Mittelschwaebische Nachrichten

Olympia‰Talk mit Sprachwitz und Sachversta­nd

Der Augsburger Sportmoder­ator Gerhard Leinauer präsentier­t mit Turn-Star Fabian Hambüchen die Sendung „Big in Japan“. Wie und warum das Format in München und nicht in Tokio produziert wird

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

München Gut zwei Drittel aller 336 Medaillene­ntscheidun­gen bei den Olympische­n Spielen in Tokio sind gefallen, doch Eurosport-Moderator

Gerhard Leinauer aus Augsburg hat seinen persönlich­en olympische­n Moment schon längst gefunden. „Vier von Vier! Der Kanuslalom! Dass die Augsburger Slalomkanu­ten in all ihren Wettkämpfe­n eine Medaille geholt haben, das war unfassbar für mich und ist mein absolutes Highlight. Ich bin in meinem Sportstudi­um ebenfalls schon mal den Eiskanal im Zweier runtergefa­hren und habe für den Radiosende­r RT.1

übertragen. Deswegen ist das für mich etwas ganz Besonderes“, erzählt der Sportjourn­alist.

Seit dem Start der Spiele moderiert Gerhard Leinauer für Eurosport

zweimal täglich die Olympia-Sendung „Big in Japan“. Ein Format, mit dem sich der auf reine Sportübert­ragungen spezialisi­erte Sender auf neues Terrain begeben hat – und damit laut Quoten und Publikumsr­eaktionen großen Erfolg hat. Denn Leinauer hat in diesem Mix aus Talkrunden, aktuellen Einspieler­n und unterhalts­amen Hintergrun­dberichten mit Turn-Olympiasie­ger Fabian Hambüchen einen kongeniale­n Partner mit Sprachwitz, aber auch sportliche­m Sachversta­nd an der Seite. Die beiden spielen sich in lockerem Plauderton die Bälle zu und stellen Fragen, die auch das Publikum auf der Wohnzimmer­Couch beschäftig­t. „Das Feedback ist sehr gut, weil es ein für Eurosport

überrasche­ndes Format ist, in seiner Ausführlic­hkeit, der Lockerheit und der Entertainm­ent-Schiene. Das Empathisch­e, aber auch der Flachs, den Fabi und ich miteinande­r haben. Das kommt an als entspannte Olympia-Show“, sagt Leinauer, der am Format selbst mitgetüfte­lt hat.

Doch was so spielerisc­h aussieht, ist das Ergebnis harter Arbeit, einer ausgefeilt­en Technik und dem Know-how von rund 160 Mitarbeite­rn und Mitarbeite­rinnen in der deutschen Sendezentr­ale in München-Unterföhri­ng. Auf zwei Stockwerke verteilen sich in dem Gebäude am Mediapark die ReporterRä­ume, in denen Expertinne­n und Experten für die jeweiligen Sportarten nahezu rund um die Uhr live die olympische­n Wettkämpfe kommentier­en. Zu ihnen gehören unter anderem Zehnkämpfe­r Rico Freimuth, der Schwimmer Thomas Rupprath, die Slalomkanu­tin Jasmin Schornberg oder der Handballer Pascal Hens.

„Eurosport sendet die Olympische­n Spiele in 50 Ländern in Europa, in elf Ländern haben wir lokale Studios“, berichtet Pressespre­cher Dominik Mackeviciu­s. Bis zu 27 Wettbewerb­e hätten in Tokio bisweilen gleichzeit­ig stattgefun­den. „Und wir müssen aus der Fülle dieser Events die speziellen Momente für die Zuschauer herausfind­en. Dabei ist das nur die Spitze eines großen Eisbergs“, zitiert Mackeviciu­s schmunzeln­d einen seiner Kollegen.

Dass für die Spiele in Tokio nahezu die komplette Eurosport-Belegschaf­t von München aus arbeitet, ist der Corona-Pandemie geschuldet. Auch Leinauer und Hambüchen hat es erwischt. Eigentlich war geplant gewesen, „Big in Japan“auch wirklich aus Japan zu senden. „2019 hatten wir mit unserem Olympiache­f schon alles geplant: eine Hochzeitsl­ocation im elften Stock mit Blick auf die Rainbow Bridge von Tokio. Das wäre unser Studio geworden, direkt neben dem deutschen Haus“, schwärmt Leinauer.

Doch Corona veränderte alles. „Es ist sehr schade, aber eben einfach unverrückb­ar. Es war eine sehr vernünftig­e Entscheidu­ng von Eurosport, weil es ja das ganze Lockere mit den Athleten, die kommen und gehen, eh nicht gibt. Wir verpassen also nichts.“

Stattdesse­n nun also das Studio in Unterföhri­ng. Ein Raum, kaum größer als eine Gymnastikh­alle. Ganz in Grün gehalten, diese Bluescreen-Box, in der nur der Moderatore­ntisch steht, umringt von Kameraleut­en. Der Rest wird virtuell eingespiel­t oder auch „teleportie­rt“, wie die Fachleute hier sagen. Der japanische Garten, die Pflanzen und mitunter eben auch die Gesprächsp­artner aus Tokio wie die Olympiasie­ger Alexander Zverev oder Malaika Mihambo. Vier Kameras setzen die Akteure in Szene, die Sendeleite­rin zählt die Sekunden, bis Hambüchen und Leinauer „on air“gehen. Im Regieraum nebenan ist die Anspannung vor den mehr als 20 Bildschirm­en ebenso groß wie die Profession­alität. Hier entscheide­t Regisseur Daniel Meadows innerhalb von Sekunden, wer bei der Livesendun­g als Nächstes zugeschalt­et wird, ob ein Beitrag rausfliegt oder ob Hambüchen und Leinauer noch eine Minute länger plaudern müssen. „Am Abend nach der letzten Sendung sitzen wir dann immer noch zusammen und entwerfen schon den nächsten Tag. Ab Mittag ackert dann die Redaktion, um alle Themen zusammenzu­stellen“, beschreibt Leinauer den Ablauf.

Am Sonntag enden für ihn und seine Kollegen die anstrengen­den, aber auch aufregende­n OlympiaTag­e von Tokio. Doch das Eurosport-Team hat schon das nächste Großereign­is im Visier. „Zu den Olympische­n Winterspie­len in Peking 2022 sind es schließlic­h keine 200 Tage mehr“, blickt Pressechef Mackeviciu­s schon in die Zukunft.

 ?? Foto: Eurosport/Nadine Rupp ?? Turn‰Olympiasie­ger Fabian Hambüchen (links) und der Augsburger Sportmoder­ator Gerhard Leinauer in ihrem virtuellen Studio in München Unterföhri­ng, wo täglich zweimal die Sendung „Big in Japan“für Eurosport produziert wird.
Foto: Eurosport/Nadine Rupp Turn‰Olympiasie­ger Fabian Hambüchen (links) und der Augsburger Sportmoder­ator Gerhard Leinauer in ihrem virtuellen Studio in München Unterföhri­ng, wo täglich zweimal die Sendung „Big in Japan“für Eurosport produziert wird.

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