Mittelschwaebische Nachrichten

Die Frage der Woche Wieder ins Stadion gehen?

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Vorweg: Ich bin kein Freak, der jedes Fußballspi­el live vor Ort gesehen haben muss. Und in den Monaten vor Corona hatte mir „mein“Verein, der FC Augsburg, durch seine (Nicht-)Leistungen den Stadionbes­uch ziemlich vermiest. Erst wollte ich nicht mehr hingehen. Dann durfte ich nicht mehr. Aber in der Lockout-Saison schmerzte das nicht.

Was ich im Fernsehen sah, erzeugte oft Grauen. Aber jetzt ist – wieder mal – Hoffnung eingekehrt. Neue Saison, neue Spieler, neuer (alter) Trainer. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…

Genauso wie das Stadionerl­ebnis magische Momente beschert. Am Anfang fand ich die TV-Corona-Kicks ja noch interessan­t. Endlich hören, was da auf dem Platz gesprochen wird. Aber schnell kam die Bestätigun­g: Fußball kennt nur eine Sprache. Die in der Kreisklass­e und auch in der Bundesliga gesprochen wird und auf Dauer meist langweilt.

Anders das Stadiongef­ühl. Das prickelt ewig. Weil es Augenblick­e beschert, in denen eine Arena zu einem einzigen Organismus verschmilz­t. Und die/der Einzelne spüren, wie dieses vielköpfig­e Monster fiebert, bebt, zittert, singt, hüpft, schreit, weint, pfeift, wie es mal eingelullt wird, dann wieder erwacht, in Jubel eruptiert. Im kompakten Augsburger Stadion hinterlass­en diese Emotionen selbst dann Eindruck, wenn es nicht proppenvol­l ist.

Und wenn die GGG´s (Geimpften, Genesenen, Getesteten) wie vorgegeben Abstand halten, bleiben dem Virus wenig Chancen, muss kein schlechtes Supersprea­der-Gewissen aufkommen.

Zugegeben: Nicht ganz so gelassen stimmt mich die Aussicht auf Fahrten in gut gefüllten Straßenbah­nen. So viel Nähe, dafür bin ich nicht bereit. Noch nicht oder nie mehr? Ich weiß nicht. Gut, dass ich noch aufs Fahrrad umsatteln kann.

Gerne würde ich es auf Corona schieben. Auf das Unwohlsein, das größere Menschenme­ngen verursache­n, das Stadiongef­ühl, das mit all den vorgegeben­en Maßnahmen doch gar nicht mehr aufkommen kann. Das ist es aber eigentlich nicht, warum ich nicht ins Stadion gehe.

Die Fußballklu­bs tun ja ihr Möglichste­s, um Fans wieder Einlass gewähren zu können. Bei Borussia Dortmund ist das „schönste Stadion der Welt zum schönsten Impfzentru­m der Welt“geworden – und nach dem Pieks: ein Foto von sich und dem DFBPokal. In der Augsburger Arena wurde der VIP- zwei Tage zum Impf-Bereich, 539 Fans kamen zur Spritze mit Blick aufs Spielfeld des FCA.

Eines drei Gs ist für diejenigen Pflicht, die zum Bundesliga­start dem FCA im Stadion sehen wollen, sie müssen also geimpft, genesen oder getestet sein. Doch ich will sieben Gs. Ich will wieder Glanz und Gloria, wie der FCA in seiner Hymne umschriebe­n wird. Ich will Glücksgefü­hle erleben, wenn in der Gemeinscha­ft gebangt und schließlic­h auch gewonnen wird. Ich will Spieler sehen, die durch ihren Glauben an sich und das Team wieder Berge versetzen und Unmögliche­s möglich machen können.

Der Besuch eines Fußballspi­els ist eine emotionale Sache. Wer ins Stadion geht, liebt diese Achterbahn­fahrt nicht nur, er braucht sie. Durch Corona hat so viel gefehlt – natürlich auch der gemeinsame Besuch mit den Freundinne­n ins Stadion. Aber in der vergangene­n Saison habe ich vor allem den Einsatz der FCA-Spieler vermisst, die Leidenscha­ft, die diese Bergund Talfahrt erst möglich machen.

Ich schiebe das also doch mal auf Corona – und schaue gespannt in die neue Saison. Erst im TV und vielleicht auch wieder im Stadion.

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Foto: Wagner
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