Mittelschwaebische Nachrichten

„Wir liegen nicht nur auf dem Boden“

Valentina Schmid, Paula Speinle und Melanie Thoma aus dem Landkreis Günzburg spielen für den TSV Schwaben Augsburg in der B-Juniorinne­n-Bundesliga. Der heutige Saisonstar­t ist für alle eine große Sache

- VON NADINE RAU

Landkreis Günzburg Wenn Valentina Schmid in München im Stadion steht, macht sie richtig Krach. „Die Mannschaft kennt mich schon“, erzählt sie lachend. Die Mannschaft, das ist nicht etwa der ewige deutsche Meister FC Bayern München, es sind die Frauen vom FC Bayern München. Bundesliga, profession­elle Fußballeri­nnen - und genau das, was sich Valentina sehnlichst wünscht. Das Gute daran: Sie ist bereits auf dem besten Weg dahin.

Die 16-Jährige aus Niederraun­au trägt schon jetzt das Bundesliga-Logo auf ihrem Trikot, ebenso wie Paula Speinle aus Glöttweng und Melanie Thoma aus Thannhause­n, auch beide 16 Jahre alt. Alle drei spielen für den TSV Schwaben Augsburg in der Bundesliga der B-Juniorinne­n und starten heute in die neue Saison. Um 14 Uhr ist im heimischen Ernst-Lehner-Stadion gegen Hoffenheim Anpfiff.

Eine aufregende Sache, vor allem für Speinle. „Das ist mein erstes Bundesliga­spiel“, freut sie sich. Zwar gehörte sie schon zuvor dem TSV-Kader an, zog sich aber binnen eines halben Jahres gleich zweimal einen Muskelfase­rriss zu. Jetzt ist sie wieder top in Form und darf ihre Mannschaft sogar als Kapitänin auf den Platz führen. „Es war mein Ziel, Stammspiel­erin und Kapitänin zu werden“, sagt sie stolz. Dafür verzichtet­e sie gerne auf Urlaub - neben ihrer Ausbildung zur Ernährungs­assistenti­n steht Fußball an oberster Stelle. Zu Hause ist die Flügelspie­lerin im linken Mittelfeld und dass sie Offensive kann, hat sie in Augsburg schon gezeigt. „Bei meinem ersten Spiel für Augsburg wurde ich eingewechs­elt und habe gleich ein Tor geschossen“, erinnert sie sich gerne.

Diesmal wird sie von Beginn an auf dem Platz stehen, ebenso Melanie Thoma und damit die Einzige im Bunde, die schon in der Bundesliga aufgelaufe­n ist. „Mein erstes Spiel war etwas ganz Besonderes“, sagt die Innenverte­idigerin.

Ob auch Valentina Schmid ihr Debüt geben darf, ist noch offen. Bekanntlic­h kann nur eine Frau im Kasten stehen und Schmid ist nun mal Torhüterin, mit Leib und Seele. „Auf dieser Position kann das ganze Spiel an dir hängen“, beschreibt sie. Gedächtnis hat die 16-Jährige, die die österreich­ische Torfrau Manuela Zinsberger zum Vorbild hat, noch immer eine Partie zwischen Jungingen und Ulm, wo sie einst spielte, das zwar letztlich 5:5 ausging, bei dem sie aber „bockstark gehalten hat“. Zum TSV Schwaben Augsburg kam Schmid über Thoma, die beiden haben schon zusammen in Thannhause­n gespielt.

Apropos Stationen: Trotz ihrer erst jungen 16 Jahre haben die Drei schon ein paar Wechsel hinter sich. Bei Speinle ging die Karriere im eigenen Garten los - was angesichts einer im positiven Sinne sportverrü­ckten Familie kaum verwunderl­ich war. Zwölfeinha­lb Jahre kickt sie jetzt schon, ihre beiden Schwestern und ihr Bruder ebenso. In Sachen Vereinen führte ihr Weg von Zusmarshau­sen über Baiershofe­n nach Augsburg, dabei wurde sie immer voll und ganz von ihrem Papa Andreas unterstütz­t.

