Mittelschwaebische Nachrichten
OlympiaTalk mit Sprachwitz und Sachverstand
Der Augsburger Sportmoderator Gerhard Leinauer präsentiert mit Turn-Star Fabian Hambüchen die Sendung „Big in Japan“. Wie und warum das Format in München und nicht in Tokio produziert wird
München Gut zwei Drittel aller 336 Medaillenentscheidungen bei den Olympischen Spielen in Tokio sind gefallen, doch Eurosport-Moderator
Gerhard Leinauer aus Augsburg hat seinen persönlichen olympischen Moment schon längst gefunden. „Vier von Vier! Der Kanuslalom! Dass die Augsburger Slalomkanuten in all ihren Wettkämpfen eine Medaille geholt haben, das war unfassbar für mich und ist mein absolutes Highlight. Ich bin in meinem Sportstudium ebenfalls schon mal den Eiskanal im Zweier runtergefahren und habe für den Radiosender RT.1
übertragen. Deswegen ist das für mich etwas ganz Besonderes“, erzählt der Sportjournalist.
Seit dem Start der Spiele moderiert Gerhard Leinauer für Eurosport
zweimal täglich die Olympia-Sendung „Big in Japan“. Ein Format, mit dem sich der auf reine Sportübertragungen spezialisierte Sender auf neues Terrain begeben hat – und damit laut Quoten und Publikumsreaktionen großen Erfolg hat. Denn Leinauer hat in diesem Mix aus Talkrunden, aktuellen Einspielern und unterhaltsamen Hintergrundberichten mit Turn-Olympiasieger Fabian Hambüchen einen kongenialen Partner mit Sprachwitz, aber auch sportlichem Sachverstand an der Seite. Die beiden spielen sich in lockerem Plauderton die Bälle zu und stellen Fragen, die auch das Publikum auf der WohnzimmerCouch beschäftigt. „Das Feedback ist sehr gut, weil es ein für Eurosport
überraschendes Format ist, in seiner Ausführlichkeit, der Lockerheit und der Entertainment-Schiene. Das Empathische, aber auch der Flachs, den Fabi und ich miteinander haben. Das kommt an als entspannte Olympia-Show“, sagt Leinauer, der am Format selbst mitgetüftelt hat.
Doch was so spielerisch aussieht, ist das Ergebnis harter Arbeit, einer ausgefeilten Technik und dem Know-how von rund 160 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der deutschen Sendezentrale in München-Unterföhring. Auf zwei Stockwerke verteilen sich in dem Gebäude am Mediapark die ReporterRäume, in denen Expertinnen und Experten für die jeweiligen Sportarten nahezu rund um die Uhr live die olympischen Wettkämpfe kommentieren. Zu ihnen gehören unter anderem Zehnkämpfer Rico Freimuth, der Schwimmer Thomas Rupprath, die Slalomkanutin Jasmin Schornberg oder der Handballer Pascal Hens.
„Eurosport sendet die Olympischen Spiele in 50 Ländern in Europa, in elf Ländern haben wir lokale Studios“, berichtet Pressesprecher Dominik Mackevicius. Bis zu 27 Wettbewerbe hätten in Tokio bisweilen gleichzeitig stattgefunden. „Und wir müssen aus der Fülle dieser Events die speziellen Momente für die Zuschauer herausfinden. Dabei ist das nur die Spitze eines großen Eisbergs“, zitiert Mackevicius schmunzelnd einen seiner Kollegen.
Dass für die Spiele in Tokio nahezu die komplette Eurosport-Belegschaft von München aus arbeitet, ist der Corona-Pandemie geschuldet. Auch Leinauer und Hambüchen hat es erwischt. Eigentlich war geplant gewesen, „Big in Japan“auch wirklich aus Japan zu senden. „2019 hatten wir mit unserem Olympiachef schon alles geplant: eine Hochzeitslocation im elften Stock mit Blick auf die Rainbow Bridge von Tokio. Das wäre unser Studio geworden, direkt neben dem deutschen Haus“, schwärmt Leinauer.
Doch Corona veränderte alles. „Es ist sehr schade, aber eben einfach unverrückbar. Es war eine sehr vernünftige Entscheidung von Eurosport, weil es ja das ganze Lockere mit den Athleten, die kommen und gehen, eh nicht gibt. Wir verpassen also nichts.“
Stattdessen nun also das Studio in Unterföhring. Ein Raum, kaum größer als eine Gymnastikhalle. Ganz in Grün gehalten, diese Bluescreen-Box, in der nur der Moderatorentisch steht, umringt von Kameraleuten. Der Rest wird virtuell eingespielt oder auch „teleportiert“, wie die Fachleute hier sagen. Der japanische Garten, die Pflanzen und mitunter eben auch die Gesprächspartner aus Tokio wie die Olympiasieger Alexander Zverev oder Malaika Mihambo. Vier Kameras setzen die Akteure in Szene, die Sendeleiterin zählt die Sekunden, bis Hambüchen und Leinauer „on air“gehen. Im Regieraum nebenan ist die Anspannung vor den mehr als 20 Bildschirmen ebenso groß wie die Professionalität. Hier entscheidet Regisseur Daniel Meadows innerhalb von Sekunden, wer bei der Livesendung als Nächstes zugeschaltet wird, ob ein Beitrag rausfliegt oder ob Hambüchen und Leinauer noch eine Minute länger plaudern müssen. „Am Abend nach der letzten Sendung sitzen wir dann immer noch zusammen und entwerfen schon den nächsten Tag. Ab Mittag ackert dann die Redaktion, um alle Themen zusammenzustellen“, beschreibt Leinauer den Ablauf.
Am Sonntag enden für ihn und seine Kollegen die anstrengenden, aber auch aufregenden OlympiaTage von Tokio. Doch das Eurosport-Team hat schon das nächste Großereignis im Visier. „Zu den Olympischen Winterspielen in Peking 2022 sind es schließlich keine 200 Tage mehr“, blickt Pressechef Mackevicius schon in die Zukunft.