Mittelschwaebische Nachrichten
Studium abgebrochen, und jetzt?
Berufswahl Jahr für Jahr liegt die Quote derjenigen, die an der Uni Schluss machen, deutschlandweit im zweistelligen Bereich. Gründe dafür gibt es viele. Wer eine kritische Rückschau nicht scheut, kann dennoch seinen eigenen Weg finden
Wetter/Nürnberg Nach dem Abitur an die Uni: Viele schreiben sich voller Schwung und mit vielen Erwartungen an der Hochschule ein. Doch dort läuft es nicht immer rund. Der Elan weicht, oft macht sich Frust breit. Bei manchen reift gar der Entschluss, das Studium abzubrechen. Was die Frage aufwirft: Und jetzt?
„In jedem Fall ist es wichtig, den genauen Grund für den Abbruch auszuloten“, sagt Johannes Wilbert. Der Leiter des Instituts für Berufswahl in Wetter an der Ruhr weiß: Nur wer bei sich ausmachen kann, warum die Entscheidung falsch war, kann mit guten Aussichten auf Erfolg etwas Neues beginnen. „In sich gehen, sich selbst reflektieren“, rät auch Beate Scherupp-Hilsberg von der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg. Auch Studienberater der Hochschulen oder Berufsberater können helfen herauszufinden, warum es mit dem Studienfach nicht so gut klappt.
Lag es an Inhalten, am Aufbau des Studiums – oder am fehlenden Selbstmanagement? War der Studiengang zu wissenschaftlich, fehlte der Praxisbezug? „Sollte Letzteres der Fall sein, kann die Lösung sein,
der Uni auf eine Fachhochschule zu wechseln, das Studienfach aber beizubehalten“, sagt Wilbert. Aber auch andere Optionen locken.
Ein duales Studium etwa, das praktisches Arbeiten im Betrieb mit theoretischer Wissensaneignung an der Hochschule verknüpft. Oder eine klassische duale Ausbildung: Betriebe werten es nicht selten als Pluspunkt, wenn Bewerber schon einige Semester studiert haben und über theoretisches Wissen verfügen. Ebenso können ein Trainee-Programm oder ein anderes Studienfach die richtige Wahl sein. „Auch ein Auslandsaufenthalt bietet sich mitunter an“, sagt Scherupp-Hilsberg. Die dabei vertieften Sprachkenntnisse sowie der Umstand, sich in der Fremde zurechtgefunden zu haben, sind oft von Vorteil fürs spätere Berufsleben. „Das Dazwischenschieben eines Freiwilligen Sozialen Jahres kann ebenfalls eine Möglichkeit sein herauszufinden, wo es für jemanden beruflich langgeht.“
Die BA bietet Workshops, bei denen Studienabbrecher ihre Perspektiven ausloten können. Auch „Check-U“, ein Erkundungstool im Internet, unterstützt junge Leute
der Suche nach dem passenden Beruf. Wer sich an Studien- oder Berufsberater wendet, hat bei der Selbstanalyse eine Fachkraft mit individuellen Tipps zur Seite. Oft müssen junge Leute mit Vorbehalten aus ihrem Umfeld umgehen – etwa, wenn Eltern enttäuscht auf einen Studienabbruch reagieren. „Studierende sollten so früh wie möglich mit ihren Eltern sprechen, auf ihre Lage aufmerksam machen und so um das Verständnis von Vavon ter und Mutter werben“, empfiehlt Scherupp-Hilsberg. Gerade auf sie kommt es im Fall eines Studienabbruchs oft an. „Sie sollten Mut machen und sich bewusst sein, dass alle mal eine Fehlentscheidung treffen“, sagt Wilbert. Eltern sollten sich klarmachen: Besser entwickeln Sohn oder Tochter einen anderen Plan, anstatt das Studium abzubrechen und ins Leere zu fallen.
Die Frage, wie man einen Studienabbruch einem potenziellen Arbei beitgeber verkauft, muss nicht Bange machen. „Die meisten Arbeitgeber denken darüber nicht schlecht“, so Wilbert. Es spreche nichts dagegen, in den Lebenslauf zu schreiben, dass man zwei Jahre BWL studiert habe. Auf Nachfrage nach einem Abschluss könnte die Antwort lauten: „Ich habe zwar keinen Abschluss, aber trotzdem habe ich damals viel gelernt.“Diese Lerninhalte müsse man natürlich parat haben. Auch Scherupp-Hilsberg plädiert für ein selbstbewusstes Auftreten von Bewerbern. „In jedem Fall sollten sie im Gespräch herüberbringen, dass sie nach dem Studienabbruch nicht die Hände in den Schoß gelegt haben, sondern aktiv geworden sind.“Zwar bedeutet ein Studienabbruch keinesfalls das Aus für die Karriere, doch unschön ist der Schritt für die Betroffenen allemal.
Wie lässt sich das Risiko eines Abbruchs minimieren? Für Wilbert ist klar: „Viele beginnen ein Studium, ohne sich vorher zu informieren, was dabei auf sie zukommt.“Sein Rat: Viele Infos einholen. „Schon ein Blick ins Vorlesungsverzeichnis kann oft aufschlussreich sein.“