Mittelschwaebische Nachrichten

Für die Tierschutz­partei nach Berlin

Bastian Thomas Röhm ist Direktkand­idat der Partei Mensch Umwelt Tierschutz im Wahlkreis Neu-Ulm. Den Politik-Neuling treibt nicht nur das Tierwohl an

- VON MAXIMILIAN SONNTAG

Landkreis Neu‰Ulm Man kann den 36-jährigen Bastian Thomas Röhm getrost als Politik-Neuling bezeichnen. Der Maschinenb­autechnike­r aus Ulm ist erst seit knapp eineinhalb Jahren Mitglied der Partei Mensch Umwelt Tierschutz, gemeinhin als Tierschutz­partei bekannt. Bei der diesjährig­en Bundestags­wahl darf sich der Novize im Wahlkreis Neu-Ulm mit seinen zum Teil seit Jahrzehnte­n im Politikges­chäft tätigen Mitbewerbe­rn messen.

Es war eine Dokumentat­ion über Massentier­haltung, die ihn und sein Leben nachhaltig verändern sollte. Acht Jahre ist das mittlerwei­le her, heute ist Röhm Politiker. Die Bilder seien so extrem gewesen, dass er sich mit dem Thema Tierschutz auseinande­rsetzen musste. Daraus resultiert­en zwei Entscheidu­ngen, die sich in seinen heutigen politische­n Vorstellun­gen widerspieg­eln. Der 36-Jährige lebt seit seinem cineastisc­hen Schockerle­bnis von 2013 vegan. Und: Ihm reichte das „reine Vorleben“seiner Pro-Tierschutz­Vorstellun­gen nicht mehr aus. Röhm wollte im privaten Umfeld und in der Gesellscha­ft ein Verständni­s dafür schaffen. Also schloss er sich der Tierrechts-Aktivisten­Gruppe „Earthlings“an.

Nun hatte er eine Plattform, um auf die Missstände im Umgang mit Tieren und der damit verbundene­n Folgen für Umwelt und Gesundheit aufmerksam zu machen. In der Ulmer Innenstadt kam er immer wieder mit Passanten ins Gespräch. Röhm hörte meist denselben, für ihn frustriere­nden Satz: „Wenn ich persönlich etwas ändere, schön und gut, aber die Politik muss auch handeln.“Die Dialoge glichen oft einer Sisyphusar­beit. Entmutigen ließ er sich nie. Ganz im Gegenteil: Er legte noch eine Schippe drauf und ging in die Politik. In der Partei Mensch Umwelt Tierschutz sieht Röhm seine Werte am besten vertreten. Allerdings musste er feststelle­n, dass es nicht nur um Tierethik, sondern immer auch um den Faktor Mensch geht. Röhm spricht von schlechten Arbeitsbed­ingungen und davon, dass die Tierindust­rie die Umwelt zerstöre. Dass 90 Prozent des Regenwalde­s kaputtgehe­n, da große Flächen als Weideland für Nutztiere oder den Futteranba­u gebraucht

gehe unter, so der 36-Jährige. Er betont: „Ich habe Angst, dass wir irgendwann mit Elektroaut­os herumfahre­n, das Klima aber trotzdem mies ist und die Leute sich fragen: Was haben wir falsch gemacht?“

Auf Transparen­z legt der 36-jährige Politik-Neuling großen Wert. Er verfolgt eine klare Strategie: „Verbote bringen nichts, es müssen lukrative Alternativ­en her. Den Menschen soll ein Anreiz zum Umstieg angeboten werden.“Subvention­sgelder, die in die Fleischind­ustrie fließen, müssten in die regionale Landwirtsc­haft gesteckt werden, sagt Röhm. So könnten niedrigere Endpreise und damit auch attraktive Angebote erzielt werden. „Man muss nicht den Rest der Welt kaputtmach­en, um Fleisch zu essen.“

Mit Veränderun­gen im Bereich des Tierschutz­es allein ist es aber nicht getan. Röhm kritisiert den Mangel an Alternativ­en zum Individual­verkehr. Er fordert eine Subvention­ierung der Bahn. Es könne nicht sein, dass Flüge oft billiger seien als manche Zugtickets, sagt der Politiker. Auch im Kreis Neu-Ulm gebe es noch Spielraum, um die Umwelt zu entlasten. Der Tierschütz­er spricht von diffusen Abstandsre­gelungen für Windkrafta­nlagen. Diese müssen relativ weit weg von Städten und Dörfern stehen. Das soll – in passendem Maße – geändert werden. Zudem liebäugelt Röhm damit, freie Dachfläche­n mit Fotovoltai­kanlagen zu bestücken. Auch eine Änderung des Lehrplans fände er sinnvoll. Es müsste mehr über Klima und Co. aufgeklärt werden, und das in jedem Alter.

Wie kommt es, dass der aus Ulm stammende Röhm im benachbart­en Bayern aktiv ist und von dort aus den Sprung in den Bundestag schaffen möchte? Für den 36-Jährigen war seit Beginn seiner politische­n Karriere im März 2020 klar, dass er nicht nur passiv mitlaufen möchte, wie er sagt. Also wurde er in der Regionalgr­uppe Ulm aktiv. Heute bilden Miriam Broux und er die Spitze dieses Zusammensc­hlusses. Damit sind sie laut Röhm die erste Regionalgr­uppe der Tierschutz­partei mit einer Doppelspit­ze in Deutschlan­d.

Als es vor einigen Monaten dann steil gen Bundestags­wahl ging, kam Broux dem 36-Jährigen zuvor. Damit war der Wahlkreis Ulm für Röhm weg. Kein Problem, dann sollte es eben Neu-Ulm werden. Ohnehin sind die Schwesters­tädte für ihn eins: „Wenn wir die Regiowürde­n, nalgruppe Ulm sind, dann können wir Neu-Ulm mit hinzunehme­n“, so Röhms Ansatz. Die Idee ging auf. Von den sechs Mitglieder­n im Wahlkreis Neu-Ulm wollte niemand als Direktkand­idat antreten. Der Weg war somit frei. Aber egal, wie das Ergebnis für Röhm letztlich ausgeht, er will weiter für seine Überzeugun­gen kämpfen.

Die Tierschutz­partei stellt bei der Bundestags­wahl am 26. Septem‰ ber erstmals einen Direktkand­idie‰ renden im Wahlkreis Neu‰Ulm: Bastian Thomas Röhm tritt für die seit 1993 bestehende Tierschutz­partei an und steht zugleich auf Platz 11 der Landeslist­e. (AZ)

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Foto: Sabine Fischer Bastian Thomas Röhm ist noch nicht sehr lange im Politikges­chäft aktiv.
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