Mittelschwaebische Nachrichten
Großbaustelle: Wie geht es den Händlern?
Einen langen Atem brauchen Kunden, um durch die Baustelle in der Christoph-von-Schmid-Straße in Thannhausen zu ihren gewohnten Geschäften zu kommen. Das Auto muss weiter weg geparkt werden
Thannhausen Seit Monaten wird in der Christoph-von-Schmid-Straße, der wichtigen Ost-West-Achse in Thannhausen gebaut. Es ist eine lange geplante Baumaßnahme, die verhindert, dass Kunden per Auto zu den dort liegenden Geschäften fahren können. Wir fragten nach, wie es den Geschäftsleuten mit der Baumaßnahme geht.
So berichtet die Verkäuferin von Werner Weiß im Stadtcafé Thannhausen, dass die Geschäfte deutlich schlechter gehen als vor der Baumaßnahme. Das Stadtcafé ist in der Hausnummer 4 der Straße daheim. Wer hier durchfährt in die Innenstadt, hält gerne mal an, um sich frische Backwaren mitzunehmen. Das geht durch die Baustelle nicht mehr. Zu Fuß gehen die Stammkunden der Umgebung in den Laden, aber die Leute aus Krumbach, die hier im Vorbeifahren viel eingekauft hätten, kämen nicht mehr. Ganz besonders spüre man den Kundenrückgang im Café. Der Sonntag sei der Hauptgeschäftstag gewesen, an dem man gut 15 bis 20 Kuchen gebraucht habe. Jetzt seien es ungefähr nur noch sieben, die man für die Cafégäste benötige.
Hans Otto Weiss, der in der Lotto-Annahmestelle seiner Frau Doris aushilft, erzählt, sie hätten sich jetzt entschieden, dem Bürgermeister einen Brief zu schreiben, um die Situation zu schildern. Ihr Geschäft, das seit 27 Jahren familiengeführt ist, befindet sich an der Einmündung zur Stadlerstraße. Sie beklagen monatelange Umsatzverluste, die die Stadt Thannhausen doch helfen solle abzufedern in finanzieller Hinsicht, „schnell und unbürokratisch“, wünscht sich Weiss. Pandemiebedingt hätten sie nicht schließen müssen, die Verluste seien also auf die Baustelle zurückzuführen. „Es ist einfach frustrierend, im Laden zu stehen und keiner kommt“, sagt Weiss. Auch hätte die Stadt doch im Vorfeld der Bauarbeiten eine Informationsveranstaltung für die Geschäfte, die von er Baustelle betroffen werden, abhalten können. Das habe nicht stattgefunden.
Dasselbe beklagt auch Michael Mayr von Brille pur in der Frühmessstraße, die von der Christophvon-Schmid-Straße im Moment nicht angefahren werden kann. Das Geschäft, das seine Frau Helga Mitschke führt, gibt es dort seit gut vier Jahren. „Ich hätte mir erwartet, dass man die betroffenen Geschäfte seitens der Stadt informiert“, sagt er. Es seien zwar Corona-Einschränkungen gewesen, doch sei das ja eine Baustelle, die sich über gut ein Dreivierteljahr hinziehe. Kunden mit Brillenwünschen würden telefonisch zwar einen Termin ausmachen und dann auch kommen. Doch berichtet Mayr, dass nahe des Brillenladens totales Parkchaos herrsche. Leute würden bis zur Einmündung in die Christoph-vonSchmid-Straße vorfahren und dort parken, um Ladengeschäfte zu erreichen. Teilweise parkten sie dann die Ausfahrt der Tiefgarage zu. Das sei ein Aspekt der Auswirkungen der Baustelle, ein anderer, dass die Laufkundschaft, die schon mal vor allem eine Sonnenbrille kaufe, komplett fehle. Er wünscht sich von der Stadt vielleicht eine konzertierte Werbeaktion für die von der Baustelle betroffenen Geschäfte. Ein anderer Vorschlag von ihm: Wenn ein Teil der Christoph-von-SchmidStraße asphaltiert sei, diesen für Verkehr in die Frühmessstraße aufzumachen, damit wenigstens ein bisschen Verkehrsfluss an der Stelle wieder zustande käme.
Ein Fehlen von Parkmöglichkeiten zur Baustellenzeit bemängelt Jana Wiedenmann aus der Hubertus-Apotheke in der Christophvon-Schmid-Straße 6. Die Kunden kämen schwieriger her zum Abholen ihrer Medikamente und nutzten verstärkt den Ausfahrdienst, was aber auch der Corona-Situation geschuldet sein könnte. Ansonsten habe die Baustelle „uns als Apotheke jetzt nicht so sehr getroffen, weil
Leute, die ein Rezept vom Arzt bekommen, sowieso herkommen müssen, um ihre Medikamente zu bekommen“, sagt die pharmazeutisch-technische Assistentin. Was fehle, sei allenfalls der Durchgangsverkehr, also Leute, die schnell mal Aspirin kaufen würden, zum Beispiel.
