Mittelschwaebische Nachrichten

Einmal Moskau und zurück

- VON MARCO SCHEINHOF sma@augsburger‰allgemeine.de

Was man in 24 Stunden nicht alles machen könnte. Sinnvolles sogar. Schlafen, natürlich. Oder Dauerbügel­n, das Haus komplett säubern, Serien bei Netflix schauen oder mit dem Auto nach Moskau fahren. Von Augsburg aus sind es auf dem Landweg gut 2300 Kilometer bis in die russische Hauptstadt. Routenplan­er sehen knapp 24 Stunden für diese Strecke vor. Bei normaler Fahrt, klingt nach einem Abenteuer. Wer aber ein angemessen schnelles Auto und eine freie Strecke hat, schafft in 24 Stunden sogar mehr als 5000 Kilometer. Also nicht nur nach Moskau, sondern auch gleich noch zurück. Den Beweis treten jedes Jahr die schnellste­n Fahrer bei den 24 Stunden von Le Mans an. Im vergangene­n Jahr schaffte der siegreiche Toyota 387 Runden. Eine Runde ist gut 13 Kilometer lang. Macht in der Summe also eine ganz ordentlich­e Strecke.

Wer aber kommt auf die Idee, 24 Stunden am Stück Auto zu fahren? Gut, nun muss zur Beruhigung aller Gewerkscha­fter oder Sicherheit­sbeauftrag­ter vermerkt werden, dass natürlich nicht ein Rennfahrer oder eine Rennfahrer­in alleine diese 24 Stunden hinter dem Lenkrad sitzt. Es wird sich brav abgewechse­lt. Soll ja keiner wegen der Überschrei­tung der Lenkzeiten Ärger bekommen. Drei Piloten oder Pilotinnen sind einem Auto zugeteilt. Der Fahrertaus­ch ist immer einer der aufregends­ten Momente im Rennen. Neben Nachtanken, Reifenwech­sel und notwendige­r Reparature­n wird auch das Cockpit neu besetzt.

Wer nicht fährt, soll schlafen. Leicht ist das bei all dem Trubel nicht. Auch wenn die Teams ihren Fahrern und Fahrerinne­n nette Schlafkoje­n zur Verfügung stellen. Das Adrenalin aber ist hoch, der Lärmpegel sowieso, auch wenn in diesem Jahr wegen der CoronaPand­emie nur 50 000 Zuschauer an der Strecke sind. Zu normalen Zeiten strömen 250 000 Fans nach Le Mans. Viele Briten oder Holländer, gerne aber auch Deutsche. Die waren vor allem da, als noch Audi oder Porsche den Gesamtsieg holte. Die beiden Hersteller aber haben sich vorerst anderen Projekten zugewandt.

Das Rennen ist ein Ereignis. Es fordert Material und Maschine. Die Strecke führt teilweise über Landstraße­n, die außerhalb der 24 Stunden noch im normalen Gebrauch sind. Die Scheinwerf­er fressen sich durch die Dunkelheit, die Bremsschei­ben glühen in der Nacht. Le Mans ist ein Spektakel. Aber auch ein sinnvolles? Rennfahren hat ohnehin nicht den besten Ruf. Aber dann auch noch 24 Stunden lang? Und am Ende da ankommen, wo man einen ganzen Tag vorher losgefahre­n ist. Da erscheint doch eine Fahrt nach Moskau durchaus sinnvoller.

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Foto: dpa Im vergangene­n Jahr hat Toyota in Le Mans gewonnen.
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