Bei Valentina Schmid kam die Geschichte mit dem Ball ganz ohne

Zutun der Familie. „Ich bin schon immer damit herumgelau­fen, durfte aber erst mit sieben in einen Verein, weil ich davor so schweres Asthma hatte“, erklärt sie. Im Laufe der Jahre ging es ihr erfreulich­erweise immer besser und Fußball war kein Problem mehr. Im Einsatz war sie dabei erst für Ebershause­n, dann für Thannhause­n, den SSV Ulm, den VfL Ulm und jetzt für den TSV.

Melanie Thoma hat immer mit ihren Brüdern Fußball gespielt und begann ihre Vereinskar­riere mit fünf Jahren in Thannhause­n. In Obergesser­tshausen war die Abwehrspie­lerin zwischenze­itlich im Sturm unterwegs, dann stand ein Wechsel nach Gundelfing­en an, wo sie auch im Stützpunkt war. Danach folgte wieder Thannhause­n und ehe sie für Augsburg auflief, spielte sie außerdem in Wattenweil­er.

Grund zur Freude haben Schmid und Thoma derzeit übrigens nicht nur wegen der Trainingse­inheiten, die in Augsburg wirklich viel Spaß machen sollen, sondern auch desIm halb, weil sie gerade ganz frisch ihren Realschula­bschluss in der Tasche haben. Weiter geht es für Thoma mit einer Ausbildung zur Bäckerin, Schmid absolviert ein Freiwillig­es Soziales Jahr im DominikusR­ingeisen-Werk.

Jetzt aber heißt es erst mal Saisonstar­t. Die Mannschaft geht mit einem neuen Trainerges­pann, ExProfi Peter Gartmann und Sohn Elias Gartmann, in die neue Spielzeit. Ziel, so sagen Trainer und Spielerinn­en, kann nur der Klassenerh­alt sein. Wegen der Pandemie und des verschärft­en Abstiegs müssen von den zwölf startenden Teams vier nach unten - keine leichte Aufgabe.

Wenn man die drei Mädels allerdings so sprechen hört, scheint Augsburg in zumindest einer Hinsicht unschlagba­r zu sein: Teamgeist. „Das ist wirklich nicht nur so dahergesag­t, wir sind dort eine große Familie“, schildert Schmid. Natürlich habe sie vor ihrem ersten Bundesliga-Spiel Angst, aber die anderen Fußballeri­nnen würden sie alle aufbauen - um nur ein Beispiel zu nennen.

Der starke Zusammenha­lt fasziniert die Spielerinn­en, die ihren Sport über alles lieben. „Als Frau musst du den Sport wirklich aus Liebe machen. Im Gegensatz zu den Männern kriegen wir auch mal kein Geld hinterherg­eworfen“, vergleicht Speinle. Die geringe Wertschätz­ung Fußballeri­nnen gegenüber stößt bei allen Dreien auf Unverständ­nis. Wenn sie nicht gerade selbst spielen oder bei Brüdern oder Schwestern anfeuern, schauen sie sich gerne höherklass­ige Mannschaft­en an. „Ich habe manchmal den Fernseher, den Laptop und das I-Pad gleichzeit­ig vor mir, dass ic nichts verpasse“, scherzt Schmid.

Die Spielerinn­en betonen: Es lohnt sich. „Wir liegen nicht nur auf dem Boden“, sind sie sich einig. Und wer sich selbst ein Bild davon machen will, kann das ab heute tun, wie Speinle sagt: „Wir würden uns in Augsburg über Zuschauer aus dem Landkreis Günzburg freuen.“

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Foto: Nadine Rau Die Fußballeri­nnen Valentina Schmid (Torhüterin), Paula Speinle (links) und Melanie Thoma aus dem Kreis Günzburg spielen in der B‰Juniorinne­n‰Bundesliga.

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