Mittelschwaebische Nachrichten
Faurecia übernimmt deutschen Zulieferer Hella
Mit dem Kauf des Lichtspezialisten schließt der französische Konzern zu Konkurrenten wie Bosch auf
Lippstadt/Nanterre Der deutsche Autozulieferer Hella wird vom Konkurrenten Faurecia geschluckt. Die Franzosen übernehmen von der bisherigen Eigentümerfamilie Hueck 60 Prozent der Aktien des MDax-Konzerns aus NordrheinWestfalen für knapp vier Milliarden Euro, teilten die beiden Unternehmen mit. 3,4 Milliarden Euro davon erhält die Familie in bar, den Rest in Faurecia-Anteilen. Der französische Konzern unterbreitet zudem allen anderen Aktionärinnen und Aktionären des Lichtspezialisten eine Offerte für ihre Anteile von 60 Euro. Faurecia ist auch in Augsburg vertreten und stellt hier Abgas-Reinigungssysteme her, betreibt aber auch eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung.
Die Hella-Aktie hatte seit Ende April deutlich zugelegt, nachdem die Verkaufspläne der Familie Hueck bekannt wurden. Der französische Käufer betonte, dass Hella eine wichtige Rolle im neuen Unternehmen spielen soll. Lippstadt werde weltweiter Hauptsitz für drei von sechs Geschäftsbereichen.
Hella beschäftigt knapp 36000 Mitarbeiter und setzte im Geschäftsjahr 2020/21 rund 6,5 Milliarden Euro um. Faurecia kam 2020 auf einen Umsatz von 14,7 Milliarden Euro und 114000 Mitarbeiter. Der Konzern will durch den Zukauf die jährlichen Kosten um über 200 Millionen Euro senken. Der fusionierte Hersteller werde in allen Bereichen eine kritische Größe erreichen und führende Positionen einnehmen, teilte Faurecia mit. Das neue Unternehmen sei global der siebtgrößte Automobilzulieferer.
Größe ist im Geschäft der Zulieferer sehr wichtig, da die Verhandlungsposition mit den Autoherstellern gestärkt wird. Die deutschen Konzerne Bosch, Continental und ZF Friedrichshafen zählen zu den größten Autozulieferern weltweit.
Der Verkauf des 60-prozentigen Pakets der weitverzweigten Gründerfamilie war notwendig, da der beim Börsengang im Jahr 2014 abgeschlossene Vertrag über ein gemeinsames Handeln bald ausgelaufen wäre. Danach wäre es schwieriger geworden, die Interessen der Eigentümer zu bündeln. „Wir nehmen als Familiengesellschafter unsere unternehmerische Verantwortung für Hella wahr, indem wir frühzeitig vor Auslaufen unseres Familienpoolvertrags das Unternehmen Hella in neue Hände geben“, sagte Jürgen Behrend, Leiter des Pools der Familiengesellschafter. Der 72-Jährige war bis 2017 auch Konzernchef.
Die Familie Hueck, die seit 1923 die Mehrheit an dem 1899 gegründeten Unternehmen hält, wird nach der Transaktion neun Prozent der Faurecia-Anteile besitzen.