Mittelschwaebische Nachrichten

Madonna mia!

Die Hitzewelle in Italien bringt die Menschen an ihre Grenzen. Über eine Rekordtemp­eratur, die möglicherw­eise keine ist. Und einen sehr gefragten Bürgermeis­ter

- VON JULIUS MÜLLER‰MEININGEN

Rom „Madonna mia!“Dieser Ruf ist gerade allerorten in Italien zu vernehmen. Die Muttergott­es wird aus vielerlei Gründen um Hilfe angefleht, zurzeit ist die große Hitze der Grund. In Bologna, Rom, Bari oder Palermo ist es mit 38 Grad und mehr besonders heiß. Der Donnerstag und dieser Freitag sollen die heißesten Tage einer ohnehin heißen Woche sein.

Die Hitzewelle bringt die Italiener an ihre Grenzen. Schon ab Mittag verschwind­en die meisten Menschen von der Straße und trauen sich erst am späten Nachmittag wieder an die sogenannte frische Luft. In Rom sind die Trink- und Springbrun­nen ein begehrtes Ziel, auch bei Touristinn­en und Touristen. Und ein Städtchen auf Sizilien ist in aller Munde: Floridia. In dem Ort mit etwa 20000 Einwohnern bei Syrakus an der Ostküste der Insel wurden am Mittwoch 48,8 Grad Celsius gemessen. Das wäre europäisch­er Hitzerekor­d – und in diesem Fall wäre es ein trauriger Rekord, weil er die Folgen der Erderwärmu­ng deutlich macht.

Syrakus liegt in etwa auf dem Breitengra­d der tunesische­n Hauptstadt Tunis in Nordafrika. Floridia befindet sich in einem Kessel und ist von Hügeln umgeben. Die Weltorgani­sation für Meteorolog­ie (WMO) hat den Hitzerekor­d noch nicht offiziell anerkannt. Man schaue sich nun die Details an, hieß es am Donnerstag. Zudem wurde darauf verwiesen, dass die Messung nicht vom offizielle­n italienisc­hen Wetterdien­st vorgenomme­n worden sei. Der bisherige Hitzerekor­d datiert auf 1977 – 48 Grad bei Athen.

Wie auch immer: Floridias Bürgermeis­ter Marco Carianni, der seit acht Monaten im Amt ist, wurde zu einem gefragten Mann. Und so gab der 24-Jährige unter anderem der Mailänder Zeitung Corriere della Sera Auskunft: „Eigentlich geht es uns trotz dieser Hitze gut, so gut wie alle Menschen bleiben in ihren Wohnungen“, sagte er. Der Zivilschut­z in der Gegend kümmere sich um Gebrechlic­he. Bereits seit Juni seien die Temperatur­en extrem „Am 29. Juli wurden 44 Grad gemessen, am 30. Juli 47 Grad“, sagte der Bürgermeis­ter.

Floridia ist wegen seiner Orangenund Zitronenpl­antagen bekannt. Doch wegen der extremen Temperatur­en erwarten die Bauern einen Rückgang der Ernte um 40 Prozent. „Die Blätter ziehen sich zusammen und die Pflanzen reduzieren ihr Wachstum“, erklärte ein Produzent. Den letzten Regen in der Gegend gab es Mitte April.

Bürgermeis­ter Carianni ist vor allem wegen der hohen Brandgefah­r besorgt, doch man sei vorbereite­t. Herumliege­ndes Holz, Laub und andere entzündlic­he Materialie­n, darunter auch Müll, seien rechtzeiti­g entfernt worden. „Ein Problem sind die illegalen Mülldeponi­en“, sagte er. Die würden angezündet und die Feuer breiteten sich dann oft unkontroll­iert aus.

Am Mittwoch hatten die Brände in Süditalien drei Todesopfer gefordert. Bei Catania kam ein 30-jähriger Landwirt beim Kampf gegen die Flammen ums Leben, in Kalabrien starben ein 76-Jähriger und ein 79-Jähriger beim Versuch, ihre Anwesen zu retten. In der Region Kalabrien sprach die Feuerwehr am Donnerstag von einer weiterhin krihoch. tischen Lage. Die Lage auf Sizilien sei dagegen unter Kontrolle.

Seit Beginn des Jahres sind in Italien bereits rund 103000 Hektar Fläche in Flammen aufgegange­n, das entspricht in etwa der Größe der Stadt Neapel samt der umliegende­n Provinz – und ist vier Mal so viel wie der Durchschni­tt der Jahre 2008 bis 2020.

Unter den Opfern der Brände sind nicht zuletzt auch Tiere: 20 Millionen Tiere – von der Eidechse über Vögel bis hin zu Schafen – seien in diesem Jahr in Italien den Flammen zum Opfer gefallen, erklärte der Umweltverb­and Legambient­e.

 ?? Foto: Cecilia Fabiano, LaPresse/AP, dpa ?? Abkühlung tut not: Eine Frau erfrischt sich an einem Ventilator mit Wassernebe­l, der neben dem Kolosseum in Rom aufgebaut wurde. In Italien stieg das Thermomete­r auf 38 Grad Celsius und mehr.
Foto: Cecilia Fabiano, LaPresse/AP, dpa Abkühlung tut not: Eine Frau erfrischt sich an einem Ventilator mit Wassernebe­l, der neben dem Kolosseum in Rom aufgebaut wurde. In Italien stieg das Thermomete­r auf 38 Grad Celsius und mehr.

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