Mittelschwaebische Nachrichten
Plötzlich frei?
Die entführte Prinzessin Latifa aus Dubai scheint wieder glücklich zu sein. Ihre Unterstützerkampagne stellt daher die Arbeit ein. Ein fader Beigeschmack aber bleibt
Drei Menschen in Freizeitkleidung posieren Arm in Arm für ein Urlaubsfoto in der kargen Vulkanlandschaft Islands. Zwei strahlen um die Wette – man könnte meinen, um das angedeutete Lächeln der dritten Person zu kompensieren. Hinter der dunklen Sonnenbrille jener Frau lässt sich das Gesicht von Latifa bint Muhammed al-Maktum erahnen – besser bekannt als Prinzessin Latifa, Tochter des Scheichs von Dubai. Mohammed bin Raschid al-Maktum soll mindestens 25 Kinder haben, allein drei mit dem Namen Latifa, doch das öffentliche Interesse an der 35-Jährigen ist spätestens seit ihrer fehlgeschlagenen Flucht im Jahr 2018 besonders groß.
Sie fühlte sich gefangen im eigenen Königreich, wo sie seit ihrer Kindheit gefoltert und sediert worden sein soll. Deshalb plante Latifa mithilfe von Freunden und Menschenrechtlern ihre Flucht aus der dubaischen Gefängnisvilla. Doch bei der Reise über den Indischen Ozean wurde das Boot, auf dem sie sich befand, gestürmt und die erwachsene Frau gegen ihren Willen gewaltsam zurück zu ihrem Vater gebracht, dem Ministerpräsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate, den sie als das „pure Böse“bezeichnet hatte. Der internationale Aufschrei war groß, man fürchtete um ihr Leben, an ihrem Schicksal aber änderte sich dadurch scheinbar nichts.
Anfang des Jahres veröffentlichen britische Medien dann ein Video. Die wacklige Aufnahme zeigt eine
Frau mit traurigen Augen, deren dunkles, zerzaustes Haar das blasse Gesicht umrahmt. „Ich bin eine Geisel“, sagt Latifa dort auf Englisch, während sie auf dem Boden ihres Badezimmers kauert – „und diese Villa ist in ein Gefängnis verwandelt worden.“
Aus ihrem persönlichen Albtraum soll nun allerdings ein Märchen geworden sein. Das Leben der Prinzessin ist plötzlich frei; sie jettet durch die Welt. Das zumindest suggerieren die Bilder, die seit Mai auf dem Instagramprofil von Sioned Taylor auftauchen: Taylor, immer freudestrahlend. Prinzessin Latifa, stets abwesend, stumm, aber offenbar am Leben. Die Britin soll für das Emirat arbeiten und veröffentlicht sorglose Fotos von sich mit Latifa beim Essengehen, am Flughafen von Madrid und vor einigen Tagen eben jenes Bild aus Island zusammen mit Latifas Cousin Marcus Essabri.
Essabri, selbst Teil der Unterstützerkampagne, meldete sich auf Twitter zu Wort, seiner Cousine gehe es gut. Er spreche fast täglich mit ihr. Sie wolle als Privatperson in Frieden leben und hätte gerne, dass die Spekulationen um ihr Wohlergehen aufhörten. Die Prinzessin könne nach ihren eigenen Vorstellungen leben. Wenige Stunden später verkündeten die Organisatoren der Kampagne „Free Latifa“das Ende ihres Einsatzes und dankten allen Unterstützern.
Doch ein fader Beigeschmack bleibt. Denn der Hilferuf vom Februar bleibt weiterhin das letzte persönliche Statement der Scheicha von Dubai. Vanessa Polednia