Heidi Vögele vom Laden „Traumhaus“in der nahe gelegenen Postgasse merkt keine Beeinträchtigungen durch die Großbaustelle. Ihre Stammkunden kämen oft von außerhalb in den Laden. Ab und zu schimpfe einer mal über die Umleitungen, aber das halte sich in Grenzen.
Auch Thomas Leberl, der seine Metzgerei mitten im Umbaugebiet hat, klagt nicht. Man habe ihm die Zufahrt zum Gebäude ermöglicht und Kunden wichen teilweise in seine Filiale im Gewerbegebiet aus, sodass Umsatzrückgänge kaum eine Rolle spielten. Wenn die Straße umgestaltet sei „wird das in Zukunft ‘ne Bereicherung, ‘ne ganz schöne Innenstadt. Wenn man den Plan anschaut, dann wird das perfekt“, freut er sich. „Heulen“über die Baustelle bringe nichts. Lieber solle man nach vorne blicken und sehen, was dann schön sei.
„Trotz aller diverser Einschränkungen in Thannhausen bekomme ich fast ausschließlich positives
Feedback, denn einen Sanierungsstau mag auch niemand“, erklärt Bürgermeister Alois Held zu den vielen Baustellen in Thannhausen. Er berichtet, dass die Baumaßnahmen grundsätzlich wie geplant voranschreiten. Überraschungen und nötige Umplanungen während der Bauausführung seien zwar durchaus aufgetreten, hielten sich allerdings im Rahmen. Die Asphalttragschicht der Fahrbahn ist inzwischen eingebaut - schmaler als vorher, allerdings gleich schmal, wie sie in Kreuzungsnähe bereits gewesen sei. Zwei große Laster sollen problemlos aneinander vorbei kommen, die Parkmöglichkeiten sind künftig dann nicht mehr auf der Fahrbahn wie bisher.
Der Baustellenbetrieb wurde von der Nordseite bereits auf die Südseite der Straße verlegt. Dort wurden in den letzten Tagen diverse Fundamente, etwa für die neuen Bushaltehäuschen hergestellt, die dann auch mit elektronischer Fahrgastinformationsanzeige ausgestattet sein werden, oder auch das Brunnenbauwerk für die Wassertechnik des Christoph-von-Schmid-Denkmals eingebaut. Die Grabungsarbeiten an der Baustelle würden außerdem stets archäologisch begleitet, jedoch besondere Auffälligkeiten seien nicht zum Vorschein gekommen, erklärt der Thannhauser Rathausdie chef. Neu noch mit installiert wird ein Trinkwasserbrunnen am Denkmal zur öffentlichen Nutzung. Zeitgleich renovierte die katholische Kirchenstiftung Teile der Friedhofsmauer mit Fundament sowie das Fundament der Stadtpfarrkirche im Bereich der städtischen Baumaßnahme. Zahlreiche Gas-, Strom-, Wasser-, Abwasser-, Entwässerungsund Breitbandkabel wurden außerdem neu verlegt.
Held erklärte, dass Anwohner grundsätzlich immer zu ihren Anwesen anfahren könnten und Passanten könnten fußläufig alle Geschäfte problemlos erreichen. Der Durchgangsverkehr soll ab dem 16. Dezember wieder fließen und nennenswerte Verzögerungen habe es nicht gegeben, sodass nach derzeitigem Sachstand der Bauzeitenplan eingehalten werden könne.
Einbußen würden vermutlich bei den Geschäftsleuten schon zu verzeichnen sein, beziffert worden sei dies dem Bürgermeister aber allerdings noch nie, antwortet er auf Nachfrage unserer Redaktion. Vielleicht würden Rückgänge im Kundenstrom sich auch auf die covidbedingten Einschränkungen zurückführen lassen, die gleichzeitig mit der Baumaßnahme auftauchten. Er meint, dass die Geschäfte später nachhaltig von den Maßnahmen der Stadtsanierung profitieren würden.
Beschwerden oder Klagen erreichten ihn natürlich schon, so Held, allerdings nur vereinzelt und stets sachlich, betont er. So könnten manche Anwohner schlechter zu ihren Anwesen fahren, bisher genutzte öffentliche Parkplätze stünden aktuell nicht zur Verfügung, außerdem machten Lärm, Staub oder Erschütterungen durch die Baumaßnahmen manchen Anwohnern zu schaffen.
Deutlich überwiege das positive Feedback aus der Bevölkerung, denn der zentrale Platz besonders um die Kirche hätte dringend einer neuen Gestaltung und Sanierung bedurft. „Viele freuen sich bereits jetzt schon über den neu gestalteten Platz und den ansprechend ausgeführten Verkehrsraum mit toller Aufenthaltsqualität“, erzählt das Stadtoberhaupt.
Gewisse Einschränkungen seien während der Bauphase nicht zu vermeiden und könnten Einzelne bedauerlicherweise natürlich auch zeitlich befristet belasten, doch insgesamt sei die Maßnahme notwendig gewesen und bereichere die Stadt Thannhausen langfristig. Um die 900.000 Euro an Fördermitteln erhalte man aus dem Bund-LänderFörderprogramm. Um damit lebendige Zentren zu erhalten, habe man insbesondere neue städtebauliche Akzente schaffen müssen, so Held.