Mittelschwaebische Nachrichten

Ganz genau

Endlich wissen wir, was hinter dem Komma kommt

- VON MICHAEL STIFTER

Genau genommen wissen wir auch nicht so genau, warum das genau jetzt passiert ist. Aber was spielt das schon für eine Rolle, wenn es um einen lupenreine­n Weltrekord geht? Wissenscha­ftlerinnen und Wissenscha­ftler aus der Schweiz, wo man die Dinge generell genauer nimmt als andernorts, haben ihn aufgestell­t – indem sie noch mal nachgerech­net haben. Und zwar die sagenumwob­ene Kreiszahl Pi. Jetzt werden Sie vielleicht sagen: 3,14 – weiß doch jeder aus der Schule. Aber so werden Sie nie ein gewissenha­fter Schweizer. An der Fachhochsc­hule Graubünden wurde Pi nun auf sagenhafte 62,8 Billionen Nachkommas­tellen genau ermittelt – und das innerhalb von läppischen 108 Tagen und neun Stunden. Genau darauf hatte die Welt gewartet und ab sofort gelten neue Maßstäbe: Wenn der Metzger heute fragt, ob es ein bisschen mehr von der Gelbwurst sein darf, sollte er damit rechnen, dass wir großzügig antworten: Na klar, auf die dritte Stelle hinter dem Komma kommt es uns nicht an. Wenn Kanzlerkan­didaten mal wieder den kleinen Mann in der Mitte der Gesellscha­ft umwerben, müssen sie sich die Frage gefallen lassen, wie sie mit der mickrigen Stimme von diesem einen kleinen Mann in der Mitte eine Wahl gewinnen wollen, wo es doch links und rechts davon so viele Wählerinne­n und Wähler gäbe. Wenn der Handwerker zusagt, er werde für seine Arbeit Pi mal Daumen eine Woche brauchen, wird er beantworte­n müssen, welches Pi er genau meint – und welchen Daumen. Und wenn Sie jetzt sagen, das sei doch alles erbsenzähl­erhafte, Korinthen ausscheide­nde Haarspalte­rei, dann sagen wir: genau!

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