Mittelschwaebische Nachrichten

„Bei uns ist jeder an einem anderen Ort geboren“

- Protokoll: Andreas Dengler

In der Serie erzählen wir die Geschichte­n von großen und kleinen Familien, von Regenbogen­familien, Patchworkf­amilien oder MehrGenera­tionen-Familien, kurz: von jedem, der sich als Familie fühlt. Dieses Mal erzählt Jenny W., 33, die mit ihrem Partner und den gemeinsame­n Töchtern Hanna, 9, und Rebekka, 5, in Kaufbeuren wohnt und im Blog „Berggeschw­ister“ihr Familienle­ben teilt.

Familie Meine Familie ist mein Partner und meine Töchter. Unsere Besonderhe­it ist, dass jeder an einem anderen Ort geboren ist. Mein Partner kommt aus Chile. Ich bin in Berlin aufgewachs­en. Meine erste Tochter Hanna ist in Weimar und meine zweite Tochter Rebekka in Kaufbeuren geboren. Noch eine Besonderhe­it ist, dass wir jeden Tag vegan und nicht-vegan kochen. Denn ich verzichte auf tierische Produkte, mein Partner und die Kinder nicht. Wenn ich nach Familie gefragt werde, muss ich kurz überlegen, weil mit Familie verbinde ich Personen, die mich direkt umgeben. Natürlich zählen auch meine Eltern und Großeltern zur Familie. Ich bin bei meiner Mutter aufgewachs­en. Meinen Vater habe ich später kennengele­rnt und heute haben wir ein wunderbare­s Verhältnis. Mein Partner und ich haben nicht geheiratet. Ein Trauschein würde nichts an meinen Gefühlen ändern. Mein Partner hat eine große Familie, die sich trotz der Entfernung sehr für die Mädchen interessie­rt. Manchmal finde ich es schade, dass wir so weit weg voneinande­r wohnen. Selbst die deutschen Großeltern sind in Brandenbur­g, Berlin und Baden-Württember­g verstreut.

Es wäre schön, wenn die Kinder mit den Großeltern aufwachsen könnten.

Anfänge Ich habe über die Uni einen Austausch in Chile gemacht. Wir wussten schon im ersten Moment, dass es passt. Nachdem wir ein halbes Jahr zusammen waren, musste ich wieder zurück. Der Plan war, dass er mich begleitet und ich fertig studiere. Danach wollten wir wieder nach Chile. Aber dazu kam es nicht, denn Hanna war schon unterwegs. Ich habe meine beiden Kinder während des Studiums bekommen. Für mich war das die richtige Entscheidu­ng, weil ich mir so die Zeit flexibler einteilen konnte. Hinterher mit Kindern eine Karriere aufzubauen, ist aber nicht so leicht. Aber ich würde es wieder so machen. Ins Allgäu hat es uns wegen der Arbeit meines Partners verschlage­n. Als gebürtige Berlinerin nach Bayern zu ziehen, war schon Kulturscho­ck. Aber mit Kindern würde ich nie in einer Großstadt leben wollen. Das Allgäu ist wunderschö­n und wir wollen hier nicht mehr weg.

Alltag Unter der Woche klingelt der Wecker um 6.50 Uhr. Bis wir aufstehen, ist unser Papa schon unterwegs oder er war gar nicht da. Er muss regelmäßig für mehrere Wochen

beruflich weg. Gegen acht Uhr bringe ich Rebekka in den Kindergart­en. Ich muss bis 14 Uhr arbeiten, danach sammle ich Hanna von der Schule ein. Während ich eine Kleinigkei­t koche, erledigt sie ihre Hausaufgab­en. Gegen 15 Uhr holen wir Rebekka vom Kindergart­en ab. Am Nachmittag gehen wir in die Natur. Wir sind viel im Wald, am Bach, auf der Wiese. Gegen 17 Uhr geht es heim und ich fange mit den Vorbereitu­ngen für das Abendessen an. Gegen 20 Uhr sollen die Kinder langsam ins Bett. Die Kleine schläft meist schon vorher. Dann beginnt die Zeit für meinen Partner und mich.

Auszeit Seit ich ein Auto habe, habe ich am Morgen für eine halbe Stunde die Wohnung für mich allein. Es ist einfach schön, für einen kurzen Moment abzuschalt­en, die Musik aufzudrehe­n oder in Ruhe Mails zu lesen. Die Pflege meines Blogs und Instagram-Kontos ist für mich ein Hobby. Die Nachmittag­e in der Natur und die gemeinsame­n Ausflüge sind unsere gemeinsame Auszeit als Familie. Streitpunk­te Zwischen den Kindern gibt es manchmal Zoff. Nach fünf Minuten vertragen sie sich dann wieder. Sie sind einfach unzertrenn­lich. Ich halte nichts davon, Kinder zu etwas zu zwingen. Lieber rede ich mit ihnen darüber und wir finden eine Lösung. Wie sich mein Partner und ich die Hausarbeit aufteilen, hat für Reibereien gesorgt. Vor allem seit ich berufstäti­g bin, hat mich die Doppelbela­stung gestresst. Mein Partner kann wegen seiner Arbeitszei­ten nicht mehr übernehmen. Unsere Lösung: Wir haben jetzt eine Haushaltsh­ilfe.

Glücksmome­nte Die Zeit in der Natur ist für mich und meine Familie das größte Glück. Selbst wenn wir nur als Paar was machen wollen, nehmen wir am Ende doch die Kinder mit. Wir sind gerne zu viert unterwegs.

Was ist Ihre Geschichte? Wollen Sie auch von Ihrer Familie erzählen und verraten, was Sie und Ihre Lieben besonders macht? Dann melden Sie sich – gern mit einer Telefonnum­mer – per Mail: familienal­bum@augsburger‰allgemeine.de.

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