Mittelschwaebische Nachrichten
Was die Pandemie im Wahlkreis NeuUlm verändert
Bei den Bundestagswahlen war der Wahlkreis 255 stets eine sichere Bank für die CSU. Diesmal jedoch werden die Karten neu gemischt und im Landstrich zwischen Oberelchingen und Märxle tut sich einiges
Landkreis NeuUlm Die kommende Bundestagswahl wird diesmal ein wenig anders als die vergangenen Male. Das liegt nicht nur daran, dass der Mandatsinhaber Georg Nüßlein von der CSU wegen der Maskenaffäre im Bundeswahlkreis 255 NeuUlm nicht mehr antritt. An seiner Stelle bewirbt sich der Weißenhorner Alexander Engelhard um das Direktticket nach Berlin. Nein, die Pandemie wird auch diesen Urnengang deutlich beeinflussen.
Stefan Hatzelmann, Leiter des Fachbereichs Kommunalrecht und Staatliche Rechnungsprüfung im Neu-Ulmer Landratsamt ist sich sicher: So viele Menschen, wie vermutlich diesmal per Brief abstimmen, haben dies bei einer Bundestagswahl noch nie getan. Er denkt dabei auch an die Kommunalwahl im vergangenen Jahr.
Damals verzichteten angesichts der sich gerade erst entfaltenden Corona-Krise 57 Prozent der Wahlberechtigten auf den Gang ins Stimmlokal. Sie gaben ihre Voten lieber per Brief ab. Allerdings hat das auch mit dem umfangreichen Kommunalwahlzettel zu tun, der sich am besten in Ruhe auf dem heimischen Sofa ausfüllen lässt. Diesmal jedoch sind nur zwei Kreuzchen zu machen.
Dennoch glaubt Hatzelmann an eine deutlich höhere Briefwahlbeteiligung. Die lag vor vier Jahren schon bei 25 Prozent. Am 26. September könnte sie seiner Schätzung nach „irgendwo zwischen 25 und 57 Prozent“betragen.
Rund 245.000 Frauen und Männer können am 26. September ihre Stimme abgeben. Doch natürlich werden das nicht alle tun. Vor vier Jahren lag die Wahlbeteiligung bei knapp 76 Prozent. Das war schon ganz ordentlich und entsprach dem bundesweiten Durchschnitt, doch normalerweise gingen die Menschen im Wahlkreis 255 nicht so gerne zur Urne, die Beteiligung blieb bei den vergangenen Malen hinter dem deutschlandweiten Schnitt zurück. Nach Landkreisen betrachtet, waren die Neu-Ulmer vor vier Jahren etwas fleißiger dabei als die Günzburger. Doch am fleißigsten machten ihr Kreuzchen die Menschen aus dem Teil des Unterallgäus, der ebenfalls zu 255 Neu-Ulm gehört: Dort gaben 78,4 Prozent ihr Votum ab.
Wie schon bei den Malen zuvor errang Georg Nüßlein das Direktmandat, obwohl er ebenso wie seine Partei herbe Verluste hinnehmen musste. 2017 kam er bei der Erststimme auf 44,6 Prozent. Gegenüber 2013 hatte er aber knapp 13 Prozent eingebüßt. Die Zuneigung für den Christsozialen war natürlich gewissen regionalen Schwankungen unterworfen. Die allermeisten Stimmen sammelte er im Wahllokal Angelina-Halle in Ursberg ein: 85,7 Prozent. Das war sogar noch ungleich besser als in seinem Heimatort Münsterhausen. Dort schaffte er
Wahllokal Grundschule immerhin noch 61,5 Prozent.
Allerdings fiel die Zustimmung für Georg Nüßlein im Raum NeuUlm deutlich geringer aus. Sein schlechtestes Ergebnis holte der CSU-Abgeordnete im Wahllokal „Edwin-Scharff-Haus Eingang Ost“. Dort entfielen auf ihn nur 23,3 Prozent. Er wurde vom Sozialdemokraten Karl-Heinz Brunner mit 24,1 Prozent ganz leicht überflügelt.
Diesmal ist sowieso alles anders, denn mit Alexander Engelhard tritt ein völlig neuer Kandidat für die CSU an, die zudem noch mit den Nachwehen der Maskenaffäre zu kämpfen hat. Ohnehin sehen die Prognosen für die Christsozialen diesmal ohnehin deutlich mäßiger aus als sonst. Etwas schwerer als sonst hat es der SPD-Kandidat Brunner. Diesmal kann er nicht über die Landesliste in den Bundestag einziehen, denn da steht er nicht drauf. Um sein Mandat zu behalten, müsste er also Alexander Engelhard ausstechen und auf direktem Weg in den Bundestag einziehen. Für die Dritte im Bunde, die Grüne Ekin Deligöz, dürfte es auch diesmal keine Probleme geben. Sie hat ihren Parlamentssitz über die Liste sicher.
Während anderswo in Deutschland angesichts der Bevölkerungsentwicklung einige Wahlkreise neu zugeschnitten wurden, bleibt der mit der Nummer 255 unverändert. Er umfasst weiterhin 70 Kommunen und reicht von Neu-Ulm bis nach Märxle im Unterallgäu – also jenem kleinen Ort, in dem einst die Aufbeim reitungsanlage für das im benachbarten Bedernau geförderte Öl stand. Doch seit die Ausbeutung des „Schwarzen Goldes“1995 eingestellt wurde, geht es dort wieder extrem beschaulich zu.
Der Bundeswahlkreis gehört im deutschlandweiten Vergleich zu den eher wohlhabenderen, wie die Strukturdaten des Bundeswahlleiters zeigen.
Hier können die privaten Haushalte im Durchschnitt über ein Einkommen von 24.545 Euro pro Jahr verfügen. Deutschlandweit beträgt der Wert nur 22.899 Euro.
Hier haben lediglich 2,6 Prozent der Menschen keinen Job, was im Prinzip einer Vollbeschäftigung entspricht. Bundesweit liegt die Quote bei 5,6.