Mittelschwaebische Nachrichten
Die Luft ist raus – aber für wie lange?
Türkspor Ichenhausen und der SV Billenhausen nehmen diesmal nicht am Fußball-Spielbetrieb teil. Während ein Verein bereits zur nachfolgenden Saison zurückkehren will, droht dem anderen eine lange Pause
Ichenhausen/Billenhausen Türkspor Ichenhausen (Absteiger aus der Kreisklasse West 2) und der SV Billenhausen (B-Klasse West 2) haben ihre Fußballmannschaften zurückgezogen und sind deshalb im Spielbetrieb der Saison 2021/22 nicht vertreten. Abteilungsleiter Fatih Yozgatligil (Ichenhausen) und Vorstandsmitglied Tobias Broll (Billenhausen) nennen die Gründe für den Verzicht und sagen, wie es für ihren jeweiligen Verein weiter geht.
Was hat Ihren Verein zu diesem Rückzug veranlasst, Herr Yozgatligil?
Yozgatligil: Ich würde nicht von Rückzug sprechen, sondern vielmehr von Stilllegung für eine Saison. Der Grund: Das vor ungefähr fünf Jahren erbaute Vereinsheim erwies sich als unwirtschaftlich, hatte zu wenige und zu kleine Kabinen und letztlich hatten wir auch noch einen Wasserschaden. Deshalb hat sich die Vereinsführung zu einem Abriss und nachfolgendem Neubau entschieden. Um uns ganz darauf konzentrieren und die Maßnahme innerhalb eines Jahres verwirklichen zu können, werden wir fußballerisch ein Jahr pausieren. Sicher hat auch die Corona-Krise bei uns Spuren hinterlassen und mancher Spieler hat die Lust am Fußball verloren. Aber es hätte trotzdem für eine Mannschaft gereicht, wenngleich die Trainingsleistung nicht unserer Vorstellung entsprochen und deshalb manchem Spieler die entsprechende Fitness gefehlt hätte.
Und was war bei Ihnen in Billenhausen der Grund, Herr Broll?
Broll: Ganz einfach: Spielermangel. Corona hat auch bei uns seinen Tribut gefordert. Allerdings hatten wir auch schon zuvor immer wieder mal Spielermangel. Wir haben jedoch zunächst für die Punktrunde gemeldet in der Hoffnung, dass es doch noch klappt. Aber das war dann leider nicht der Fall, zumal wir auch noch einige Langzeitverletzte zu beklagen haben.
Hat Ihr Verein auch in Erwägung gezogen, eventuell mit einem anderen Verein eine Spielgemeinschaft einzugehen und so den Spielbetrieb zu retten?
Yozgatligil: Nein, das haben wir nicht vorgehabt. Ganz einfach deshalb, weil da die Baumaßnahme im Wege gestanden hätte.
Broll: Ja, der SV Neuburg hat sich angeboten. Aber diejenigen Spieler, die weitermachen wollten, waren davon nicht begeistert.
Wie sieht es eigentlich im Nachwuchsbereich aus?
Yozgatligil: Wir haben bisher keine Jugendmannschaft, aber das soll sich ändern. Spätestens in einem Jahr wollen wir im unteren Altersbereich mindestens eine Mannschaft melden.
Broll: Da haben wir leider ebenfalls keine Mannschaft im Spielbetrieb. Das liegt aber nicht am fehlenden Bemühen des Vereins, sondern vielmehr daran, dass es in Billenhausen aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge
grundsätzlich an Nachwuchs fehlt.
Was ist mit den verbliebenen Aktiven? Hängen sie ihre Fußballstiefel an den Nagel oder haben sie sich anderen Vereinen angeschlossen?
Yozgatligil: Zum Teil pausieren die Spieler. Die Aktiveren hingegen haben wir sozusagen an andere Vereine ausgeliehen. So zum Beispiel drei Spieler an den TSV Behlingen-Ried sowie jeweils zwei an Türkiyemspor Krumbach und Türk GB Günzburg. Broll: Ein Spieler hat sich dem TSV Langenhaslach und einer dem FC Ebershausen angeschlossen. Die meisten restlichen Akteure, darunter viele ältere, ziehen es vor, künftig im AH Fußball zu spielen.
Türkspor plant also, in einem Jahr wieder dabei zu sein. Ist das richtig, Herr Yozgatligil?
Yozgatligil: Definitiv. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass wir die ganzen Spieler verlieren.
Wird es in Billenhausen ebenso schnell gehen, Herr Broll?
Broll: Nach dem aktuellen Stand der Dinge mit Sicherheit in den nächsten Jahren nicht.
Herr Yozgatligil, glauben Sie, dann die ehemaligen Spieler wieder zurückholen beziehungsweise reaktivieren zu können?
Yozgatligil: Ich bin mir sicher, dass die pausierenden Spieler da sind, wenn es wieder losgeht. Was die Leihgaben betrifft: Da haben wir mit den betreffenden Vereinen die entsprechenden Abmachungen getroffen.
Keine Spiele, keine Zuschauer, keine Einnahmen. Wie finanziert sich Ihr Verein in Zukunft?
Yozgatligil: Wir waren bisher als Türkspor Ichenhausen ein eigener Verein. Es gibt aber Überlegungen, ihn als Abteilung in den Islamischen Kulturverein einzugliedern. Aber das ist noch nicht offiziell.
Broll: Diese große Aufgabe wird uns in nächster Zeit noch beschäftigen. Wir haben zum Beispiel ein Sportheim, das natürlich Unterhaltskosten mit sich bringt. Deshalb ist unser Bestreben, uns jeden Freitag zum AH-Training zu treffen und auch mehrere Spiele auszurichten, um dadurch, so gut es eben geht, für Umsatz zu sorgen.
Interview: Alois Thoma