotion bei Zehnkämpfern ist. Das klingt erst einmal verwunderlich, jedoch lässt sich Ärger durchaus nutzen, wenn man ihn zunächst zulässt und dann als positive Energie für den nächsten Versuch umsetzt.
Das klappt zumeist bei (schnell)kraftbetonteren Disziplinen wie Kugelstoßen besser als etwa beim Diskuswurf, wo die Technik eine größere Rolle spielt.
Neben der Emotionskontrolle ist vor allem die Umstellungsbereitschaft gefragt. Da hilft eine einfache Regel aus der Krisenforschung: Lösungsorientierung statt Schuldzuweisung: Der letzte Versuch ist missglückt – abhaken, der nächste wartet und will besser gemacht werden! Liverpools deutscher Fußball-Trainer Jürgen Klopp würde sagen: Kümmer’ dich um das, was du ändern kannst. Und so bietet der Mehrkampf zahlreiche Gelegenheiten neue Bestleistungen zu erzielen und/oder sich gegen innere und äußere Widerstände durchzusetzen – oder anders gesagt: hinfallen, aufstehen und Krone richten, weitergehen! Noch etwas macht den Mehrkampf so faszinierend: die kollegiale Stimmung unter den Sportlerinnen und Sportlern.