Mittelschwaebische Nachrichten
Der gereifte Zverev
Der 24-jährige Olympiasieger gewinnt auch das Turnier in Cincinnati und holt sich damit Selbstvertrauen für die US Open
Cincinnati Dieser Alexander Zverev ist reif – nicht nur für seinen lange erhofften Grand-Slam-Titel. Mit dem beeindruckenden Turniersieg verschaffte sich der Olympiasieger in Cincinnati weiteres Selbstvertrauen für die US Open und den Respekt der Konkurrenz. Die Goldmedaille in Tokio hat den 24-Jährigen zudem ganz offenbar in seiner persönlichen Entwicklung vorangebracht und lässt ihn auch deswegen bereit für weitere große Taten erscheinen. Am besten schon ab dem nächsten Montag in New York, wenn auf der Anlage in Flushing Meadows das abschließende GrandSlam-Turnier dieser Saison beginnt.
Wie souverän Zverev im Endspiel am Sonntag in nur 59 Minuten seinen russischen Freund Andrej Rubljow mit 6:2, 6:3 abfertigte, beeindruckte mächtig – erst recht nach der famosen Aufholjagd tags zuvor im Halbfinale gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas. Wie Zverev sich danach präsentierte, erstaunte ebenso: bescheiden im Triumph, mit Einfühlungsvermögen für den unterlegenen Gegner, unterhaltsam für die Zuschauer, die auch ihm so lange gefehlt haben. Als größten TitelAnwärter für New York sieht sich Zverev trotz zweier Trophäen und elf Siege am Stück keineswegs. „Ich glaube, dass Novak zurück sein wird. Ich denke, dass er immer noch der Favorit ist“, erklärte der neue Weltranglisten-Vierte mit Blick auf die Nummer eins Novak Djokovic.
Der von Zverev im OlympiaHalbfinale bezwungene Serbe hat seit der schmerzlichen Niederlage nicht mehr gespielt und will ausgeruht nun auch das vierte und letzte Grand-Slam-Turnier dieses Jahres gewinnen – alle vier in einer Saison gewann zuletzt der Australier Rod Laver vor 52 Jahren.
Zverev fehlten im vergangenen Jahr im Endspiel gegen den seit Monaten am Handgelenk verletzten Österreicher Dominic Thiem nur lächerliche zwei Punkte zum ersten Triumph bei einer der vier wichtigsten Veranstaltungen.
Nun wirkt Zverev so, als könne er auch den letzten Schritt gehen, der noch Anfang Juli beim Achtelfinal-Aus in Wimbledon viel zu groß für ihn wirkte. Das Olympia-Gold von Tokio scheint viel bewirkt zu haben. Dieser Erfolg hat den sensiblen Sportler Zverev offenbar von einer Last befreit und ihm zudem die lange vermisste Anerkennung der deutschen Sport-Fans eingebracht. Sein Umfeld ist geordnet, Zverev ist mit sich im Reinen, das hat er in diesen Monaten mehrfach betont. Mit der getöpferten Trophäe im Arm schaute er bei der Siegesrede zu seinem überglücklichen Vater. „Heul’ nicht so, Herrgott noch mal“, rief er seinem Papa und Trainer scherzhaft zu, als dieser die Freudentränen über den insgesamt fünften Masters-Titel nicht zurückhalten konnte.
Eine Blumenvase aus Cincinnati für Alexander Zverev.