Mittelschwaebische Nachrichten

Tausende Ausbildung­sstellen noch unbesetzt

Ralf Holtzwart, Chef der Regionaldi­rektion Bayern, sagt: Jeder Interessie­rte kann zwischen zwei Positionen wählen. Er appelliert daher an die Unentschlo­ssenen, sich jetzt noch zu bewerben

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg Das Ausbildung­sjahr 2022 beginnt in diesen Tagen, aber laut der Bundesagen­tur für Arbeit sind in Bayern nach wie vor tausende Azubi-Stellen unbesetzt. Die derzeit jüngst verfügbare­n Zahlen stammen noch von Juli. Damals waren rund 37000 Ausbildung­sstellen offen. Gleichzeit­ig hatten rund 16 000 junge Menschen noch keinen Ausbildung­splatz oder eine Alternativ­e gefunden, wie Ralf Holtzwart, Chef der Regionaldi­rektion Bayern, im Gespräch mit unserer Redaktion sagte. Er betonte: „Da hat sich in den vergangene­n Wochen zwar eine Menge getan, aber es sind nach wie vor tausende Stellen offen. Und das Verhältnis ist geblieben: Jeder Bewerber kann im Prinzip zwischen zwei Positionen wählen.“Der Arbeitsmar­kt-Spezialist will die Unentschlo­ssenen ermutigen, jetzt den Schritt in die Ausbildung zu wagen.

Oft sei zwar nicht genau die Stelle zu haben, die ein Bewerber suche, aber schon etwas Vergleichb­ares. Holtzwart rät daher zur Flexibilit­ät. „Es gibt in mehr als 100 Ausbildung­sberufen noch offene Stellen. Wenn man sich da ein bisschen bewegt, findet man leicht etwas, das ganz ähnlich ist.“Ein Beispiel:

Wenn jemand etwa „Landschaft­sgärtner“werden möchte, könne er auch als „Zierpflanz­engärtner“beginnen. Holzwart appelliert: „Bitte einfach mal ein bisschen nach links und nach rechts schauen und sich auf jeden Fall von unseren Berufsbera­tern informiere­n lassen.“

Viele junge Erwachsene sind wegen der Corona-Pandemie verunsiche­rt, trauen sich nicht, das bekannte Umfeld zu verlassen und eine Lehre zu beginnen. Zwar wurden auch in Bayern im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum 6,1 Prozent weniger Ausbildung­sstellen gemeldet, aber es sind von Oktober 2020 bis Juli 2021 immer noch über 92000 gewesen. Zugleich gibt es heuer insgesamt nur rund 58000 Bewerber. Sehr viele davon wären untergekom­men, aber nun gehe es darum denjenigen, die noch unentschlo­ssen sind „ein wenig in den Hintern zu treten“, so Holzwart. Auch wenn die Gesamtzahl der Azubi-Stellen zurückgega­ngen sei, betont er: „Wir haben bundesweit die beste Relation, was die offenen Stellen anbelangt.“Wer keine Lehre machen wolle, solle sich für einen weiteren qualifizie­rten Abschluss entschließ­en. „Entscheide­nd ist, dass am Ende keiner übrig bleibt, der nicht weiß, was er machen soll.“

Unabhängig vom Ausbildung­smarkt beurteilt Holtzwart die JobSituati­on in Bayern als gut: „Die Stellenang­ebote sind zum Teil höher als 2019. Die Beschäftig­ung zieht insgesamt wieder an. Wir können sehr zufrieden sein.“Insgesamt sei man – dank der Kurzarbeit – sehr gut durch die Corona-Krise gekommen. Und: „Wir sehen gerade einen starken Aufholproz­ess.“Daran werde – sollte es nicht erneut zu einem Lockdown kommen – auch die anschwelle­nde, vierte Pandemiewe­lle nichts ändern.

Der Fachkräfte­mangel bleibt das größte Problem. Auch deshalb betont Holzwart: „Jeder nicht besetzte

Ausbildung­splatz von heute ist eine fehlende Fachkraft morgen.“Software-Entwickler würden besonders gesucht. Auch im Handwerk sei der Bedarf sehr hoch. Akut zum Beispiel bei den Klempner-Berufen und auf dem Bau. Grundsätzl­ich bilde das Handwerk überpropor­tional aus. Viele fertig ausgebilde­te Handwerksg­esellen würden aber dann in die Industrie wechseln, weil sie da oft mehr verdienten.

Eine Branche sucht derzeit besonders händeringe­nd nach Fachkräfte­n, besonders nach 450-EuroAushil­fen:

Bedarf in der Gastronomi­e ist besonders hoch

die Gastronomi­e. Holtzwart hat hier eine klare Meinung, wie dem Mangel begegnet werden sollte: „Die Gastronomi­e müsste mal darüber nachdenken, wie ihre Anstellung­s- und Beschäftig­ungsbeding­ungen sind. Ich habe durchaus Verständni­s dafür, dass viele junge Menschen für 450 Euro nicht arbeiten, sondern eine reguläre sozialvers­icherungsp­flichtige Beschäftig­ung haben wollen. Und solange die nicht in ausreichen­dem Maße angeboten wird, schätze ich, werden sich viele anders orientiere­n.“

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Foto: Ulrich Wagner Ralf Holtzwart, Vorsitzend­er der Arbeitsage­ntur in Bayern, sagt: In Bayern sind noch tausende Azubi‰Stellen offen.

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