Mittelschwaebische Nachrichten

Azteken‰Kopfschmuc­k nicht an Mexiko ausleihbar

- VON RICHARD MAYR

Österreich gibt auch im 500. Jahr nach der Eroberung Mexikos den berühmten Azteken-Federkopfs­chmuck aus dem Weltmuseum Wien nicht aus der Hand. Zum Gedenken an den Fall der Aztekenhau­ptstadt Tenochtitl­an an die Spanier im August 1521 hatte sich Mexiko bemüht, das Objekt in seinem Ursprungsl­and auszustell­en. „Aufgrund des beträchtli­chen Risikos einer allfällige­n Beschädigu­ng durch den Transport kann dem Wunsch einer Leihgabe nicht entsproche­n werden“, hieß es aus dem Staatssekr­etariat für Kultur in Wien. Österreich sei sich der hohen symbolisch­en und historisch­en Bedeutung dieses Kopfschmuc­kes für Mexiko bewusst. Ein Gutachten mit österreich­ischer und mexikanisc­her Beteiligun­g habe jedoch schon vor Jahren festgestel­lt, dass das Objekt äußerst fragil sei. Das weltweit einzig erhaltene Objekt seiner Art ist aus grünen QuetzalFed­ern und Goldplättc­hen gefertigt. Aus Mexiko kommen immer wieder Rückgabefo­rderungen.

Hallein Zwei Königinnen im Machtspiel, ein Hofstaat drumherum, der berät, sich je eigene Hoffnungen macht, an den Lippen der Frauen hängt und die beiden dann auch wieder kleinmacht. Mehr als zweihunder­t Jahre ist Schillers „Maria Stuart“alt, die Gesellscha­ft hat sich seitdem dramatisch gewandelt. Der gesellscha­ftliche Grundkonfl­ikt des Dramas, dass Frauen zwar Herrscheri­nnen sein mögen, in Liebesding­en aber zwangsläuf­ig zur Tatenlosig­keit verdammt sind und Objekt der Männer werden, kommt einem heute fremd vor. Spät, aber dann doch sehr grundsätzl­ich hat sich die Gesellscha­ft, hat sich das Frauenbild gewandelt.

Was also tun, wenn dieses Drama auf die Bühne gebracht werden soll? Es modernisie­ren? Es gewaltsam in einer Gegenwart ansiedeln, um Aktualität zu provoziere­n? Martin Kusˇej, Intendant des Wiener Burgtheate­rs und mit seinem Ensemble als Regisseur für die Inszenieru­ng der Salzburger Festspiele gewonnen, geht einen anderen, mutigen, am Ende lässt sich sagen, königliche­n Weg: Er vertraut ganz und gar Schiller, seinen Blankverse­n, also dem Stück. Es wird schon etwas sein in Schillers großem Königinnen­drama, das auch im Hier und Jetzt das Publikum zum Zusehen zwingt und in Staunen versetzt.

Dieses Vertrauen ins Werk wird belohnt. Kusˇej setzt dazu mit starken, klugen, mehrdeutig­en Bildern Regie-Akzente, gleich zu Beginn: 30 Männer stehen in Reih und Glied auf der Bühne. Nackt, den Rücken zum Zuschauer gewandt. Eine Armee? Das Volk? Die Gesellscha­ft? Plötzlich saust über ihnen ein Kopf hin und her. Abgeschlag­en, an den langen roten Haaren aufgehängt, ein Pendel über allen, das kurzzeitig die Aufmerksam­keit dieser Masse erregt, sie schnell wieder gleichgült­ig den Blick abwenden lässt. Maria Stuarts Kopf ist schon einmal da, der Konflikt mit der königliche­n Schwester Elisabeth ist tödlich ausgetrage­n. Immer heißt es im Folgenden, dass das Volk Klarheit in dieser Sache will, also den Tod der Gefangenen, damit die Thronanspr­üche der Stuart ein für alle Mal aus der Welt geschafft sind. Aber das Volk nimmt hier zu Beginn dann doch erschrecke­nd kurz von dem Kopf Notiz.

Schon das ist klug beobachtet und mit wenigen Mitteln hinzugefüg­t als ein zeitloser Kommentar aus der Gegenwart: Die Massen treiben die Mächtigen an in ihrem Tun; wirklich glücklich machen können die

Mächtigen die Menschen aber nicht. Das Opfer der Stuart verfehlt seinen Zweck.

Gleich danach dieselbe Menschenme­nge, ebenfalls den Blick nach vorn gerichtet, schwer am Atmen: alle nackt, aber mit Sauerstoff­geräten. Natürlich ein PandemieBi­ld, unwillkürl­ich. Doch man fragt sich auch: Warum braucht diese nackte Männermeng­e jetzt künstlich Luft? Muss die Energie, um als Gesellscha­ft so geordnet nebeneinan­der zu stehen, zwangsläuf­ig von außen kommen? Ist das Spiel der Mächtigen die Atemluft, der Treibstoff von außen, ohne den es eine höhere gesellscha­ftliche Ordnung nicht gäbe?

Noch ist kein Wort gesprochen, aber das Publikum hat schon alles gesehen und darf die folgenden zweieinhal­b Stunden pausenlos solch grundsätzl­iche Fragen an Schillers Drama stellen und sich gleichzeit­ig der Verführung­skunst des fantastisc­hen Burgtheate­r-Ensembles hingeben.

In deren Mitte glänzen als Zentralges­tirne Bibiana Beglau und Birgit Minichmayr, Elisabeth und Maria Stuart, die beiden Gegnerinne­n, wie zwei Sonnen umschwirrt von den Planeten und gleichzeit­ig zum Stillstand gezwungen, Kraftzentr­en und bewegungsl­os, immer darauf angewiesen, dass Männer das ausführen, was sie sich wünschen. Beide werden immer wieder betatscht und begrapscht. So ähnlich sie sich da sind, so unterschie­dlich ihre Charaktere. Die Stuart begehrt, die

Männer zur Liebesrase­rei bringend, die andere, Elisabeth, jede Heirat und Nähe fliehend, um ja die Macht nicht an einen Mann zu verlieren.

Aber in dem Moment, in dem sie in Kusˇejs Inszenieru­ng allein aufeinande­rtreffen, klärt sich ihr Konflikt nicht, sondern eskaliert vollkommen. Die Glühbirne, die da auf der Bühne von links nach rechts pendelt, lässt sofort an den abgeschlag­enen Kopf vom Anfangsbil­d denken. Es kann nur eine Sonne, eine Königin geben, für zwei ist der Staat zu klein.

So gefangen Maria Stuart und Elisabeth in ihren gesellscha­ftlichen Rollen sind, so wenig Möglichkei­t sie zur äußeren Bewegung haben, so sehr stürmt es in ihnen. Beglau und Minichmayr fesseln das Publikum,

 ?? Foto: Matthias Horn, Salzburger Festspiele ?? Maria (Birgit Minichmayr, links) und Elisabeth (Bibiana Beglau) treffen nur einmal in Schillers Drama aufeinande­r – und entzwei‰ en sich dabei völlig.
Foto: Matthias Horn, Salzburger Festspiele Maria (Birgit Minichmayr, links) und Elisabeth (Bibiana Beglau) treffen nur einmal in Schillers Drama aufeinande­r – und entzwei‰ en sich dabei völlig.

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