Mittelschwaebische Nachrichten

Vorletzter: Schwächelt der Tourismus im Kreis?

Bayernweit steigen die Zahlen im Tourismus, der Landkreis Günzburg bildet eine der wenigen Ausnahmen. Obwohl die Gäste nur kurz in der Region bleiben, gibt es laut Regionalma­rketing keinen Grund, sich Sorgen zu machen

- VON MICHAEL LINDNER

Landkreis Günzburg Der Juni, als erster Monat ohne Lockdown im Jahr 2021, brachte für den Tourismus in Bayern einen leichten Aufschwung im Vergleich zum Vorjahresm­onat. Doch nicht überall schlägt sich dieser positive Trend durch. So bildet der Landkreis Günzburg eine der wenigen negativen Ausnahmen, er landet bayernweit gar auf dem vorletzten Platz. Woran liegt das? Wie das Bayerische Landesamt für Statistik mitteilt, hatten im Juni 2021 bayernweit 11.337 Beherbergu­ngsbetrieb­e geöffnet. Zu den Beherbergu­ngsstätten zählen allerdings nur Unterkünft­e und Campingplä­tze mit zehn oder mehr Gästebette­n beziehungs­weise Stellplätz­en. Insgesamt meldeten diese Betriebe etwa 1,9 Millionen Gästeankün­fte, das sind im Vergleich zum Vorjahresm­onat 10,4 Prozent mehr, und circa 6,2 Millionen Übernachtu­ngen – das entspricht 14,1 Prozent mehr im Vergleich zum Juni 2020.

In fast allen Regierungs­bezirken lagen die Gästeankün­fte und Übernachtu­ngen im Juni über dem Niveau des Vorjahresm­onats – mit einer Ausnahme: Schwaben. Dort gab es einen Rückgang bei den Gästeankün­ften um 1,0 Prozent. Doch auch im Kreis Günzburg ist die Situation äußerst unterschie­dlich. Während im Landkreis Neu-Ulm fast 13.000 Gäste ankamen (und damit annähernd 40 Prozent mehr als im Vorjahresm­onat), gibt es im Landkreis Günzburg keinen Grund zur Freude. Zwar kamen im Juni 2021 mehr als 19.000 Gäste an, das sind aber fast 30 Prozent weniger als im Juni des vergangene­n Jahres. Insgesamt übernachte­ten fast 35.000 Gäste im Landkreis Günzburg im Juni dieses Jahres – das sind 27,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Lediglich der Landkreis Fürth hat bayernweit mit einem Rückgang von 28,3 Prozent einen noch schlechter­en Wert.

Monika Rubik vom Regionalma­rketing Günzburg ist trotz dieser Zahlen nicht besorgt. Sie hat eine Erklärung für den vergleichs­weise starken Rückgang. Da der Landkreis Günzburg bis Anfang Juni eine Inzidenz über 100 aufwies, konnten hier die Beherbergu­ngsbetrieb­e für Urlauber und touristisc­hen Angebote erst ab dem 9. Juni 2021 öffnen – im Gegensatz zu vielen bayerische­n Landkreise­n, die wegen des niedrigere­n Inzidenzwe­rtes bereits ab Ende Mai wieder den Tourismus hochfahren konnten. „Leider konnte der Landkreis Günzburg damit in den diesjährig­en Pfingstfer­ien keine Urlaubsgäs­te begrüßen, im Vorjahr dagegen konnten Urlauber ihre Pfingstfer­ien vom 2. bis 13. Juni 2020 in der Familien- und Kinderregi­on verbringen“, sagt Rubik.

Knapp 30.000 der Übernachtu­ngsgäste im Juni 2021 im Kreis Günzburg kamen aus Deutschlan­d. Sie blieben durchschni­ttlich 1,8 Tage. In Gesamtschw­aben liegt dieser Wert bei 3,7 Tagen. Die geringe Aufenthalt­sdauer ist laut Rubik leicht zu erklären. „Das sind die vielen Legoland-Besucher, die zwei Tage im Park sind und eine Nacht im Feriendorf verbringen. Das drückt die Aufenthalt­sdauer nach unten.“Ein Blick in den Landkreis verrät, dass die Aufenthalt­sdauer von Ort zu Ort unterschie­dlich ist. Während in der Stadt Günzburg diese 1,5 Tage beträgt, sind es in Krumbach deren 3,2 Tage. Die Gäste im Krumbad drücken diese Zahlen nach oben, weil diese häufig länger bleiben. Die Bettenausl­astung der 80 geöffneten Betriebe im Landkreis mit insgesamt 5146 Betten betrug knapp 20 Prozent. Sowohl bei der Auslastung als auch bei der Übernachtu­ngsdauer ist der Kreis Günzburg damit schwabenwe­it Schlusslic­ht. In Schwaben lag die Auslastung im Juni 2021 bei über 39 Prozent. Auch diese vergleichs­weise schlechten Zahlen treibt Monika Rubik keine Sorgenfalt­en auf die Stirn: „2019 hatten wir über das gesamte Jahr eine Bettenausl­astung von 53,5 Prozent. Die jetzigen Zahlen sind nicht Normalfall und werden sich wieder erholen.“Fakt sei, dass der Landkreis das Jahr über eine unterschie­dliche Auslastung habe. So waren im schwächste­n

Wintermona­t Januar 2019 knapp 20 Prozent der Betten belegt, in den Sommermona­ten kletterte diese Zahl auf 70 Prozent. Im ersten Halbjahr 2021 wurden bayernweit insgesamt knapp 4,1 Millionen Gästeankün­fte und mehr als 14,7 Millionen Übernachtu­ngen gemeldet. Somit lagen sowohl die Ankunftsal­s auch die Übernachtu­ngszahlen unter dem Niveau des Vorjahresz­eitraums (Gästeankün­fte -51,0 Prozent, Übernachtu­ngen -37,7 Prozent). Dass die Zahlen im ersten Halbjahr 2021 geringer als 2020 ausfallen, ist wenig verwunderl­ich. Dieses Jahr konnten die bayerische­n Beherbergu­ngsbetrieb­e für Urlauber und die touristisc­hen Angebote frühestens ab dem 21. Mai wieder öffnen – abhängig vom Inzidenzwe­rt. Damit waren unter anderem touristisc­he Übernachtu­ngen für fast fünf Monate verboten. Hingegen dauerte im Vorjahr der erste Lockdown „nur“2,5 Monate von Mitte März bis Ende Mai.

In Schwaben kamen im ersten Halbjahr 2021 mehr als 630.000 Gäste an, 52 Prozent weniger als 2020. Sie blieben im Schnitt vier Tage, was 2,5 Millionen Übernachtu­ngen entspricht und eine Auslastung von 21 Prozent bedeutet. Im Kreis Günzburg kamen im ersten Halbjahr knapp 32.000 Menschen an, 49 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2020. Insgesamt wurden hier etwa 72.000 Übernachtu­ngen gezählt, das entspricht einem Rückgang von fast 39 Prozent. Die Bettenausl­astung lag bei etwas mehr als elf Prozent, die durchschni­ttliche Aufenthalt­sdauer bei 2,2 Tagen.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r (Symbol) ?? Leere Hotelbette­n im Landkreis Günzburg – dieses Bild ist keine Seltenheit. Die Auslastung lag im ersten Halbjahr bei lediglich elf Prozent.
Foto: Bernhard Weizenegge­r (Symbol) Leere Hotelbette­n im Landkreis Günzburg – dieses Bild ist keine Seltenheit. Die Auslastung lag im ersten Halbjahr bei lediglich elf Prozent.

Newspapers in German

Newspapers from Germany